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Lange galt Gusts traditionsreiche RPG-Marke „Atelier“ hierzulande als nischiger Geheimtipp für Rollenspiel-Fans, die es gern etwas gemütlicher angehen. Hier geht es meist nicht – wie sonst so oft – um das drohende Ende und die damit nötige Rettung der Welt. Im Gegenteil verbringt Ihr hier einen nicht unwesentlichen Teil Eurer Zeit damit, Blümchen zu pflücken, um sie in Eurem Alchemiekessel zu praktischen, neuen Items zurechtzurühren.
Spätestens seit „Atelier Ryza: Ever Darkness & the Secret Hideout“ erfreut sich die Marke dabei auch im Westen an einem gesunden Publikum; der Titel mauserte sich gar zum bestverkauften Eintrag in die langjährige Serie.
Wenig verwunderlich also, dass man der sympathischen Nachwuchs-Alchemistin kurzerhand zwei weitere Abenteuer widmete – ein Novum für die Marke. Nachdem Fans die lebensfrohe Protagonistin über drei Spiele hinweg beim Erwachsenwerden begleitet haben, muss sich das Serien-Rad auch irgendwann weiterdrehen.
Mit „Atelier Yumia: Die Alchemistin der Erinnerungen und das erträumte Land“ gibt Sonnenschein Ryza das Zepter an eine neue Protagonistin weiter, die Euch auf eine gänzlich neue Reise einlädt.
Wir wiederum sind der Einladung von Koei Tecmo nach Paris gefolgt, um gute vier Stunden in das frische Abenteuer reinzuschnuppern. Wie es uns gefallen hat, lest Ihr im folgenden Hands-on-Bericht.

Alchemie als Tabu
„Atelier Yumia“ begrüßt Euch in Aladiss, das einst als blühendes Kaiserreich galt. Das Land erfreute sich an einem bemerkenswerten Entwicklungsstand, der auf dem Einsatz von Alchemie fußte. Als aber eine mysteriöse Katastrophe der Idylle ein jähes Ende bereitete, verkam die Alchemie über die Jahrhunderte zur „gefährlichen Kunst, die Zerstörung bringt“.
Tabu-Thema hin oder her: Nach einem Schicksalsschlag entdeckt Protagonistin Yumia ihre Faszination für die verpönte Alchemie. Gemeinsam mit einem Forschungsteam macht sie sich auf, um den wahren Gründen für die Katastrophe von Aladiss auf den Grund zu gehen.
Das tut Ihr grundsätzlich auf bewährte Weise, indem Ihr durch das Land zieht, knuffige Feinde bekämpft, Materialien sammelt und diese zu nützlichen Gegenständen synthetisiert. Allerdings dreht „Yumia“ dabei – im Vergleich zu ihren Vorläuferinnen – merklich an diversen Stellschrauben. Gleich der Einstieg ins Spiel vermittelt etwa eine deutlich ernstere Atmosphäre als Ihr es etwa von Ryzas Abenteuer gewohnt wärt.
Nachdem ein mysteriöser Antagonist den Boden mit Yumias Truppe aufwischt, wirft Euch der Titel in der Zeit zurück, um die Anfänge ihrer Reise zu erleben. Bei ihren ersten Schritten ins Abenteuers wird Yumia dabei – ihrer Faszination für die Alchemie wegen – vor allem skeptisch beäugt oder gar harsch abgewiesen. Ein späterer Spielstand offenbarte dann düstere Details in Hinblick auf die übergreifende Handlung, die an dieser Stelle nicht vorweggenommen seien. Seid versichert, dass das neue Spiel ein paar ernste Themen anpackt.




Was natürlich nicht bedeuten soll, dass es „Yumia“ am gewohnten Frohsinn mangelt. Im Gegenteil: Ihr durchforstet weiterhin eine farbenfrohe Welt mit bunter Vegetation und stürzt Euch nicht selten in den Kampf mit Feinden, denen Ihr eigentlich viel lieber eine Streicheleinheit verpassen würdet.
Echtzeit-Action großgeschrieben
Stichwort „Kampf“: Während sich die Kampfsysteme der „Atelier Ryza“-Trilogie bereits in unterschiedlichem Umfang mit Echtzeit-Elementen schmückten, dreht „Yumia“ nochmal merklich am Action-Regler. Ihr bewegt die Alchemistin und ihre Gefährten nun in einem vorgegebenen Kreis aktiv um Eure Feinde herum und verkettet verschiedene Fähigkeiten zu Kombo-Angriffen.
Feindlichen Angriffen begegnet Ihr mit einem zeitigen Block oder Ausweichmanöver; Flächenangriffen entgeht Ihr, indem Ihr Yumia aus dem entsprechend angezeigten Radius der Attacke rausmanövriert und bei Bedarf flott zwischen einem inneren Kreis und äußeren Bewegungskreis wechselt. Auf Knopfdruck wechselt Ihr dann noch in Echtzeit zu Euren Teamkameraden und schöpft so weiteres Kombo-Potenzial aus, während Ihr stets die Schwächen und Resistenzen des Feindes im Auge behaltet.




Das alles funktioniert nach kurzer Eingewöhnungszeit ziemlich gut. Die ersten Konfrontationen bedürfen dabei noch keiner großen Taktik oder allzu geschickter Manöver. Spätestens, wenn Ihr es mit Bossgegnern zu tun bekommt, fragt der Titel Eure Fähigkeiten dann aber doch recht streng ab.
Eine beispielhafte Keilerei brachte uns durchaus ins Schwitzen, als der Bossgegner einen kniffligen Flächenangriff an den nächsten reihte. Hier entfaltete sich das vielversprechende und spaßige Potenzial des Kampfsystems – bleibt zu hoffen, dass die Bosskämpfe nicht die Ausnahme bleiben.
Die weitläufigste Welt der Serie
Wie Produzent Junzo Hosoi versichert, entführt Euch „Atelier Yumia“ in die bislang weitläufigste Welt der Serie. Und tatsächlich: Wir durften uns in zwei von voraussichtlich fünf oder gar mehr Schauplätzen austoben, die sich beide als umfangreiche Spielplätze entpuppten. In der mehrstündigen Hands-on-Session konnten wir dabei lediglich einen Bruchteil der zahlreichen Markierungen auf der Karte erforschen.
Die vielen points of interest reichen von Schätzen über besonders hartnäckige Monster bis hin zu belohnenden Rätseleinlagen und motivierten beim Anspielen regelmäßig dazu, vom Pfad der Hauptgeschichte abzuweichen. Es wird sich zeigen müssen, ob die Vollversion hier genügend Abwechslung bieten kann, damit die Erkundung auch nach mehreren Stunden motivierend bleibt. An den überprominenten Kennzeichnungen auf der Karte darf derweil gern gespart werden.




Wie es sich für einen „Atelier“-Titel gehört, tobt Ihr Euch natürlich auch wieder in einem umfangreichen Synthese-System aus. Dieser Spielaspekt gestaltete sich in vergangenen Iterationen mal mehr, mal weniger zugänglich. Es wird sich zeigen müssen, wie einsteigerfreundlich sich das neue System präsentiert – in den ersten Stunden macht der Titel jedenfalls einen guten Job, Euch schrittweise an diverse Mechaniken heranzuführen.
Zusätzlich zum übergreifenden Synthese-System, könnt Ihr nun auch unterwegs nützliche Gegenstände zusammenzaubern. Per „simpler Synthese“ erschafft Ihr aus dem Stegreif Verbände und anderen praktischen Abenteurer-Bedarf – vorausgesetzt Ihr verfügt über die nötigen Materialien und Mana.
Mit Mana ans Ziel
Bleiben wir beim „Mana“: Diese Ressource ist in vielerlei Hinsicht wichtig. Ihr verfügt über einen Spender, der sich bei unterschiedlichsten Aktionen entleert. Yumia erfreut sich etwa an magischem Schuhwerk, das sie flink an Wänden hochschnellen oder aus großer Höhe herunterspringen lässt.
Sie greift zur flotten Fortbewegung aber auch kurzerhand zum Zauber-Motorrad oder nutzt ihren Stab als Gewehr, um ferne Schalter zu betätigen oder Monster zu lähmen. All das kostet Mana, das sich mit der Zeit aber wieder langsam auffüllt oder an entsprechenden „Tankstellen“ aufgeladen wird.
Eine weitere Neuerung ist der Bau-Modus. Ihr gestaltet nun nicht nur Euer eigenes Atelier, sondern ebenso seine Einrichtung. Allzu komplex mutete das System zwar noch nicht an; Ihr wählt aber aus einem wachsenden Repertoire an Bau- und Einrichtungsgegenständen, die Ihr dann auch mehr oder minder frei nach Euren Wünschen platziert. Das funktioniert und ist zweckdienlich, wirkte im präsentierten Umfang jedoch noch etwas oberflächlich. Gut möglich aber, dass dieses System sein Potenzial im späteren Spiel entfaltet.




Bleibt noch die Technik zu klären. „Atelier Yumia“ machte beim Anspielen einen grundsoliden Eindruck. Der Titel lief mit einer soliden Bildrate von 60 fps – kleinere Einbrüche ließen sich gut verschmerzen. Optisch begeistert der Titel mit einer bunt-verträumten Ästhetik, die lediglich von einigen Matsch-Texturen geschmälert wird.
Auf auditiver Ebene erfreut der Titel derweil mit einer tollen Sprecherleistung und eingängigem Soundtrack. Besonders erfreulich: „Atelier Yumia“ bringt erstmals deutsche Texte mit sich, die in der Hands-on-Session einen rundum gelungenen Eindruck machten.
Vielversprechend und sinnvoll weitergedacht
„Atelier Yumia“ hat mich im Zuge der Hands-on-Session gut zu fesseln gewusst. In vielerlei Hinsicht denkt der Titel Konzepte konsequent und sinnvoll weiter und erfreut so mit dem bis dato wohl komplexesten Rollenspiel-Abenteuer der Serie. Das Kampfsystem geht gut von der Hand und entfaltet vor allem in den Bosskämpfen seine Möglichkeiten; die ausladende Welt lädt zum Erkunden ein; und die Story und Charaktere bergen Potenzial, das mit der Vollversion hoffentlich ausgeschöpft wird.
Beinharte Ryza-Fans dürfen sich zudem freuen, dass Yumia als Protagonistin einen vielversprechenden Eindruck als fähige Nachfolgerin macht. Serien-Fans streichen sich den 21. März schon mal vorsorglich im Kalender an. Neulinge, die bis dato lediglich mit der Serie geliebäugelt haben, dürfen den Titel aber auch im Hinterkopf behalten. „Atelier Yumia“ positioniert sich klar als toller Einstiegspunkt für angehende Alchemisten.
Bildmaterial: Atelier Yumia: Die Alchemistin der Erinnerungen und das erträumte Land, Koei Tecmo, Gust