Dragon Quest Monsters: Der Dunkle Prinz [NS] (50h)
Sage und schreibe zwölf Jahre hat es gedauert, bis uns nach Dragon Quest Monsters Joker 2 wieder ein Ableger dieser Spinoff-Reihe im Westen erreicht hat. Ich hab die beiden Dragon Quest Monsters-Spiele für den DS geliebt und dementsprechend aus dem Häuschen war ich, als im Frühjahr dann endlich der nächste Teil angekündigt wurde, der dann auch wieder bei uns erscheinen sollte. Dass es sich hierbei um einen Day 1-Kauf handeln würde, war für mich von vorneherein klar – auch, dass ich alles, was ich zu dem Zeitpunkt zocke, wohl erst einmal pausieren würde (getroffen hat es Trails of Cold Steel IV, das ich gestern wieder aufgenommen habe, und Twilight Princess, mit dem ich nach Trails und/oder Diablo IV weitermachen werde). Gestern Abend liefen nach ca. 50 Stunden dann die Credits über meinen Bildschirm und, das sei vorweg gesagt, ich liebe die Reihe immer noch.
Doch fangen wir von vorne an: Dragon Quest Monsters: Der Dunkle Prinz ist ein Monster Collection-RPG, das die ikonischen Kreaturen der Dragon Quest-Games in sein Zentrum stellt. Der Dunkle Prinz ist der erste Ableger der Reihe für die Switch, vorher hatten die Spiele vor allem auf DS und 3DS (zumindest in Japan) floriert. Erschienen ist das Spiel Anfang Dezember, also erst vor wenigen Wochen. Die Entwicklung war übrigens ein bisschen konfus, denn aus dem Projekt, das einst nur Dragon Quest Monsters hervorbringen sollte, sind zum Schluss zwei völlig unterschiedliche Monster Collecting-RPGs geworden: Das vor ziemlich genau einem Jahr erschienene Dragon Quest Treasures und das vor wenigen Wochen erschienene Dragon Quest Monsters. Ursprünglich wurde Dragon Quest Monsters in der Famitsu mit den Protagonisten von Dragon Quest Treasures vorgestellt, hier ging also einiges drunter und drüber, aber zum Schluss sind zwei wirklich gute und individuelle Spiele dabei herausgekommen, insofern: Ende gut, alles gut.
Anders als zunächst angekündigt, geht es im Dunklen Prinz also auch nicht mehr um die Geschwister Erik und Mida aus Dragon Quest XI, sondern es geht stattdessen um Psaro, den Antagonisten des vierten Teils der Dragon Quest-Reihe, den wir von Kindesbeinen an bis an die Spitze der Monsterschaft begleiten. Wir erfahren mehr über seine persönlichen Umstände, seine Herkunft und seinen komplizierten Werdegang als Herrscher der Monster, den er keinesfalls alleine bestritten hat. Im Endeffekt sind alle Grundbedingungen für eine gute Story gegeben, wie ich finde, aber leider scheitert es meiner Ansicht nach am Story-Telling, denn die Entwickler konnten es mal wieder nicht lassen und mussten auch aus Psaro einen stummen Protagonisten machen, obwohl er im vierten Teil der Hauptspiel-Reihe ja durchaus spricht (wenn auch nicht viel). Wir haben also eine Geschichte, die zu 95% auf die Ambitionen und die persönliche Entwicklung eines Protagonisten abzielt, der sich nicht dazu äußern kann und auch eine sehr limierte Mimik hat. So, finde ich, ist die Story leider nichts Halbes und nicht Ganzes, denn diese Art von Erzähung lässt sich meiner Meinung nach einfach nicht glaubhaft mit einem stummen Protagonisten erzählen. Letztlich war die Geschichte für mich nie der ausschlaggebende Aspekt der Reihe – besonders überragend waren die Stories der Joker-Spiele auch nicht, eher noch weniger –, aber hier war es einfach schade, dass man so viel richtig gemacht und sich dann nicht von diesem alten Konzept lösen konnte. Na ja.
Kommen wir zum Wesentlichem: dem Gameplay, also vor allem dem Anwerben, dem Trainieren und dem Synthetisieren von Monstern. Das „Fangen“ der Monster funktioniert ein bisschen anders als in anderen Genre-Vertretern, so müssen wir gegenerische Monster im Endeffekt mit unserer Kampfkraft beeindrucken, um sie anzuwerben. Erst einmal ist es immer eine gute Idee, das Ziel ein bisschen zu schwächen, allerdings ist das in Dragon Quest Monsters ein bisschen tricky, denn die LP-Anzeige der Gegner ist unsichtbar und man muss auf Basis seiner Erfahrung schätzen, wie viel ein Gegner aushält. Haben wir unser Gegenüber erfolgreich geschwächt, versuchen wir, das Monster anzuwerben. Hierbei greifen alle Team-Mitglieder (man kämpft immer mit Gruppen aus 4 Monstern) den Gegner an, aber fügen ihm dabei keinen echten Schaden zu. Je nachdem, wie groß der Schaden aber gewesen wäre (erreichnet aus dem Angriffs- oder Weisheitswert), erreicht jedes Monster eine gewisse Prozentzahl. Zum Schluss werden die vier Prozentzahlen zusammengerechnet und der Wert, der dabei rauskommt, ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Anwerben erfolgreich ist. Je nachdem, wie stark oder schwach das gegnerische Monster ist (auch im Vergleich zu den eigenen), kann hierbei durchaus ein Wert von 100% stehen, aber deutlich häufiger sind Werte zwischen 15 und 40%, zumindest meiner Erfahrung nach. Bei einigen sehr seltenen Monstern (z.B. aus der Metallschleim-Familie) können auch Werte von 0-1% stehen. Unter Umständen braucht man also ein bisschen Geduld. In der Regel, kann man es ein paar Mal öfter versuchen, allerdings sinkt die Chance mit jedem weiteren Versuch um ca. 5% und wenn die Monster irgendwann wütend werden, war’s das dann auch und man muss es mit einer neuen Gruppe noch einmal probieren. Um möglichst viele Monster anzuwerben, muss man durchaus am Ball bleiben; es klappt selten beim ersten Versuch. Aber ich habe nahezu alle frei herumlaufenden Monster angeworben und hatte auch viel Spaß damit, mein Monsterlexikon langsam zu füllen (auch wenn ich jetzt, am Ende des Spiels, immer noch weit von einer Vervollständigung weg bin haha). Wenn ich mich richtig entsinne, gibt es ca. 450 Monster – die Auswahl ist also recht breit.
Aus den neu angeworbenen Monstern stellt man sich dann also erst einmal ein 4er-Team zusammen. Nach einer (etwas zu langen) Weile schaltet man dann auch endlich das frei, was die Dragon Quest Monsters-Titel ausmacht: das Synthetisieren. Anders als in anderen Genre-Vertretern fangen wir hier keine Monster, die festen Evolutions-Linien folgen, sondern es gibt oft dutzende Möglichkeiten, ein einziges Monster „weiterzuentwickeln“. Die Monster werden hierbei in Stufen unterteilt und zwar von G (das niedrigste) über A und S zu X (am stärksten). Das Ziel ist es also auch, unsere Monster durch Synthese immer stärker zu machen. Hierbei wählt man zwei Monster aus, die dann zu einem neuen Monster eurer Wahl „verschmelzen“. Jedes Monster bringt dabei eigene „Talente“ mit (maximal 3), die vom neuen Monster geerbt werden können. Diese Talente levelt man auf, indem man Begabungspunkte auf sie verteilt. Jedes Talent kommt also mit einer Liste an passiven und aktiven Skills (Buffs, Debuffs, Heilung, Magieangriffe, physische Angriffe etc.), die jeweils eine bestimmte Anzahl an Begabungspunkten benötigen. Freischalten tut man diese mit Level-ups. Besonders wichtig: Bereits gelevelte Talente behalten immer die Hälfte der auf es verteilten Begabungspunkte, wenn es per Synthese an ein neues Monster weitergegeben wird, sodass im Laufe des Prozesses immer mehr Begabungspunkte zur Verfügung stehen. Durch das Vererbungs-System hat man auch sehr viele Möglichkeiten, ganz unterschiedliche Skills auf einem Monster zu vereinen. Das Synthese-System von Dragon Quest Monsters ist sehr komplex und ich muss sagen, dass ich selbst nach 50 Stunden Spielzeit nur an der Oberfläche gekratzt habe. In Joker 2 bin ich deutlich tiefer eingestiegen und habe auch viel mit Guides gearbeitet, um besondere Monster zu synthetisieren. In Joker 2 war das aber auch notwendig, während Der Dunkle Prinz schon spürbar einfacher ist als die Vorgänger, die ich gespielt hatte – zumindest mein Eindruck. Es gab zwar auch hier ein paar Kopfnüsse, aber als ich einmal ein Team mit guten Damage-Skills, Buffs und einem 1A-Heiler hatte, bin ich nur noch sehr selten ins Straucheln geraten. Was mir nicht so gut gefiel: In den übrigen Teilen ging es mit regulären Synthesen immer bis auf A hoch. Ich hab ehrlich gesagt lange gedacht, dass der Rank noch „gesperrt“ sei, da ich bis kurz vor dem Endboss nicht ein einziges A-Rank-Monster synthetisieren konnte. Erst im Nachhinein habe ich gelesen, dass es im Dunklen Prinz schon ab A nur noch besondere Synthesen gibt, das heißt im Endeffekt, das zwei ganz spezifische Monster miteinander synthetisiert werden müssen, während es bei der regulären Fusion eher darum geht, ein Monster einer bestimmten Stufe und aus einer bestimmten Kategorie (z.B. Schleim, Bestie, Drache usw.) mit einem anderen zu fusionieren. So habe ich das Spiel zum Schluss mit einem Team abgeschlossen, das nicht über den B-Rank hinausging. Hätte ich gewusste, dass der A-Rank nicht mehr regulär erreicht werden kann, hätte ich viel früher Synthese-Guides angeschaut, um gezielt auf ein paar A-Monster hinzuarbeiten, aber nachdem die Credits schon gelaufen waren, war ich ehrlich gesagt nicht mehr so motiviert, noch weiter zu machen. Ich hab zwar in den Post-Game-Content hineingeschaut, aber der wirkte doch recht Boss-lastig und ich persönlich lege mehr Wert auf die Erkundung und bin mit den meisten Spielen nach den Credits auch einfach durch. Das Post-Game vom Dunklen Prinz, das einerseits eine neue Story bietet (wie komplex oder lang die ist, kann ich nicht sagen) und andererseits höhere Ränge in den beiden Arenen, bietet aber mit Sicherheit genug Herausforderungen für die A/S/X-Monster. Ich habe online auch am Rande gelesen, dass das Post-Game hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades heftig anzieht.
Ich hoffe, die kurze Beleuchtung des Synthese-Systems macht deutlich, wie viel Zeit man hier versenken kann – vor allem auch dann, wenn man ein ideales Team zusammenstellen möchte oder das Monsterlexikon vervollständigen will. Wer sich gerne tief in solche Systeme einarbeitet, kommt hier mit Sicherheit zu 100% auf seine Kosten, aber wer einfach das Spiel spielen möchte, dürfte mit dem Dunklen Prinz trotzdem an der richtigen Adresse sein, denn man kann das Spiel auch einfach „casual“ mit ein bisschen RPG-Logik problemlos durchspielen (z.B. Teamzusammenstellung: ein physischer Angreifer, ein magischer Angreifer, ein Heiler, ein Buffer/Debuffer – damit bin ich immer gut gefahren).
Ein weiterer zentraler Faktor in Dragon Quest Monsters ist die Erkundung: Es gibt zahlreiche unterschiedliche Welten, die sich nochmal in einzelne Bereiche aufteilen, sodass es über den Daumen gepeilt so 18-20 Gebiete zu erkunden gibt. Die einzelnen Bereiche in den Welten unterscheiden sich untereinander oft nicht so sehr, aber zwischen den Welten gibt es auch einige größere Unterschiede. Außerdem gibt es ein Jahreszeitensystem: Wir durchlaufen permanent die vier Jahreszeiten und jedes Mal, wenn die Jahreszeit wechselt, ändert sich die Umgebung entsprechend. Auch besondere Wetterphänomene können die Umgebung völlig verändern. Hierbei ändert sich übrigens nicht nur die visuelle Erscheinung der Welt, sondern auch viele Monster tauchen nur zu bestimmten Jahreszeiten oder unter bestimmten Wetterbedingungen auf und in jeder Jahreszeit werden kleinere oder größere Bereiche zugänglich, die zuvor versperrt waren (z.B. wenn man im Winter über den zugefrorenen See eine Insel erreicht usw.). Diese Änderungen werden auf der Karte mit einem Jahreszeiten-Symbol versehen, sodass ich beim Jahreswechsel oft nochmal ein Stück zurückgelaufen bin, um mir anzuschauen, was es da Neues gibt. Es ist nicht immer was Besonderes, aber es hat Spaß gemacht, noch ein paar zusätzliche Schatztruhen oder Mini-Medaillen zu finden (Tipp: immer die Krüge kaputt machen, überall!). Mir war das Design der Oberwelten insgesamt sympathisch, es war recht farbenfroh und ich mochte den Wechsel zwischen den Jahreszeiten, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass es später eine permanente Möglichkeit gegeben hätte, die Jahreszeit flexibel zu wechseln (soweit ich sehe, gibt es nur ein Verbrauchsitem, das man zufällig von Monstern droppt). Mir gefiel auch, dass die Flächen nicht so unfassbar groß waren, und dass die meisten Gebiete „strukturiert“ waren, also nicht große, offene, leere Flächen, sondern viele Hügel, Kurven, Sackgassen, Flüsse, Seen etc. Graphisch fand ich es in Ordnung: Es ist kein visuelles Meisterwerk, aber es gab auch keine Texturen, die mich negativ angesprungen hätten, und das Spiel läuft überwiegend stabil. Selten kommt es bei Gebietswechseln auf den ersten paar Metern zu ein paar Stotterern und in ein paar Gebieten haben sich ein paar Monster in weiterer Entfernung mit zu wenig FPS bewegt. Aber insgesamt war’s okay, keine Crashes, Bugs oder signifikante Lags.
Ein weiterer Aspekt, den ich unter „Erkundung“ verbuchen würde, sind die Dungeons, die sich im Zentrum vieler Gebiete befinden und an deren Ende dann der jeweilige ortsansässige „Big Shot“ auf uns wartet. Es fängt alles recht behäbig an, aber im Laufe des Spiels wird das Dungeon-Design immer komplexer und wartet auch mit einigen Rätseln auf, die man aus älteren RPGs noch kennt: Knöpfe, die Wege öffnen und schließen, Bodenplatten, die einen in eine bestimmte Richtung schicken, Wasserläufe, die man aktivieren und deaktivieren kann usw. In 2-3 Dungeons habe ich mich auch ordentlich verlaufen und musste wirklich konzentriert versuchen, den Weg zu finden. Mir hat das eigentlich ganz gut gefallen, aber ich habe auch gemerkt, dass man irgendwann ein bisschen ungeduldig wird Dieser Art von Dungeon-Design wird ja regelmäßig hinterhergetrauert (ich bekenne mich da auch schuldig), aber wenn man zum fünften Mal feststellt, dass man die Hebel immer noch nicht in der richtigen Reihenfolge betätigt hat, passt es einem dann auch nicht haha. Aber wie gesagt, ich fand’s eigentlich ganz gut, dass man nicht nur stumpf geradeaus rennen musste (und konnte) und wurde während des einen Dungeons auch gut von Ghiblis Wandelndem Schloss im Hintergrund unterhalten