Und weiter geht's
Ich wußte überhaupt nicht, dass dieses Juwel auch für PC erschienen ist. Entsprechend groß war die Überraschung, als mich Florence plötzlich bei Steam anlächelte. Gerade deshalb kannte ich leider im Vorfeld schon die Geschichte und so ziemlich alle Szenen. Trotzdem hab ich die 2,50 Euro investiert, was auch kein Fehler war.
Die titelgebende Florence ist Anfang 20 und weiß nicht so recht, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Die Arbeit im Büro ist langweilig und monoton und regelmäßig streitet sie sich mit ihrer Mutter am Telefon, die ihr Vorwürfe macht. Alles ändert sich aber, als sie dem Musiker Krish begegnet und von seinem Cello völlig verzaubert wird. Beide treffen sich kurz darauf erneut (er überfährt sie bzw. sie rennt ihm vors Fahrrad), sie bleiben in Kontakt, erste Dates, gegenseitige Anziehung, eine Beziehung. Florence motiviert Krish dazu, seinen Traum zu verfolgen und sich an einer Musikakademie einzuschreiben, bald darauf ziehen sie zusammen. Das Glück ist allerdings nicht von Dauer. Ein Jahr später haben sich die Routine und der Alltag eingeschlichen, vom anfänglichen Knistern ist nichts mehr übrig und beide streiten regelmäßig. Die Beziehung kann nicht mehr gerettet werden und es kommt zur Trennung. Nach dem darauffolgenden Tief findet Florence zufällig den Malkasten, den ihr Krish zum Dank für ihre Motivation geschenkt hat und fasst den Mut, nun ihren eigenen Traum zu verfolgen, den sie schon lange vorher aufgegeben hatte. Sie beginnt zu malen, eröffnet einen Onlineshop, feiert erste Erfolge und kann am Ende schließlich ihren alten Job kündigen und von ihrer Kunst leben.
Der Schluss der Geschichte, den ich jetzt eiskalt gespoilert habe, kommt überraschend und wurde gleichermaßen gelobt wie kritisiert. Die einen finden die Botschaft, dass man auch als Single glücklich und erfolgreich sein kann und keine Beziehung braucht, gleichermaßen ermutigend wie wichtig, die anderen kreiden gerade diesen Punkt dem Spiel an. Liebe wird als unnötig herabgesetzt, als etwas, auf das man verzichten kann. Selber bin ich ich in der Hinsicht ein recht zynischer Mensch und muss das Thema nicht ständig unter die Nase gerieben bekommen haben. Hier hätte ich aber durchaus ganz gern gesehen, dass es für Florence und Krish ein glückliches Ende gibt. Beide mochte ich sehr gern und wenn sie auch nicht zusammenkommen, hätte doch jeder für sich glücklich werden können. Da hätte auch eine kurze Szene gereicht, in der sich die beiden zufällig wieder über den Weg laufen, in der Krish zur Ausstellung kommt und Florence gratuliert oder einfach nur ein Plakat, auf dem sein erstes Konzert angekündigt wird. Leider verschwindet er nach der Trennung aber komplett. Sehr schade.
Das Spiel bemüht sich durchaus, niemandem von beiden die Schuld zu geben. Man sieht nie, worüber sie sich streiten oder wer damit anfängt, aber ich konnte nicht umhin, eine gewisse Girl-Power Botschaft hineinzuinterpretieren. Nach dem einen Jahr Beziehung ist Krish völlig in seine Musik vertieft und hat auch permanent einen wütenden und genervten Gesichtsausdruck. Florence zwar auch, aber da sie erst nach der Trennung ihrer Leidenschaft nachgeht, kommt man leicht auf den Gedanken, dass Krish die Beziehung wegen seines Studiums vernachlässigt hat. Und auch da Florence später mit ihrer neuen Arbeit glücklich wird schwingt da eine gewisse "Mädels, ihr braucht keine Männer. Ihr schafft es auch alleine"-Nachricht mit. Es kann aber durchaus sein, dass das nur meine Wahrnehmung ist und in einem gewissen Bedauern liegt, dass Krish am Ende komplett verschwindet (ja, den mochte ich zugegeben sogar noch einen Ticken lieber als Florence, der Mann ist fesch), deshalb will ich dem Spiel da gar nichts entsprechendes unterstellen. Der Gedanke ist mir auch erst hinterher gekommen. Aber nichtsdestotrotz finde ich den Abschluss etwas zu perfekt. Florence hat auf Anhieb Erfolg und ihre Werke finden Absatz, da wäre es besser gewesen, noch ein, zwei Szenen mit gewissen Rückschlägen einzufügen, damit es glaubhafter ist.
Das Gameplay ist sehr simpel und beschränkt sich auf einfache Aktionen. Eine Sprechblase zusammenfügen, das Sushi beim Abendessen anklicken oder mit einem Polaroid wedeln, um es zu entwickeln. Es sind eher kleine Spielereien. Hin und wieder wird hat man verschiedene Optionen, aber der scheinbare Einfluß ist nur Illusion. Ob die Bilder auf Facebook während der Fahrt in der Metro ein Like bekommen oder nicht, ob Florence im Telefongespräch mit ihrer Mutter genervt oder einlenkend reagiert und ob man beim Einzug von Krish seine Stiefel ins Schuhregal stellt oder zurück in die Kiste macht keinen Unterschied. Das alles ist aber auch völlig in Ordnung so. Auf die Weise wird verhindert, dass man einfach nur einen Film ansieht, gleichzeitig kann man sich aber komplett auf die Handlung konzentrieren und muss sich keine Gedanken machen, welche Auswirkungen eine Entscheidung hätte. Für die Art von Präsentation passen diese kleinen Momente, in denen man aktiv wird, ohne zu aktiv sein zu müssen, perfekt.
Dialog gibt es im Spiel übrigens nicht, die Geschichte wird lediglich über einzelne Bilder und Musik erzählt. Die Musik ist sehr schön, meistens ruhig und wird von Klavier und Cello beherrscht. Ein sehr gelungener Soundtrack, den man auch gut nebenher erzählen kann. Die Bilder sind vergleichsweise einfach gezeichnet und simpel koloriert, passen aber grade deswegen sehr gut zur eigentlich auch recht einfachen Handlung.
Im Ganzen ein wunderbares, kleines Werk für etwa 30 Minuten. Komplett zu empfehlen, auch für den Vollpreis von fünf Euro. Und das von jemandem, der es vorher praktisch schon kannte.
Fürs erste verabschiede ich mich damit aus dem Thema. Hab nichts mehr offen und bis ich den nächsten Titel durch habe wird's noch etwas dauern.
Hab übrigens jetzt erst gemerkt, dass man ein eingefügtes Bild beliebig verkleinern kann. Wie oft ich schon auf ein schönes Titelbild verzichten musste, weil's zu groß war......