- Offizieller Beitrag
Ob Final Fantasy XVI am Ende gut bewertet wird oder nicht, ist zumindest in einer Hinsicht irrelevant. In jedem Fall wird es Fans geben, die es lieben und Fans, die es überhaupt nicht mögen. Und auch wenn Sympathieträger Naoki Yoshida der einzige Mensch ist, dem man es zutrauen würde – er wird es auch nicht ändern können. Final Fantasy XVI wird gerne als das Spiel beschrieben, das die Fan-Gemeinde wieder vereinen könnte. Das klingt nicht nur etwas überbordend, es ist natürlich auch unrealistisch. Es wird kein Final Fantasy mehr geben, das ausnahmslos alle total dufte finden, weil ein neues Final Fantasy inzwischen eine viel zu große Gruppe ansprechen muss.
Aber vielleicht wird Final Fantasy XVI ja trotzdem ein gutes oder sogar sehr gutes Spiel. Um der Antwort auf diese Frage ein Stück näherzukommen, bin ich Ende April nach Hamburg gereist, um Final Fantasy XVI anzuspielen. Man bat darum, darauf hinzuweisen, dass diese Spielversion speziell für die Presse zur Verfügung gestellt wurde und sich noch von der finalen Version unterscheiden könne.
Schon das zweite Mal lud Square Enix zur exklusiven Spiele-Session. Ende Februar durfte Jan in London eine „Battle-Demo“ anspielen. Dabei ging es vor allem um das Kampfsystem und die Esper-Fähigkeiten. Es stand also zu erwarten, dass Square Enix in dieser zweiten Demo einen anderen Schwerpunkt wählen würde, ganz so wie man es auch bei den bisher veröffentlichten Trailern und Präsentationen fährt.
So kam es auch. Drei Stunden lang konnte ich das Spiel spielen – von Anfang an. Der Anfang eines Spiels ist natürlich immens wichtig, für mich auf jeden Fall. „Im zweiten Drittel nimmt die Story dann langsam Fahrt auf“ – nee, dann aber ohne mich. Dafür ist mir meine Zeit zu schade, zumindest habe ich zu wenig davon. Wenn mich ein Spiel nicht innerhalb der ersten zwei, drei Stunden begeistern kann – das muss natürlich nicht über die Handlung geschehen – dann kann ich es in der Regel nicht weiterspielen. Wie also hat es sich bei Final Fantasy XVI verhalten?
Die Antwort und wahrscheinlich auch schon alles, was ihr dazu wissen müsst: Ich wollte unbedingt weiterspielen. Nach drei Stunden Zeit mit dem Spiel, getrieben von der Uhr und der Intention, so viel wie möglich für diesen Text mitnehmen zu wollen, hätte ich ganz leicht noch drei weitere Stunden dranhängen können. Auch ohne die Absicht, später eine Preview dazu zu verfassen. Und jetzt könnt ihr eigentlich schon aufhören, weiterzulesen. Falls ihr noch mehr wissen möchtet, würde ich mich natürlich freuen. Ich werde keine Ereignisse aus der Story verraten, aber die Sensibilität bezüglich Spoilern ist natürlich subjektiv.
Eine sofort spannende Geschichte
In diesen ersten drei Stunden werden viele Charaktere eingeführt, nahezu alle wichtigen kennen wir bereits aus den bisherigen Trailern. Davon, dass die Story erst im zweiten Drittel Fahrt aufnimmt, kann in Final Fantasy XVI gewiss keine Rede sein. Sofort wirft man uns hinein in ein riesiges, weltumfassendes Konstrukt aus Politik, Macht, Intrigen und Emotionen. Welcher Charakter gehört wohin, wer hegt welche Absichten, wem kann man hier vertrauen? Zu Beginn kaum zu durchschauen, aber sofort spannend.
Die Ausgangslage: In Valisthea bricht die Dämmerung herein. Der Äther droht zu versiegen – Naoki Yoshida verglich ihn einst in einem Interview mit dem Öl unserer Welt. Äther ist in Valisthea notwendig, um Magie zu wirken, nicht weniger als die Grundlage des Lebens. Die Fäule greift um sich, macht ganze Landzüge und Länder unbewohnbar und lässt Mutterkristalle erblassen. Es beginnt ein erbitterter Kampf um Ressourcen, dessen Umfang sich in diesen ersten Spielminuten nur erahnen lässt.
Wir befinden uns auf Seiten des Königreichs Rosaria, an dessen Spitze der Großherzog Rosfield steht, und schlüpfen in die Rolle des erstgeborenen Sohnes Clive. Keine schlechte Ausgangslage eigentlich. Aber selbst die, die nicht das Glück hatten, in den Adel geboren worden zu sein, zeigen sich zufrieden. Zumindest hier in Rosaria.
Der Großherzog scheint seine Ländereien vorausschauend und mit sanfter Hand zu führen. Schnell lernen wir auch Clives Geschwister Joshua und Jill kennen, ebenso wie ihre Mutter. Joshua, Clives jüngerer Bruder, ist der Dominus von Phönix. Die Kraft der Esper wird von Generation zu Generation weitergegeben und eigentlich hatte man erwartet, diese immensen Kräfte ruhten in Clive, dem Erstgeborenen. Ob da mehr dahintersteckt, zeigt sich möglicherweise im Spielverlauf.
Andere Dinge zeigen sich klarer: Die „böse Hexe“ ist so einfach auszumachen, dass es fast schon ein wenig plump wirkt und die erste „große Auflösung“ der Story ein wenig darunter leidet – wenn man davon nach drei Spielstunden überhaupt sprechen kann. Allerhand Fragen wirft diese Szene jedenfalls auf, die man gerne beantwortet sehen möchte. Sie bereitet also allemal den Weg für eine hoffentlich spannende Handlung, die wir mit einem Flashback beginnen.
Im Jahre 860 lernen wir den jungen Clive kennen, 13 Jahre bevor die Haupthandlung spielt. Getragen werden die ersten Spielstunden von epischen Kämpfen und vielen Emotionen. Joshua ist so liebenswert, dass mir fast der DualSense unter den Händen weggeschmolzen ist. Ohne zu zögern würde ich ihn mit meinem Leben (zumindest in diesem Spiel) beschützen wollen. Wie praktisch: Clive ist der „Erste Schild“ von Rosaria und damit zuständig für den Schutz des Dominus, bekanntermaßen sein Bruder Joshua.
Die Dinge fügen sich, aber Spaß beiseite: Selten konnte mir ein Spiel in so kurzer Zeit seine Charaktere so sehr nahelegen. Clive sucht an allen Ecken und Enden nach Anerkennung, vor allem innerhalb seiner Familie. Joshua hingegen wird von selbiger förmlich erdrückt. Beide akzeptieren ihre Rolle mit einer Hingabe, dass mir schon nach zwei Stunden fast die ersten Tränchen über die Wange kullerten.
Anschließend beginnt das Spiel in der Gegenwart und die bisherige Inszenierung hatte so viele interessante Cliffhanger, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie jemand nach einer Demo nicht unverzüglich die Vollversion kaufen könnte. Was steckt hinter diesem offensichtlichen Verrat? Wie geht es diesem und jenem Charakter, gibt es ein Wiedersehen? Wer zum Teufel ist die Gestalt im Umhang?
Ein kinoreifer Einstieg … und gespielt wird auch
Ein bisschen leidet die Immersion dann, als man mich nach dem wirklich imposanten Spielbeginn statt in die große Schlacht erstmal in den Stillwind-Marsch schickt. Eine Sumpfgegend, in der einige Goblins ihr Unwesen treiben. Das ist eigentlich keine Aufgabe für einen Königssohn, gefühlt war ich schon mittendrin, die Welt zu retten. Aber, und das konnte man nach dem kinoreifen Einstieg fast vergessen, gespielt wird ja auch noch. Und die Grundlagen der Steuerung müssen verinnerlicht werden. Cleverer Wink: Am Ende dieser Mission präsentiert uns Naoki Yoshida einen der kultigsten Final-Fantasy-Gegner aller Zeiten. Ja, na klar! Die Botschaft: Das hier ist ein Final Fantasy.
Im Zuge dessen eröffnet sich uns auch die Weltkarte. Final Fantasy XVI ist kein Open-World-RPG, das ist hinlänglich bekannt, aber es ist vielleicht auch nicht verkehrt, noch einmal darauf hinzuweisen. Auf der Weltkarte wählt ihr euer nächstes Ziel und wie von Mutterkristall-Hand landet ihr dann im entsprechenden Gebiet. Entweder in den Sümpfen von Stillwind-Marsch oder aber auch im Drillingsschilf.
In dieses Gebiet durften wir uns per vorgespeichertem Spielstand beamen, damit auch bei diesem „Anspiel“-Event noch ein bisschen mehr „gespielt“ wird. Es handelt sich hier um eine großzügige Landschaft, durch die ein Weg zum nächsten Ort führt. Von diesem Weg kann freilich abgewichen werden und das tat ich auch, um die ein oder andere Schatzkiste zu finden, die Natur zu begutachten, eine Nebenaufgabe zu lösen und das Kampfsystem noch ein wenig kennenzulernen.
Schatzkisten gab es und die Natur sah sehr gut aus. In der Ferne wie von der Nähe weiß Final Fantasy XVI optisch zu beeindrucken, da gab es kaum Abstriche. Kein Ruckeln, keine aufploppenden Büsche in der Ferne, grandiose Effekte im Kampf. Die Nebenaufgabe war offensichtlich eine der ersten und eine ziemlich simple Fetch-Quest, die ich mal großzügig nicht als stellvertretend für alle anderen Quests werten möchte. Das fällt also aus der Bewertung. Beim Kampfsystem kann ich euch nichts erklären, was euch Jan nicht schon nach der „Battle-Demo“ erläutert hätte.
Ein schnelles und präzises Kampfsystem
Deshalb gleich zur vorläufigen Beurteilung: Euch erwartet ein schnelles und dynamisches Kampfsystem mit präziser Steuerung, eindrucksvollen Mechanismen wie Kombos und Kontern sowie viel Abwechslung dank der Esper-Attacken. Alles in Echtzeit – auf irgendwelche Menüs oder künstliche Mechaniken zur Verlangsamung des Spielablaufs in falscher Ehrfurcht gegenüber den Traditionen der Serie wird verzichtet.
Ganz oder gar nicht – das kommt dem Kampfsystem und dem angenehm minimalistischen HUD durchaus zugute. Die mir zur Seite gestellten Begleiter haben ihre Sache gut gemacht. Mit solchen KI-Mitstreitern ist es ja oft wie mit dem Schiedsrichter in einem Fußballspiel: Wenn man ihn nicht bemerkt hat, war er gut. Torgal kann man einige Kommandos geben und das ist in brenzligen Situationen hilfreich, den Großteil meiner knappen Spielzeit wirkte es aber optional.
Ich war längst nicht an einem Punkt, an dem sich mir alle Möglichkeiten des Kampfsystems eröffnet hätten. Für meinen Geschmack zogen sich einige normale Kämpfe ein wenig, aber das kann durchaus daran liegen, dass ich in der Kürze der Zeit noch nicht alle Variablen verinnerlicht hatte. Das Wichtigste: Die Kämpfe haben großen Spaß gemacht und ich kann es nicht erwarten, meine Fähigkeiten auszubauen, meine Ausrüstung anzupassen und noch mehr Esper-Fertigkeiten nutzen zu können.
Sprachausgabe und Musik à la bonne heure
Apropos anpassen: Square Enix spendiert Final Fantasy XVI eine vollständige deutsche Sprachausgabe, die ich euch guten Gewissens ans Herz legen kann. In den ersten Spielstunden stechen hier ganz besonders Kaya Marie Möller (Benedikta Harman) sowie Gianluca Calafato (Joshua) und Vincent Fallow (Clive) heraus. Vincent Fallow, für den es nach eigener Aussage keine größere Rolle mehr geben wird als jene des Clive, nahm übrigens den DualSense mit in das Studio, um bei Aufnahmen für das Kampfgeschehen ein besseres Gefühl zu haben. Das Herzblut, das Fallow in diese Arbeit steckt, trieft förmlich aus seiner Kehle heraus. Erneut bekomme ich Gänsehaut – wie schon im Revenge-Trailer – als Clive in einer verheerenden Situation nach seinem jüngeren Bruder schreit. Dabei hilft natürlich auch die imposante Inszenierung, nicht nur in diesem Augenblick.
Unbedingt hervorhebenswert: Musikalisch lässt Final Fantasy XVI offensichtlich keine Wünsche offen. Masayoshi Soken leistet ganze Arbeit. Die Zwischensequenzen sind grandios unterlegt und besonders imponiert hat mir ein eingängiges Lied, das wohl als Volkslied in Rosaria dient und das die Truppe von Clive nach einem erfolgreichen Kampf mit Inbrunst singt – vollständig deutschsprachig lokalisiert. Das macht Spaß. Für mich ein kleines Zeichen, dass man hier nicht nur eine Welt erschaffen möchte, sondern auch eine lebendige, immersive Welt. Ich kann mich irren, aber ich glaube, daran hat Koji Fox einen großen Anteil.
Auch im Hideout gibt es einen Barden, der in bester Skyrim-Manier trällert, doch leider konnte ich den in der Kürze der Zeit nicht mehr konsultieren. Ich freue mich darauf, die mittelalterliche Jukebox im Hideout auszuprobieren!
Zelda: Tears of the Kingdom hat der ganz großen Vorfreude auf Final Fantasy XVI gefühlt ein wenig den Wind aus den Segeln genommen und die Aufmerksamkeiten gelenkt. Ein Umstand, den auch Naoki Yoshida hat kommen sehen. Gelächter im Raum, als er die Anwesenden nach einer Präsentation darum bat, den Bericht zum Preview zu Final Fantasy XVI nach der Veröffentlichung von Tears of the Kingdom nicht zu vergessen. Er wisse, dass wir es alle spielen würden. Aber bisher deutet alles darauf hin, dass Final Fantasy XVI jede Aufmerksamkeit verdient hat, wenn es am 22. Juni erscheint.
Dafür dürfte auch noch die Demo sorgen, die bald zur Verfügung stehen soll. Ich kann mich gut daran erinnern, dass Naoki Yoshida in einem früheren Interview vom Dilemma erzählte, die richtige Demo auszusuchen. Nachdem Jan die „Battle-Demo“ im Februar gespielt hat und ich im April die ersten Spielstunden, kann ich das durchaus nachvollziehen. Beide Demos waren auf ihre Weise interessant, hielten aber auch wesentliche Elemente außen vor. Aber so oder so, weiterspielen wollten wir beide.
Final Fantasy XVIelversprechend
Final Fantasy XVI verspricht eine imposante und grandios erzählte Story zu bieten, das deutet sich nach drei Spielstunden jedenfalls an. Etwas, für das die Serie steht, aber was den letzten Hauptspielen durchaus abging. Mitunter waren die Geschichten sogar schlicht unvollständig – liebe Grüße, Final Fantasy XV.
Das Kampfsystem ist actionreich und dynamisch. Das mag nicht jedem Final-Fantasy-Fan gefallen, aber es tut Final Fantasy XVI gewiss gut, dass man sich festgelegt hat und nicht krampfhaft versucht, die beliebtesten Elemente aus alten und modernen Systemen zu vereinen. Natürlich, man hat sich auch die populärste aller Möglichkeiten ausgesucht, das gehört auch zur Wahrheit, macht das Action-Kampfsystem aber nicht schlechter.
Optisch, bei der musikalischen Untermalung und Inszenierung gibt es kaum bis keine Abstriche. Eine glückliche Fügung, dass die PlayStation 5 termingerecht flächendeckend verfügbar ist. Denn es sieht danach aus, als würdet ihr spätestens am 22. Juni eine brauchen!
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