Okay, das hier brennt mir auf der Seele, seit das Remake von Resident Evil 4 erschienen ist und der Vorgänger schon wieder als "veraltet" angesehen wird.
Ich hasse diesen Begriff! Nur sehr, sehr selten hat er der Begriff wirklich einen Wahrheitsgehalt und meistens wird er nur genutzt, um persönliche Präferenzen als faktisch wahr zu validieren.
Sei es, wenn es um die Tank Controls in Resi 4 und den alten Teilen geht, die fixe Kameraperspektive der Klassiker oder auch rundenbasierte Kampfsysteme und Zufallskämpfe in RPGs, scheinbar möchte man diese Dinge einfach komplett "loswerden" und die Spiele vereinheitlichen.
Was mich an dem Begriff wirklich stört, gerade, wenn ein großes Magazin ihn nutzt, um ein neues Spiel als die bessere Erfahrung darzustellen, ist, dass er Spieler von älteren Spielern abschreckt und ihnen für sie neuer Erfahrungen beraubt und sie so zu einem sehr einheitlichen Erlebnis ihrer Lieblingsgenres schubst. Und das ist schade!
Die Argumentation wirkt mir dabei zu oberflächlich. "Es gibt schon einen Grund, warum das nicht mehr gemacht wird" oder "Heutzutage will das doch keiner mehr spielen", ohne, dass irgendjemand sich wirklich tiefergehend mit den klassischeren Mechaniken auseinandersetzen möchte.
Es soll immer nur darum gehen, dem Spieler maximalen Komfort und möglichst wenige Limitationen zu geben für das "bestmögliche Spielelebnis" zu geben, dabei wird ignoriert, dass teils weniger Spielkomfort und Limitationen das Spiel doch interessant machen können!
Dabei meine ich bei "weniger Spielerkomfort" übrigens nicht fehlende Barrierefreiheitsoptionen, diese sind unglaublich wichtig, es geht mir eher um Dinge wie z.B. ein limitiertes Speichersystem oder ungewöhnliche, möglicherweise komplexere Steuerungsschemen, in die man sich erst einmal einarbeiten muss.
Besonders absurd wird es dann, wenn bei neueren Spielen solche Limitationen dann plötzlich "Teil des Designs" sind und das Erlebnis plötzlich tatsächlich bereichern.
Ziehen wir mal als Anschauung und weil es der Stein des Anstoßes ist tatsächlich mal das originale Resident Evil 4 her. Ja, man kann nicht gleichzeitig zielen und schießen. Man kann auch nicht strafen und es hat eine Form der Tank Controls. Das sind alles Limitationen, um die das Spiel gebaut wurde, an die man sich gewöhnen kann, das Spiel ist super spielbar, wenn man sich dran gewöhnt hat und es verleiht dem Spiel im Vergleich zum Remake eine eigene Identität.
"Aber das Remake entfernt solche Limitationen und baut das Spiel auch darum herum, indem es die Gegner aggressier macht, ergo ist es besser", oder?
Nun, ignorieren wir einfach mal die Tatsache, dass das Spiel neue Limitationen einbaut dank geringerer Ressourcen im Vergleich zum Original und dem Fadenkreuz, dass im Vergleich zum Laserpointer eine Weile braucht, um sich zu zentrieren, auch, wenn man es neu ausrichtet, so dass man selbst beim Zielen oftmals im Vergleich zum Original einige Zeit braucht, bis man präzise schießen kan...
Ist die Erfahrung vom neuen Resident Evil 4 schlicht nicht einfach "besser", sondern "anders". Das Gleiche gilt auch z.B. für Final Fantasy 7. Nicht "besser", schlicht "anders".
Ich glaube, @Kelesis wird mir deutlich zustimmen, dass die Erfahrung sicher nicht "besser" ist, zumindest nicht objektiv besser.
Nehmen wir als Gegenbeispiel mal die Fromsoft-Games. Die haben ja auch einige Limitationen. Die Ausdauer begrenzt die möglichen Aktionen, die man auf einmal ausführen kann. Die Bewegung ist vergleichsweise träge und man kann Angriffe nicht durch andere Aktionen abbrechen. Nehmen wir die Argumentation "Limitationen sind schlecht", dann sind die Spiele ja bis heute im Vergleich zu anderen Action-RPGs wie der Ys-Reihe veraltet! Ys hat diese Limitationen nicht, Ys hat sein Spieldesign ohne diese Limitationen herum gebaut, ergo Ys ist besser als die Soulsreihe, richtig?
Aber so ist das ja nicht. Die Soulsreihe bietet eine ganz andere Erfahrung als Ys.
Oder was ist mit Death Stranding? Es macht es einem recht schwer, überhaupt geradeaus zu laufen! Bei den meisten Spielen ist es so simpel, nach vorne zu laufen, aber hier ist es so schrecklich kompliziert und teils unintuitiv, also hat es doch ein veraltetes Gamedesign, richtig?
Nein! Das Design ist darum herum gebaut worden, so wird auch argumentiert und das ist auch richtig so!
Also, stellt euch mal die Frage: Warum seht ihr Limitationen in neuen Spielen als "Teil des Designs", aber bei den älteren Spielen sind Limitationen "veraltet"? Warum ist die Ausdauerbegrenzung eines Elden Ring gut, das rundenbasierte Kampfsystem des originalen Final Fantasy 7 schlecht? Warum ist das komplexe Bewegungssystem eines Death Stranding "Teil des Designs", die Tank Controls eines Ur-Resident Evil aber "veraltet"?
Ich bitte euch darum, grabt in euren Argumentationen tiefer! Ihr müsst solche Dinge ja nicht mögen, es ist völlig okay, Präferenzen zu haben, aber wenn ihr behauptet, etwas sei "veraltet", dann müsst ihr bessere Argumente liefern als "es wird halt nicht mehr gemacht".
Besteht euer Argument nur aus "es ist unintuitiv", ohne es zu erklären, dann stoßt ihr schnell an eure Grenzen.
Hey, ich empfinde die alten Resident Evil-Teile als intuitiver und angenehmer zu spielen als die neuen God of War-Teile. Was, wollt ihr euch einfach hinstellen und sagen "Ich habe recht und du musst zugeben, dass du ein veraltetes Spiel magst"? Ich glaube nicht.
So, das war jetzt mehr eine persönliche Kolumne, aber seit ich diese ganzen Resi 4 Remake-Artikel gelesen habe, die das Original als "veraltet" ansahen, musste ich mir das einmal von der Seele schreiben. Puh.
Aber hey, diskutiert gerne darüber hier, dafür ist das Thema ja da.
Vielleicht gibt es euch ja selbst einen kleinen Denkanstoß.