Aber egal, ich will auf dem Teil ja spielen und Webbrowser oder Office sind nur für Notfälle gedacht.
Im Übrigen kann der ambitionierte Anwender zwar als Sprachunterstützung für die Eingabe von Texten deutsch nachinstallieren, zu finden in der Taskbar rechts unten neben der Uhr, das gesamte System an sich ist aber auf Englisch. Deutsch als Systemsprache ist aktuell nicht erhältlich, was ich dann doch tatsächlich ein wenig armselig fand. In den Systemeinstellungen erscheint beinahe höhnisch ein „There are no additional languages available on this system.“
Direkt über diesen nicht vorhandenen Spracheinstellungen finden sich dann tatsächlich die Benutzerkonten. Und hier könnte dann auch endlich ein Passwort eingegeben werden, wenn er das denn speichern wollen würde und nicht mit einer Fehlermeldung sämtliche Änderungen im Administratorkonto verweigert. Eine kurze Suche im Netz ergab, der aktuelle Administrator „Steam Deck User“ sollte nicht geändert werden, weil er für das System scheinbar extrem wichtig ist. Nur welches Passwort hat er? Abhilfe verschafft hier zunächst einfach einen neuen User anzulegen, der ebenfalls Administratorrechte innehält und auf diesen zu wechseln, wenn in der Shell oder auf dem Desktop systemkritische Änderungen anstehen. Zum Beispiel wurde ich aufgefordert das Passwort einzugeben, weil ein Browser wie Vivaldi eben Passwörter speichern kann und Linux diese scheinbar in einer gesicherten „Wallet“ ablegen will.
So, nachdem ich nun über 2000 Wörter lang über das ganze Drumherum geschwafelt habe wird es Zeit endlich ans Eingemachte zu gelangen. Der Grund, warum das Steamdeck existiert: Dem Zocken!
Schon vor dem ersten Einschalten war ich arg am überlegen, welches Game mein neues Spielzeug denn einweihen sollte? Irgendwas, was ich mal eine kurze Runde daddeln kann, was aber auch grafisch ein wenig was hermacht. Das Erste was mir in den Sinn kam waren logischerweise Rennspiele. Nun stand ich vor einem Dilemma, denn ausgerechnet auf Steam habe ich gar nicht so viele Racing Games, zwei Formel 1 Spiele, etliche Teile aus der D.I.R.T Reihe, Project Cars und dann noch Grid 1 und 2. Grid 2 aus dem Jahr 2013 hatte ich als ziemlich gutes „normales“ Rennspiel mit für die damalige Zeit extrem guter Grafik in Erinnerung, also flugs ausgewählt und erst einmal überrascht gestockt.
Steam bietet nämlich eine Wertung bei jedem Spiel, ob und wie gut es auf dem Steamdeck läuft, falls bekannt. Dies wird durch einen Punkt dargestellt. Grün heißt entsprechend läuft super, gelb heißt läuft mit leichten Einschränkungen, ein Fragezeichen deutet an, dass es nicht getestet wurde und es entsprechend nicht bekannt ist, ob das Spiel funktioniert und ein schwarzer Kreis, ja der bedeutet das Spiel funktioniert nicht. Und genau Grid 2 hat so ein schwarzes Symbol. Ich dachte nur „na toll, was jetzt“? Ein Blick ins beinahe endlose weltweite Wissensarchiv namens Internet brachte aber zum Vorschein, dass die Leute scheinbar keine Probleme mit dem Game auf dem Steamdeck haben. Super, also tief durchgeatmet, Grid 2 installiert und gleich mal gestartet. Sogar die Auflösung ließ sich ohne Zicken auf 1280x800 umstellen und alles andere habe ich auch einfach zum Spaß mal auf die höchsten Grafikdetails geschraubt. Anzumerken an dieser Stelle ist, dass Trailerfilme bei praktisch allen Spielen in 16:9 vorliegen und entsprechend mit schwarzen Balken laufen.
Mit den Ultra Einstellungen sehen die Automodelle und Grafikeffekte wie Reflexionen übrigens immer noch sehr gut aus. Einzig bei den Landschaftstexturen wird klar, dass das Spiel doch schon ein wenig älter ist. Grid 2 bietet einen Benchmark, der allerdings nicht direkt vergleichbar ist, da er auf einem vom Spieler selbst gefahrenem Rennen basiert. Das Steamdeck erreichte bei mir eine durchschnittliche Framerate von 56FPS, mit 42FPS als niedrigstem Wert und 62FPS als höchstem bei einem grafisch durchaus anspruchsvollem Stadtlevel. Das ist insofern ein wenig ungewöhnlich, weil die Framerate doch arg weit schwankt.
Allgemein gilt, um die Bildwiederholrate zu verbessern ist es aufgrund des kleinen Schirms kein Problem die Grafikeinstellungen ein wenig nach unten zu schrauben. Ob 16-fache oder achtfache Kantenglättung spielt da meiner Ansicht nach keine so große Rolle. Das Steamdeck bietet dank RDNA 2 Grafik eine nette Funktion, die auch die Playstation 5 und Xbox Series Konsolen nutzen, um ihre Auflösungen auf Pseudo-4k zu pushen. FidelityFX Super Resolution 2.0, auch schlicht als FSR 2.0 bekannt, dient dazu die Grafik intern in einer niedrigen Auflösung abzuspielen und dann auf einer gewünschten höheren Auflösung auf dem Schirm auszugeben. Ein Algorithmus soll die fehlenden Informationen schnell berechnen und auf den Schirm zaubern. Das funktioniert in der Praxis recht gut, sieht aber letztlich immer ein klein wenig unschöner aus als ein natives Bild und wenn es ganz schlecht läuft flimmern Teile des Bildes, insbesondere z.B. animierte Pflanzen, recht unschön. Aber auch hier gilt, auf dem kleinen 7 Zoll Schirm ist das meist verschmerzbar.
Ein Tipp um die Schönheit der Grafik zu erhöhen, der Bildschirm lässt sich anders als normale PC-Monitore oder Fernseher auf z.B. 40Hz Bildwiederholrate fest einstellen, bei aktiviertem VSync entspricht das also einer maximalen Framerate von 40FPS, ohne dass es ruckelig oder flimmerig wirkt. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass auch das nur so gut funktioniert, weil wir hier vor einem 7 Zoll Display sitzen.
Nach diesem kurzen Einschub mussten dann noch zwei weitere Racing Games zum Testen herhalten. Zunächst Redout, ein Indie-Wipeout-Klon mit ordentlich Effektgewitter und flotter Mucke. Apropos Mucke, die eingebauten Lautsprecher klingen besser als bei vielen Notebooks, was durchaus ein Novum für diese Geräteklasse ist. Persönlich ziehe ich dennoch kabellose Buds oder Kopfhörer vor aber für den Notfall quälen die verbauten Speaker die Ohren wenigstens nicht. Redout erschien 2016 und sieht schon immer noch recht fett aus, ohne ein Grafikmonster zu sein, es lebt halt wirklich von den FX. So verwundert es auch nicht, dass es locker flockig durchgehend flüssig auf 60FPS dahingleitet.
Ebenfalls wenig überraschend, dass schon ein wenig in die Jahre gekommene, cartoonige Sonic & Sega All-Stars Racing Transformed fordert das Deck nicht wirklich. Durchaus überraschend, Yakuza 0 aus dem Jahr 2018 (PC Version), das in einer völlig anderen grafischen Liga spielt, läuft ebenfalls flüssig mit 60FPS bei Ultra Settings. Das hat mich dann schon wieder ein wenig verblüfft. Es zeigt aber auch, dass es nicht nur auf die Grafik ankommt, sondern auf die Qualität und Optimierung bei der Programmierung. Auch das grafisch ansehnliche Bloody Spell, ein Actiongame im Stil von Devil may Cry das erst Anfang des Jahres erschien, lief butterweich.
Insgesamt habe ich am ersten Wochenende 17 Spiele installiert und ausprobiert. Eine bunte Mischung verschiedener Genres und Grafiken von schlicht bis aufwendig. Dabei gab es generell einen Punkt, der mir ein wenig sauer aufstieß, was allerdings den Spieleentwicklern anzukreiden ist. Fast alle Titel lassen sich in den Einstellungen auf 1280x800 Bildpunkte einstellen. Davon lief dann aber am Ende dennoch nur die Hälfte davon wirklich mit dieser Auflösung, die andere Hälfte blieb trotzdem auf 16:9 und zeigte oben und unten schwarze Balken. Ein paar Titel erkannten die möglichen Auflösungen gar nicht und boten nur ihre Standardauflösungen zur Wahl, zu denen 1280x720 zum Glück aber immer zählt. Eigentlich sollte das in der heutigen Zeit kein Thema sein eine beliebige Auflösung oder Seitenverhältnis zu wählen. Wir kommen schließlich von 4:3 machten dann einige Jahre zumindest bei Computermonitoren fleißig von 16:10 Gebrauch bevor 16:9 für lange Zeit zum Standard wurde. Inzwischen sind ultrabreite Bildschirme mit 21:9 bis hin zu aktuell 32:9 ja keine Seltenheit. Entsprechend MÜSSEN eigentlich alle Spiele eine Vielzahl von Seitenverhältnissen unterstützen, dass dies selbst nach 20 Jahren immer noch nicht geschieht ist schon wirkliche Faulheit der Entwickler.
An der flachen Unterseite des Decks wird die Luft für die Kühlung angesaugt und die heiße Luft an der Stirnseite wieder rausgepustet. Die Griffstücke bleiben entsprechend unberührt und sind von der Temperatur her wie jedes Gamepad. Bei anspruchsvollen Spielen verkürzt sich aber nicht nur die Akkulaufzeit auf etwa zwei Stunden, sondern die Lüfter drehen durchaus hörbar auf. Apropos Lüfter, Valve verbaut hier wohl zwei Modelle von verschiedenen Herstellern, wobei das eine Modell bei mittleren Drehzahlen unangenehm sirren soll. Mein Deck ist zum Glück aber davon verschont geblieben. Grafisch schlichte Titel wie insbesondere Visual Novels fordern weder Prozessor noch Akku, hier sind fünf Stunden Spielzeit durchaus drin.
Tatsächlich halte ich Titel wie die populäre Visual Novel 428 Shibuya Scramble für ideal auf dem Steamdeck. Das Spiel erschien 2018 im Westen, das japanische Original stammt allerdings bereits aus dem Jahr 2008 und das ist auf normalen Monitoren aufgrund relativ niedrig auflösender Fotos deutlich zu erkennen, während Schrift und Grafik auf dem Steamdeck geradezu wie dafür gemacht wirken.
Dies gesagt, bei vielen Games die nun eben für Fernseher oder Monitor entwickelt wurden wirken Schrift und Nutzer-Interface arg klein. Das zählt auch für Games, bei denen die Kamera weit herausgezoomt ist, da wirkt dann alles, angefangen von der eigenen Spielfigur, recht winzig. Das schlug bei den zwei von mir probierten Titeln dieser Art, Transistor und Victor Vran, doch ein wenig negativ auf die Atmosphäre.
Und auch wenn es theoretisch dank der Trackpads möglich ist Simulationen und Aufbauspiele zu daddeln, so halte ich das gemeinhin für keine so gute Idee. Persönlich werde ich abseits von besagten Visual Novels das Deck hauptsächlich für konsolenartige Games nutzen, die ich ohnehin mit Gamepad gespielt hätte. Für alles wo Maus und Tastatur eigentlich Pflicht sind wäre es mir einfach zu fummelig und langsam das auf dem Deck zu zocken.
Die Tage werde ich die neben Steam auch geläufigen anderen Game-Clients, angefangen bei Good old Games (GoG) von CD Project Red, Origin von Electronic Arts, Ubisoft Connect von Ubisoft über Battlenet von Activision-Blizzard bis hin zum Epic Game Store von Epic Games installieren. Da es für die meisten keinen Linux Client gibt bin ich sicher, dass wird teilweise auch noch ein Spaß.
Mein recht schnelles Fazit nach dieser noch sehr kurzen Zeit als stolzer Steamdeck Besitzer, die Konsole ist insbesondere bei diesem Preis ein außergewöhnliches Stück Hardware, welche kaum Wünsche offenlässt. Klar, noch etwas mehr Power wäre nett aber dann würde wieder die Akkulaufzeit darunter leiden und klar, es hätte auch gerne ein 8 Zoll OLED Schirm verbaut sein können, nur dann wäre auch das günstigste Modell wieder bei weit über 500 Euro gelandet. Von daher bin ich der Meinung, mit diesen Kompromissen lässt sich gut leben. Ich bin jedenfalls gespannt ob das Steamdeck nach dem Switch Boom eine neue Generation des Handheld-Gamings einläutet? Zu wünschen wäre es meiner Ansicht nach jedenfalls. Das Steamdeck macht als Konsole eine hervorragende Figur und der Nutzer hat dank des offenen Systems die vollständige Hoheit darüber – muss es aber nicht, wenn er nicht will. Dabei wird Proton, die Software die dafür zuständig ist die Windows-Software unter Linux auszuführen, ständig weiterentwickelt, wie mein Beispiel mit dem Spiel Grid 2 zeigte, hier müsste Valve nur dafür sorgen, dass ihr „geht“- oder „geht nicht“-System auch immer auf dem aktuellen Stand gehalten wird. Ein Spiel das noch vor einem Jahr nicht lief könnte es eben heute oder morgen durchaus.