- Offizieller Beitrag
Microsoft-Chef Phil Spencer erklärte seinen KollegInnen im Jahr 2020, dass er Nintendo als wichtiges Akquisitionsziel betrachte. Eine „feindliche Aktion“ hält Spencer selbst demnach aber auch für keinen cleveren Schachzug.
Nintendo als Akquisitionsziel
In nicht redigierten Gerichtsdokumenten aus dem Verfahren zwischen der FTC und Microsoft, die über Nacht – offenbar irrtümlich – veröffentlicht wurden, erörtert Spencer die mögliche Nintendo-Übernahme in einem E-Mail-Gespräch mit Microsofts Executive Vice President und Chief Commercial Officer Takeshi Numoto.
Während er über eine mögliche Übernahme von TikTok sprach, fragte Numoto, warum Microsoft nicht stattdessen ein Unternehmen wie Nintendo anstrebe. Spencer antwortete, dass dies genau das sei, was er wollte. „Takeshi, ich stimme voll und ganz zu, dass Nintendo für uns DAS wichtigste Asset im Gaming-Bereich ist und Gaming heute unser wahrscheinlichster Weg zur Verbraucherrelevanz ist“, zitiert VGC Phil Spencer demnach aus den Dokumenten. Auch Eurogamer veröffentlichte die Inhalte.
Er fuhr fort: „Ich habe zahlreiche Gespräche [mit Nintendo] über eine engere Zusammenarbeit geführt und bin der Meinung, dass wenn ein US-Unternehmen eine Chance mit Nintendo hätte, wir in der besten Position dafür sind.“
„Die unglückliche (oder für Nintendo glückliche) Situation ist, dass Nintendo auf einem großen Haufen Bargeld sitzt und einen [Vorstand] hat, der bis vor kurzem nicht auf weitere Steigerungen des Marktwachstums oder der Aktienwertsteigerung gedrängt hat.“ Spencer erklärte weiter, dass das ehemalige Microsoft-Vorstandsmitglied Mason Morfit, Präsident von ValueAct, „in großem Umfang Anteile von Nintendo erworben“ habe und dass dies „Chancen für Microsoft schaffen könnte“.
Spencer zeigte sich zuversichtlich
Er zog den Schluss: „Ohne diesen Katalysator sehe ich keine Aussicht auf eine kurzfristige, einvernehmliche Fusion von Nintendo und Microsoft und ich glaube nicht, dass eine feindliche Aktion ein guter Schachzug wäre, also spielen wir auf lange Sicht.“ Spencer zeigte sich zuversichtlich: „Aber unser [Vorstand] hat den vollständigen Bericht zu Nintendo (und Valve) gelesen und unterstützt beides voll und ganz, wenn sich eine Gelegenheit ergibt, genau wie ich.“
Er schloss die Mail mit dem Fazit: „Irgendwann wäre es ein Karriere-Moment, Nintendo zu übernehmen, und ich glaube ehrlich gesagt, dass es ein guter Schachzug für beide Unternehmen ist. Es dauert einfach lange, bis Nintendo erkennt, dass ihre Zukunft außerhalb der eigenen Hardware liegt. Eine lange Zeit.“
Die Diskussion fand etwa vor anderthalb Jahre statt – noch bevor Microsoft seine Absicht bekannt gab, Activision Blizzard zu übernehmen. Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass Microsoft über die Übernahme von Nintendo nachdachte. Laut einem Bericht aus dem Jahr 2021, der die Ursprünge des Konsolengeschäfts von Microsoft unter die Lupe nahm, habe Nintendo Microsoft „ausgelacht“, als das Unternehmen vor 20 Jahren mit der Aussicht einer möglichen Übernahme an Nintendo herantrat.
Branchenkenner räumen der Sache heute nur noch wenig Chancen ein, vermutlich auch mit dem Hintergrundwissen, das es inzwischen zum Activision-Deal gibt. „Das wird niemals passieren, und selbst wenn, würde Nintendo aufhören, Nintendo zu sein, sobald ein solches Geschäft zustande kommt“, twitterte Firmenberater Dr. Serkan Toto.