Besorgt war ich anfangs hinsichtlich der Notwendigkeit, das Spiel mehrfach durchzuspielen, um alles zu sehen. Der Vorgänger brauchte ja vier oder fünf Durchgänge und obwohl man nach der ersten Runde ab der Hälfte einsteigen kann, hatte ich nicht mal einen zweiten Lauf beendet.
Automata ist da sehr viel freundlicher. Ganz simpel gesagt beginnt man mit Route A und erhält entsprechend Ende A. Dadurch wird Route B freigeschalten, die Ende B gewährt. Dieses erlaubt Zugang zu Route C, an deren Ende man seinen Charakter fürs Finale wählt und somit Ende C oder D bekommt. Sieht man anschließend das zweite, noch fehlende Ende, kann das direkt zu Ende E = Abschluß übergehen.
Vereinfacht wird das alles dadurch, dass nach Route C eine Kapitelanwahl zugänglich wird, durch die man an jeden beliebigen Punkt der Handlung springen kann. Somit lassen sich nicht nur versäumte Nebenaufgaben abschließen, angenehmerweise kann man direkt nach dem Ende zum Finale von Route C zurückkehren, dort den anderen Charakter wählen und sofort das zweite Ende sehen. Ewige Wiederholungen wie im Vorgänger sind dadurch kein Thema.
Zumindest fast, da sich Route A und B sehr ähneln und größtenteils identisch sind. Man sieht die gleichen Ereignisse aus den Blickwinkeln von jeweils 2B und 9S, da die beiden aber die meiste Zeit eh zusammen unterwegs sind, wird viele recycelt. Klingt aber schlimmer, als es ist. Der Anfang sowie das Finale unterscheiden sich, Route B wird durch einige Zwischensequenzen erweitert, die nur mit dem Wissen aus Route A Sinn ergeben und es gibt einige neue Aufgaben. Verschiedene Schätze lassen sich auch jetzt erst durch 9S Hackerfähigkeit sammeln. Praktischerweise werden aber Level, Ausrüstung und Items aus Route A direkt übernommen, wodurch man praktisch den Hochgeschwindigkeits-Gregory machen und mit Lichthupe durch Route B flitzen kann. Auch hier geht man sehr spielerfreundlich vor.
Route C ist übrigens komplett neu und stellt damit den zweiten Teil der Handlung dar. Zusammengefasst spielt man für die komplette Geschichte also die erste Hälfte zweimal, die zweite einmal und hat so alles gesehen.
Davon abgesehen gibt es noch die Enden F bis Z, die aber (abgesehen von einer damit verbundenen Trophäe) völlig unnötig sind. Es sind nur kurze Was wäre, wenn...Szenarien, die aber ziemlich lieblos hingeklatscht sind. Als Beispiel muss 9S zu Beginn von Route B 2B zu Hilfe eilen. Dreht man sich aber um und geht einige Schritte in die entgegengesetze Richtung, blendet das Bild aus und es heißt "9S hatte sich entschlossen, den Kämpfen den Rücken zu kehren. Yorha erlitt daraufhin eine verherrende Niederlage, die letztlich zu ihrem Untergang führte". Mehr als einen kurzen Zweizeiler gibt es nicht, auch erfährt man keine neuen Informationen, weshalb diese 21 Alternativen nur für die Komplettisten nötig sind. Lassen sich dank der Kapitelanwahl aber auch sehr schnell zusammentragen.
Einen wirklichen Dämpfer im Spiel gibt es leider, und der schlägt auch mit voller Kraft zu. Die vorhandene Welt ist klein, und zwar richtig und verdammt klein.
Es gibt nur ein gutes halbes Dutzend Gegenden zu erforschen, und keine davon ist perfekt. Der Vergnügungspark und die überschwemmte Stadt (die eigentlich nur eine zerstörte Straße an der Küste ist) sind cool, aber winzig. Die Wüste ist groß, besteht aber gut zur Hälfte aus nichts als Sand und hat dort nichts zu bieten. Außerdem rutschen die Charaktere ständig die Dünen hinunter und zum Teil meterweit an einem Item vorbei. Sehr lästig. Die Fabrik ist gut, besteht aber nur aus engen Gängen und Laufstegen. Der Wald und das zugehörige Schloss sind in Ordnung. Die zerstörte Stadt dient in erster Linie als Knotenpunkt, um zu den verschiedenen Gebieten zu gelangen. Im ersten Durchgang ist das alles noch kein Problem, im zweiten kann man's auch noch verschmerzen, ist ja die gleiche Handlung, aber in Route C ist man einfach müde, ständig das gleiche zu sehen, da helfen auch die neuen Borgwürfel nichts.
Das Hauptproblem ist dabei zum einen, das die Gebiete an sich wenig zu bieten haben. Es gibt abgesehen von verriegelten Kisten, die nur 9S öffnen kann, nichts zu entdecken. Keine Geheimnisse, keine Mysterien, nichts optionales. Hat man sich einmal komplett umgeschaut, dann war's das. Mögliche neue Nebenaufgaben werden direkt auf der Karte markiert.
Die sind auch der zweite Punkt. Man wird permanent und ständig, vor allem natürlich in den freiwilligen Missionen, gern aber auch im Hauptspiel, von Pontius zu Pilatus geschickt und rennt ständig im Fünfeck über die Karte. Man besucht pro Durchgang die Gebiete nicht nur einmal, sondern wird über die Nebenaufgaben die ganze Zeit wieder dorthingeschickt und wenn man nach dem zwölften Mal wieder irgendwas aus der Fabrik besorgen muss, dann wird es einfach nervig.
Die Jobs selbst entschädigen auch nicht für den Aufwand, da sie praktisch nur aus "Beschaff mir jenes Item von dort" oder "Zerleg diese Roboter da drüben" bestehen. Grade eine Aufgabe für 9S in Route C ist mir da besonders in Erinnerung geblieben und funktioniert perfekt, um das Problem zu zeigen: Im Widerstandslager bittet ihn ein NPC, nach seinen Kameraden zu sehen, weil er sich vor einem Einsatz gedrückt hat und sich jetzt schlecht fühlt. 9S wird zur überschwemmten Stadt geschickt, findet dort nur einen toten Körper und sagt "Ich bin zu spät. Vielleicht kann ich die anderen noch retten." Daraufhin geht es zur Fabrik und zum Vergnügungspark, aber jedes Mal folgt beim Finden der Leiche nur ein Einzeiler. Schließlich geht es in die Wüste, wo 9S zwei Minibosse bekämpft, nur um wieder einen Toten zu finden, das Ganze erneut mit einem einzelnen Satz zu kommentieren und zurück ins Lager geschickt zu werden. Dort bedankt sich der Auftraggeber für die Mühen, Job erledigt, Belohnung, Ende. Immerhin folgt in dem Fall noch eine schöne Szene 2B betreffend, aber das Beispiel zeigt einfach, wie belanglos die Nebenaufgaben umgesetzt sind. Es muss nicht immer ein Witcher sein, wo tatsächlich jeder noch so winzige NPC seine eigene Geschichte zu erzählen hat, aber es frustet auf Dauer ungemein, wenn ich zum zehnten Mal zehn Minuten lang durch die Welt laufe und lediglich ein "Das ist das Item, bringen wir es zurück" und dafür ein "Danke und Tschüss" bekomme.
Zugegeben lag es zu einem nicht gerade kleinen Teil auch an mir, da ich generell die Schnellreisefunktion ablehne und einer bin, der seinen Bayek von Siwa eine Viertelstunde im Autopiloten durch die Wüste reiten lässt, Plötze in Rente schickt, um mit Gerald von Riva zu Fuss durch ganz Toussaint zu stiefeln oder für jeden noch so unwichtigen Kampf stur von Anemonia City nach Ebenholz City und wieder zurück laufe. Es gibt in Nier Automata eine Schnellreisefunktion und tatsächlich habe ich irgendwann in Route C nur noch darauf zurückgegriffen, aber das ändert nichts daran, dass man wieder und wieder an die immer gleichen Orte geschickt wird. Da braucht man schon einiges an Sitzfleisch und Geduld.
Trotzdem hat mich das Spiel gut genug unterhalten, um es zu platinieren. Man muss dazu sagen, dass die Trophäen allesamt sehr human sind und es keine Spaßbremsen a la "Lichthupe an und erreiche Ende x in fünf Stunden" gibt. Tatsächlich existiert sogar ein Mogelshop, in dem man sämtliche Trophäen kaufen kann, den ich aber zum Glück nicht brauchte.
Wirklich genervt hat nur die "Alle Waffen vermaximieren!"-Auszeichnung, für die man sämtliche Waffen sammeln und mit den erforderlichen Einzelteilen aufs höchste Level bringen muss. Auch hier ist Nier sehr entgegenkommend, da man ab einem bestimmten Zeitpunkt fast alle Materialien in den Laden kaufen kann. Bis auf das simple Gerät....Es erscheint zwar zuverlässig, aber nur sehr selten an einer bestimmten Stelle im Waldschloss und es gibt sogar eine recht flotte Methode, um es zu finden. Sich in die Königskammer beamen, ganz nach links laufen, das Item aufsammeln, durchs Fenster runter in den Burghof, zehn Meter zum Automaten, sich wieder in die Königskammer beamten, ganz nach links laufen,.....Ändert aber nichts daran, dass das in der Kammer liegende Item nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit hat, tatsächlich ein simples Gerät zu sein. Und wenn man in einer Stunde ein einziges Exemplar findet, aber noch 16 braucht, ist die Motivation auf Platin schnell dahin. Hab dann aber doch durchgehalten, indem nebenher Bibi Blocksberg lief....
Emil musste mich bei der Gelegenheit auch noch ärgern. Der taucht an einem von drei Punkten in der zerstörten Stadt auf und hat entsprechend drei verschiedene Sets Items zum Verkauf. Obwohl man sich recht banal und geschwind von einem Punkt der Stadt zur nächsten beamen kann und Emils Position dadurch jedes Mal neu ausgewürfelt wird, hat es ewig und drei Tage gedauert, bis der endlich am Widerstandslager aufgetaucht ist UND die beiden Waffen im Angebot hatte, die mir noch fehlten. Überhaupt ist Emil doof, denn als ich ihn später noch an der Wüste brauchte, da er nur dort bestimmte Materialien verkauft, wollte er dort ums Verrecken nicht mehr erscheinen, nachdem er zuvor wieder und wieder und immer wieder dort aufgetaucht ist.
Trotzdem kann man sagen, dass Platin hier sehr leicht zu verdienen ist, da beispielsweise die interne Bibliothek nicht komplett vervollständigt werden muss, sondern 80% in den meisten Kategorien reichen. Hab's übrigens auch irgendwie geschafft, bei den Tutorials nur auf 96% zu kommen. Ist auch mal neu.
Was auch neu ist, vom DLC hab ich rein gar nichts mitbekommen. Grade nachgesehen, ich habe tatsächlich die Game of the Year-Edition, in der der Zusatz mit dem lustigen Namen eigentlich enthalten ist. Mir hat das Spiel aber nie auch nur den kleinsten Hinweis auf die Bonusinhalte gegeben und obwohl ich mehrfach an den bewachten Türen war, die in die DLC-exklusive Arena führen, hieß es dort durchgehend und bis zum Ende "Passierschein A38, bitte". Verrückte Welt, wirklich versäumt man allerdings eh nichts.
So, Ende der Geschichte, keine Lust mehr. Beschäftigt hat's mich insgesamt 63 Stunden und 15 Minuten, brutto von Mitte November bis Ende Mai. Da lag aber eine fünfmonatige Zwangspause daheim dazwischen, netto sind's dann nur noch fünf, sechs Wochen. Muss übrigens auch sagen, dass es ein wirklich schönes Gefühl war, die Geschichte zu beenden, um ein paar Tage drauf was komplett neues starten zu können. Ich bin generell kein Hochgeschwindigkeits-Gregory, der nur möglichst schnell seine Spiele durchschießen will und nehme mir meine Zeit, aber grade nach der langen Pause fühlte es sich gut an. Liegt vielleicht auch an Platin, ist ja auch keine Selbstverständlichkeit.
Hat Spaß gemacht, darf man sich gern kaufen. Kostet auch nur noch 20,- Euro. Nachfolger kann irgendwann kommen.