Hab jetzt ne Weile überlegt, ob ich das hier mal mache, aber ich denke darüber nun schon seit einiger Zeit nach und mich würde einfach mal interessieren, wie andere das so sehen oder selbst empfinden, hat jetzt auch nichts speziell mit japanischen Spielen zu tun, sondern mit dem Gaming an sich. Die Einleitung wird lang, die Frage kurz.
Ich fang einfach mal von ganz vorn an.
Weiß nicht mehr ganz genau, wann es war, irgendwann Anfang der 80er, ich war ca. 8 Jahre. Da kam mein Vater eines Tages von der Arbeit nach Hause, er hatte so einen Kasten dabei, den hatte er sich von einem Bekannten ausgeborgt. Dabei waren zwei Schnüre mit nem Drehregler dran und ein analoges Fernsehantennenkabel. Das verband er mit dem Fernseher, schaltete den Kasten ein, drehte dann am Fernseher, bis er die richtige Frequenz fand und es erschien ein schwarzer Bildschirm, ein weißes Viereck und zwei weiße Längsstriche. Und das absolut Geniale an der Geschichte war, wenn man jetzt an den Drehreglern drehte, bewegten sich die weißen Balken von oben nach unten und umgekehrt. Und damit noch nicht genug, man konnte mit den weißen Balken ein weißes Pünktchen hin und her schießen. Wenn man es nicht traf, verschwand das Pünktchen am Bildschirmrand und die andere Seite bekam einen Punkt, wer zuerst 15 hatte, hatte gewonnen. Sensationell. Absolut genial. Ich war geflashed. Einer dieser Momente im Leben, die man nie vergisst. Spielen... das kannte ich nur mit Karten oder Spielbrettern und Figuren im Familienkreis am Wohnzimmertisch. Aber auf dem Fernseher... wow. Mit einstellbarem Schwierigkeitsgrad. Halber Balken. Doppelte Geschwindigkeit. Viel später habe ich dann mal mitbekommen, dass dieses spiel PONG heißt.
Nach ner Woche musste mein Vater das Gerät wieder zurückgeben. Aber ich war infiziert.
Einige Zeit später, mitte der 80er, brachte er wieder mal ein Gerät mit, das hörte auf den wunderschönen Namen KC 85/2 (wer wie ich in der DDR aufgewachsen ist, dem ist das vielleicht noch ein Begriff ).
Da gabs dann schon Spiele, da konnte man Leitern hochklettern oder sich durch Punkte fressen. Da bin ich Samstag und Sonntag extra früh halb 6 aus dem Bett gekrochen, um ungestört daddeln zu können, bevor die Family zum Frühstück schritt. Aber auch das Gerät musste mein Vater immer wieder abgeben, war Firmeneigentum und privat hat man sowas höchstens mal gekriegt, wenn man jemanden kannte, der jemanden kannte und man am besten noch ne Auspuffanlage vom Trabi zum Tausch hatte.
Frühstück, nette Überleitung zum nächsten Meilenstein. Hab damals in Thüringen gewohnt, nicht weit von der hessischen Grenze und morgens lief immer das Radio. HR3 Pop und Weck mit Thomas Koschwitz. Da kam immer diese Werbung, man hörte Geräusche.. eine eingeschlagene Fensterscheibe, dann eine Polizeisirene. Am Ende sagte eine Stimme: "Der Commodore 64, so preiswert, dass Klauen kaum lohnt."
Der Vater meiner Mutter, also mein Opa, wohnhaft in Niedersachsen, bekam dann Post und wir später ein Paket. Darin ein C64 und eine Datasette. Weiß gar nicht, wo wir die allerersten Spiele herhatten, gabs ja bei uns nicht, aber zum Raubkopieren reichte ja ein Kassettenrecorder mit Doppelkassettendeck. Später schickte er uns noch 2 Joysticks und ein Floppylaufwerk. Woohoo, der Traum eines 11-12jährigen in den 80ern. Neue Wow-Erlebnisse... Pitstop II ... Autorennen zu zweit per Splitscreen! Ein Wunder, was technisch alles möglich ist. Oder ein Spiel, was verstand, was ich schreibe. "Gehe nach links" ... "Du kommst in einen Raum und siehst einen Eimer, eine Schaufel und einen Wasserhahn." .. "Fülle Eimer mit Wasser." ... "Dein Eimer ist gefüllt mit Wasser." ... Wer braucht schon Grafik.
Manchmal stelle ich mir so vor, wie es gewesen wäre, hätte mich damals ein Zeitreisender besucht.
Zeitreisender:" Schau mal, was wir 2023 so spielen."
tobo:" Wow. Sowas geht?"
Zeitreisender:"Klar. Regen sich aber alle auf, weils nur auf 30FPS läuft."
tobo:" Habt ihr 2023 keine anderen Probleme?"
Einmal sind ein Kumpel und ich 200km mit dem Zug gefahren, den Rucksack voller Pakete mit Disketten, um bei seinem Cousin, der einen C128 hatte, die Spielesammlungen "anzugleichen". Später wurde mir klar, dass damals auch im Westen fleißig raubkopiert wurde. Dass man ner Plattform damit ziemlich schadet, da hat sich irgendwie niemand ne Waffel gemacht. Aber wir im Osten kamen ja gar nicht anders ran. Hab selbst mit meinem Klassenlehrer Spiele "getauscht", nachdem ihn die Westverwandschaft mit einem C64 ausgestattet hatte.
Noch ne schöne Erinnerung an diese Zeit ist "Maniac Mansion". Tagelang zu viert vorm Bildschirm zusammen ein Singleplayer-Spiel spielen... gibts sowas heute eigentlich noch?
Ich hab auch jahrelang geglaubt, ich hätte das Spiel durch, bis ich dann mal im Internet gelesen habe, dass es insgesamt 5 völlig verschiedene Lösungswege gab. Wer dieses Spiel noch nie gespielt hat... absoluter Klassiker. Könnte manchem sicher auch heute noch Spaß machen.
Dann fiel die Mauer und es wurde ein Amiga500 (mit Speichererweiterung auf 1MB Arbeitsspeicher, wenn schon, denn schon). Den hab ich heute noch.
Und dann hatten wir tatsächlich den ersten PC zu Hause. 120MB Festplatte, 4MB Arbeitsspeicher. Ich hülle mal den Mantel des Schweigens darüber... Amiga war cooler.
Dann hats tatsächlich ein paar Jahre gedauert, bis ich eines abends bei dem selben Freund zu Besuch war, mit dem ich als Kind die 200km mitm Zug gefahren bin. Dessen Schwager in spe hatte sich diese kleine graue Konsole gekauft. Meine Besuche dort häuften sich spürbar. Reichte mir bald nicht und ich hatte meine eigene. Schöne Zeit. Gran Turismo, das allererste GTA in der Vogelperspektive, Micro Machines, V-Rally... und irgendwann im Supermarkt... steht da im Playstationregal diese CD-Hülle (die dicke, wo man sah, dass es nicht nur eine CD ist) ich schaute mir die Rückseite an, dachte, klingt ganz interessant, habs gekauft. Ich lege die CD ein, der PS1-Begrüßungssound erklingt und dann kam diese wunderschöne Arpeggio-Folge, ich war schon gefangen, da hatte ich noch nicht mal auf Spiel starten geklickt. Der Rest ist Geschichte, Sonnenlicht habe ich die nächsten Wochen kaum gesehen. Hab sie alle ins Herz geschlossen, waren meine Babys... Tifa, Yuffie, Aerith (in der Version damals noch Aeris), Materia hieß noch Substanz, Jessie war Jesse, die deutsche Übersetzung war... naja. Aber es war großartig.
Das war so mein Weg, bis mich Final Fantasy eingefangen hat, da war ich Mitte 20. Spiele darüber hinaus auch immer noch gern alle möglichen anderen Genres, seit 15 Jahren kam noch recht intensiv Flugsimulation dazu, seit 5 Jahren in VR.
Soooo... und damit komme ich zum eigentlichen Punkt.
Nächstes Jahr werde ich 50.
Vor 35 Jahren waren Leute in dem Alter in meinen Augen eigentlich schon so gut wie tot. Unvorstellbar, dass sich jemand in dem Alter mit so Kinderkram wie Videospielen beschäftigt. Das ist ja nix für erwachsene Leute.
Und nu?
Ich finds immernoch genauso toll wie zum Zeitpunkt meiner ersten Partie PONG als 8jähriger. Es hat sich wirklich überhaupt nix geändert. Die Begeisterung ist da, die Leidenschaft, die Fähigkeit, sich auf ein kommendes angekündigtes Spiel zu freuen. (oder sich über eins zu ärgern ).
Und dann frag ich mich in letzter Zeit öfter mal, ist das normal oder macht man mir die Jacke bald hinten zu?
Wo seht ihr euch mit 50 oder 60 oder 70? Legt ihr den Controller freiwillig weg oder wartet ihr, bis die Motorik versagt? Oder glaubt ihr, dass ihr mit zunehmendem Alter auch einfach keinen Bock mehr drauf haben werdet? Gibts noch andere, denen es da eher so geht wie mir oder bin ich da schon zu sehr Nerd (nur eben mit zunehmend grauen Haaren, aber an denen war FF XV schuld).
Und andere Frage: Was hat euch generell so in die Gamer-ecke verschlagen, gabs da auch diese Schlüsselmomente?
Würde mich alles mal interessieren. Und sei es nur zur Absicherung, dass bei mir trotzdem noch alles normal ist.