Autor Peter Mayle liebte Frankreich, vor allem die Region der Provence und hat nach seinem Umzug mit seiner Frau Ende der 80er verschiedene Bücher dazu geschrieben. Zum einen dort angesiedelte Romane (der bekannteste dürfte "Ein gutes Jahr/Ein guter Jahrgang" sein, der mit Russell Crowe verfilmt wurde), zum anderen aber auch etliche Bücher, in denen er seine Erfahrungen mit Land und Leuten und der ganz eigenen Lebensart der Provence teilt. In letztere Kategorie fällt auch "Toujours Provence", welches sozusagen die Fortsetzung seines Erstlings "Mein Jahr in der Provence" ist....und leider auch deutlich schlechter.
Der Titel seines ersten Buches verrät es schon. In "Mein Jahr in der Provence" erzählt Peter Mayle von seinen Erlebnissen und Kulturschocks in den ersten zwölf Monaten in Frankreich. Das Buch beginnt im Janur, zieht sich über den Frühling, Sommer sowie den Herbst und endet im Dezember. Das Genre des Erlebnisromans schließt natürlich eine durchgehende Handlung aus, allerdings gibt es durch diesen Aufbau durchaus einen roten Faden, der sich durch das ganze Werk zieht. Auch das ein oder andere Thema kann dadurch mehrfach aufgegriffen werden, am deutlichsten wird das etwa durch die sich ewig hinziehenden Renovierungs- und Umbauarbeiten am neu erworbenen Haus. Auch verschiedene Personen, deren Bekanntschaft Mayle macht, tauchen regelmässig auf.
Band 2 dagegen fehlt diese Ordnung. Es ist eine Sammlung von verschiedenen Geschichten und Erlebnissen, die völlig unabhängig voneinander stattfinden und keinerlei Bezug zueinander haben. Willkürlich ausgewählt trifft es wohl noch am besten. In einer Episode zu Beginn erzählt er von den Feierlichkeiten zu seinem 50. Geburtstag im Sommer, das nächste Kapitel findet plötzlich mitten im März statt. Kurz darauf geht es ins Jahr 1990, etwas später steht dagegen eine Dürre im Frühling/Sommer 1989 im Mittelpunkt. Das ist nur eine Kleinigkeit und sollte aufgrund des episodenhaften Charakters des Buchs nicht stören, so ganz rund will es dadurch aber auch nicht wirken.
Deutlicher wird das allerdings durch den Inhalt seiner Erzählungen, die vollkommen und ausnahmslos für sich alleine stehen. Am stärksten sichtbar wird das etwa im dritten Kapitel, das davon handelt, wie das Paar einen Straßenhund adoptiert, der natürlich der wildeste und unverschämteste Hund aller neun Welten, gleichzeitig aber total lieb ist...und der im Anschluß den Verschwindibus macht nur noch ein einziges Mal kurz erwähnt wird. Auch andere Geschichten werden, sobald sie zu Ende erzählt wurden, nie wieder angesprochen, wodurch ihnen zwangsweise eine gewisse Belanglosikeit anhaftet. Nett für den Moment, aber nicht wert, noch einmal angesprochen zu werden. Im Gegensatz zum ersten Band, der durchgehend ein komplettes Jahr in der Provence erzählt, wird hier also wild hin und her gesprungen. Das ganze Werk wird dadurch zu einer Sammlung von Kurzgeschichten, was mir persönlich eher wenig gefallen hat. Man kann ohne Probleme Episoden untereinander vertauschen, könnte vier weitere an einer beliebigen Stelle hinzufügen oder zwei komplett rausnehmen, ohne dass sich etwas am Buch ändern wurde. Letzteren Eindruck hat man übrigens zu Beginn, da es hier keine Einleitung oder Begrüßung gibt, sondern direkt mit einem Besuch eines Freundes losgeht, der sich spontan eine Erkrankung einfängt, wodurch über das französische Gesundheitssystem sinniert werden kann. Auch das letzte Kapitel ist ein eher halbherziger Abschluß.
Der Inhalt der Erzählungen geht zum Teil weit auseinander. Natürlich lässt sich das beim gewählten Stil nicht vermeiden, allerdings sind viele Kapitel vergleichsweise unspektakulär. Etliche Geschichten drehen sich ums Essen und die französische Küche, in anderen Folgen stehen diverse Personen im Mittelpunkt, die der Autor getroffen hat oder Aspekte des Lebens in der Provence. Man merkt einfach, dass Mayle inzwischen im Land angekommen ist, sich eingelebt hat und mit den Macken der Bevölkerung vertraut ist, was durchaus schade ist, denn gerade seine Erfahrungen im neuen Land, die Eigenheiten der Menschen und einfach dem Leben an sich, das in der Provence einen anderen Gang geht, machte den Charme des ersten Buches aus. Dort war er der Protagonist, hier tritt er eher als Beobachter auf. Es macht halt doch einen Unterschied, ob er eine Anektode aus seinem Leben erzählt oder aus dem Leben in der Provence an sich. Ein Besuch auf einem Großmarkt in aller Hergottsfrüh und dem wilden Treiben dort ist nicht uninteressant, aber auch nicht besonders spektakulär. Sehr viel charmanter und persönlicher ist es dagegen, wenn er davon erzählt, ein befreundetes Paar zum Abendessen eingeladen zu haben, das aber partout nicht mehr gehen wollte und jedlichen Wink mit dem Zaunpfahl übersah, bevor es sich endlich kurz vor Mitternacht auf den Heimweg machte, weil dieses lange Beisammensein in dieser Gegend eben völlig normal ist, für einen Großstädler jedoch fremd.
So etwas fehlt hier im zweiten Band praktisch komplett und nicht wenige Erzählungen sind ehrlich gesagt auch völlig langweilig. Ein Drink an einer Bar wird zum Anlass genommen, über die Geschichte des Pastis zu schreiben, die nicht unbedingt die interessanteste ist. Kurz darauf trifft Mayle einen früheren Polizisten und schreibt dessen halbe Lebensgeschichte nieder. Aber was kümmert es mich, dass der seine Arbeit verloren hat, weil er mit einer Verdächtigen ins Bett gestiegen ist?
Im Ganzen wirkt das Buch sehr häufig erzwungen. Band 1 war charmant, leicht und locker verfasst und liest sich völlig zwanglos. Es wirkt (und ist praktisch auch nichts anderes) wie ein Tagebuch oder ein Blog, das später als sehr erfolgreiches Buch veröffentlich wurde, weshalb der Autor plötzlich im Zugzwang war, einen Nachfolger zu liefern. Eher unspektakuläre Geschichten, die ansonsten nur eine Erwähnung wert sind, müssen auf ein komplettes Kapitel gestreckt werden, teilweise auch aufgebauscht, vor allem die Hundeschau wirkt ziemlich übertrieben. Gut funktioniert das etwa beim erwähnten Straßenhund oder dem Treffen mit einem passionierten Trüffeljäger, wenn sich dann aber sozialkritische Momente einschleichen, etwas das Anprangern des immer weiter vorandringenden Tourismus, ist das eher ermüdend. Auch das letzte Kapitel, in dem der Autor versucht, noch einmal Revue über seine Zeit in Frankreich passieren zu lassen, dann aber plötzlich, ohne jeden Grund und von Jetzt auf Gleich auf die Eigenheiten und Sinnlosigkeiten der französischen Sprache überleitet, bestärkt noch einmal den Eindruck, mit irgendwelchen Nichtigkeiten irgendwie die Seiten füllen zu müssen.
Ein weiterer Punkt, den ich negativ wahrgenommen habe, ist eine gewisse, unterschwellige Überheblichkeit des Autors. Touristen sind nach über einem Jahr in der Provence natürlich nur noch genau das. Eindringlinge, die den Rhythmus durcheinanderbringen, in ihrer Hektik und der Eile gefangen sind und keinerlei Sinn und Gesprür für die schönen Dinge des Lebens haben. Gleichzeitig werden aber auch die Franzosen nur selten in ein gutes Licht gerückt. Praktisch durchgehend wird für Beschreibungen auf negative Aspekte zurückgegriffen, wenn Personen vorgestellt werden. Zwar nicht anprangernd und abfällig, aber permanent. Da wird eine Person als "klein, mit dünnem Haar und einem Bauchumfang, welcher der beste Beweis für die reiche Küche der Provence ist" beschrieben, die nächste ist wieder "lang und hager, mit blasser Haut und so dürr, dass niemand glauben würde, dass er aus einer Gegend kommt, die selbst in Frankreich für ihre Delikatessen berühmt ist". Diese Spitzen gegen Touristen und Einheimische ziehen sich durchs komplette Buch, sie stehen nie im Vordergrund, tauchen aber immer wieder auf und rücken den Autor dadurch immer in ein eher arrogantes Licht, der sowohl die einen als auch die anderen unter sich sieht.
Der Eindruck von Überheblichkeit, den man in der Beschreibung der Personen letztlich noch akzeptieren und über den man noch hinweglesen kann, spiegelt sich leider noch in einem anderen Aspekt wider, hier dafür aber noch deutlicher: dem ständigen Verwenden von französischen Wendungen, Wörtern und ganzen Sätzen.
Man muss kein Französisch gelernt haben, um Kleinigkeiten wie "Ah, oui?", "Mais non" oder "Ah, M'sieur, ca va?" zu verstehen. Teilweise wird damit natürlich noch der französische Charakter der Franzosen an sich unterstrichen. Aber nicht selten stehen ganze Sätze in der Sprache im Buch, ohne übersetzt zu werden. Der Lesefluss steht spielt hier nur eine zweitrangige Rolle. Es ist schon klar, dass viele französische Gerichte keine Übersetzung haben, weil sie typisch für die Region sind. Aber was bringt es mir, wenn der Autor ein ganzes Kapitel lang von kulinarischen Genüsse schwärmt, ich aber keine Ahnung habe, was er überhaupt isst? Oft gibt keinerlei Grund, französische Vokabel zu verwenden. Warum gibt es zum Nachtisch tarte aux pommes und keinen Apfelkuchen? Wieso geht der Autor zu einer degustación statt einer Weinverkostung, während seine Frau lieber am piscine statt am Pool bleibt? Und weshalb bietet die Kellnerin glace an und kein Eis? Natürlich sollen einige dieser Wendungen das Französische verstärken und grade die degustación ist ja praktisch ein eigenes Ritual, aber dann muss der Autor plötzlich seinen contrat prüfen, denn alles ist légalment controlé und das feu d'artifice ist ein wahres merveille, der Hund liegt vor l'épicerie und die Hühner laufen en colére vor der Kutsche davon. Es ist eine Sache, wenn man den Franzosen Französisch in den Mund legt, aber der Autor ist nun mal Brite, und wenn er auf ausnahmslos jeder Seite im Buch mindestens ein französisches Wort gebraucht, wirkt das eher früher als später unfassbar hochnässig, als müsste er mit seinen Sprachkenntnissen prahlen und als sei jeder, der nichts versteht, imbécile. Zwar gibt es am Ende des Buchs ein Glossar, allerdings verstärkt das diesen Eindruck eher und selbst wenn man im Papierformat noch schnell nach hinten blättern kann, auf dem Kindle geht das nicht so leicht.
Im Ganzen fand ich das Buch sehr ernüchternd. "Mein Jahr in der Provence" ist sehr gelungen, macht Spass und ist aufgrund seiner erfrischenden Art selbst Lesern zu empfehlen, die keine Vorliebe für Frankreich haben. Das vorliegende "Toujours Provence" schwankt aber permanent zwischen gelungen und langweilig, leider mit häufiger Tendenz zum Negativen. Es wirkt einfach häufig erzwungen und wie eine Fortsetzung um des Erfolgs willen. Man kann es lesen, wenn man den ersten Band kennt, muss sich jedoch darüber klar sein, dass die Qualität des Vorgängers nicht erreicht wird und sollte trotz des losen Verlaufs und dem Fehlen einer Handlung keinesfalls hiermit anfangen.