Im Test! Atomic Heart

  • Titel Atomic Heart
    Japan 21. Februar 2023
    4Divinity
    Nordamerika 21. Februar 2023
    Focus Entertainment
    Europa 21. Februar 2023
    Focus Entertainment
    System PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S, PC
    Getestet für PC
    Entwickler Mundfish
    Genres Ego-Shooter, Action-Rollenspiel
    Texte
    Deutschland Nordamerika Japan
    Vertonung Deutschland Nordamerika

    Eine der größeren Kontroversen, die in letzter Zeit die Gamingbranche erschüttert hat, betraf Mundfishs Atomic Heart. Die Verbindungen zum Ukrainekrieg haben die Spielerschaft polarisiert und viele entscheiden sich deshalb dafür, den Titel nicht zu kaufen.

    In einem separaten Artikel haben wir die ganze Hintergrundgeschichte für euch beleuchtet. Doch trotzdem wollen wir für diejenigen, die mit dem Kauf des Spiels zögern, einen Test bieten, der sich nur mit dem Spiel als solches beschäftigt. Deshalb haben wir für euch in diesem Artikel zusammengefasst, wie es qualitativ um Atomic Heart steht.

    Unsympathischer geht es kaum

    Atomic Heart spielt in einer alternativen Zeitlinie. Die Sowjetunion hat mithilfe von Robotern den Zweiten Weltkrieg gewonnen und die Menschen in diesem Land leben nun in Saus und Braus. Der Anfang des Spiels wirkt wie ein Propagandafilm, da er die Sowjetunion von seiner besten Seite zeigt.

    »Der Anfang des Spiels wirkt wie ein Propagandafilm.«

    Im weiteren Spielverlauf gibt es beispielsweise eine Ausstellung, die mit einem Zeitstrahl zeigt, was die Sowjetunion für Meilensteine erreicht hat. Das Ganze wirkt mit dem aktuellen Hintergrund äußerst befremdlich.

    Doch eines Tages drehen die Roboter plötzlich durch und eine Art Apokalypse beginnt. Da die Roboter in vielen Lebensbereichen eingesetzt wurden, scheint es unendlich viele von ihnen zu geben, egal, wohin wir uns bewegen. Schleichen ist so nicht möglich, oft bleibt nur die „Hau drauf“-Methode.

    Es wirkt befremdlich.

    Obwohl die Sowjetunion am Anfang so glorifiziert wird, kommt mit der Zeit immer mehr heraus, dass es hinter den Kulissen überhaupt nicht rosig aussieht. Der Mentor von Protagonist Sergei Netschajew stellt sich nämlich als Übeltäter heraus. So erleben wir mit der Zeit, dass doch nicht alles Gold in der Sowjetunion ist, was glänzt.

    Die Story hat mich zudem am Anfang gefesselt, doch sie hat für mich stark nachgelassen. Irgendwann habe ich nicht mehr durchgeblickt, wer wer ist, da die Personen nicht genug Raum haben und auch nicht wirklich vorgestellt werden.

    Schwierige Themen auch nach dem Start

    Doch ich muss sagen: Mir war ein Protagonist selten so unsympathisch wie Sergei. Er hat wirklich an allem etwas zu meckern und lässt bei jeder Gelegenheit sein Bad-Boy-Image raus. Ich konnte mich mit einem Protagonisten noch nie weniger identifizieren.

    Und seine Attitüde schlägt in vielen Formen auf das gesamte Spiel durch. Das Spiel zeigt deutlich, dass es gerne ein Bad-Boy-Image hätte. Dazu trägt nicht nur der notgeile Automat bei, bei dem wir unsere Ausrüstung craften und verdiente Erfahrungspunkte in Fähigkeiten umwandeln können.

    Es gibt in der Welt viele verstörende Details, die sowohl rassistisch als auch frauenfeindlich sind. Viele Plakate, die überall im Spiel verteilt sind, haben immer noch das Mindset von vor 80 Jahren. Ein Plakat beschreibt beispielsweise, dass Frauen im werten Zuhause für das Wohlbefinden des Mannes zu sorgen haben.

    Auch die Darstellung mancher Roboter wirkt eher so, als handele es sich dabei um Sexroboter. Eine Variante mit männlichen Geschlechtsmerkmalen sucht man hingegen vergebens. Diese Punkte führten bei mir dazu, dass ich mit zunehmender Zeit den Spaß am Spiel verlor.

    Abseits der Details ein Fest für Augen und Ohren

    »Die Texturen sind gestochen scharf.«

    Doch was ich dem Spiel zugutehalten muss: Es ist wirklich wunderschön. Die Reflexionen an Oberflächen spiegeln Licht und Schatten detailgetreu wider und die Texturen sind gestochen scharf. Es macht wirklich Spaß, sich in Atomic Heart umzusehen, da durch die wunderschöne Grafik ein starkes Gefühl von Immersion erzeugt wird.

    Auch für die Ohren gibt es einen bombastischen Soundtrack. Ein Bossgegner hat mir beispielsweise einen Heavy-Metal-Song entgegengeschleudert, der gut zum Kampf gepasst hatte. So hatte ich eher weniger Spaß mit dem Gameplay, sondern mich viel mehr am Soundtrack erfreut.

    Frustrierendes Gameplay mit Lichtblicken

    Ich kann Atomic Heart nicht vorwerfen, dass es monoton sei. Die Roboterkämpfe werden zwar mit der Zeit immer gleich, doch die Passagen dazwischen sind voll von abwechslungsreichen Rätseln und Passagen, dass ich die Roboterkämpfe verzeihen kann.

    In einer Passage finden wir uns plötzlich in einer Art Super-Mario-Level wieder, in dem wir Äpfel wie Münzen sammeln können. In einer anderen müssen wir die Ventile von Tanks drehen, um die darin umherschwimmenden Kühe für die Herstellung einer Substanz zu nutzen.

    Allerdings gibt es einige Passagen, die mir jeglichen Nerv geraubt haben. Sobald es um Geschicklichkeit geht, scheint Major Sergei plötzlich die Kraft zu verlieren. Mir ist es des Öfteren passiert, dass ich bei Platforming-Passagen runtergefallen bin, weil Sergei nicht richtig gegriffen hat und somit einen weiten Weg erneut zurücklegen musste.

    Ich wusste außerdem oft nicht, ob ich auf dem richtigen Weg bin, weil ich an Kanten hängengeblieben bin oder Treppen nicht hinaufkam. Die Markierung, die anzeigt, wo ich als nächstes hin muss, ist dabei oft keine Hilfe. Sie zeigt einen Punkt in weiter Ferne an oder fehlt teilweise sogar komplett, sodass viele Passagen in Trial and Error enden. Ihr denkt, eine Karte könnte helfen? Pustekuchen, die ist ebenso unnütz.

    Erinnert an Super Mario.

    Ein weiterer nerviger Fakt ist, dass die Roboter zufällig respawnen. Es ist kein klares Muster zu erkennen, wann die Roboter erneut auftauchen, wenn ihr einen bereits besuchten Raum wieder betretet.

    Doch sollte eine nervige Passage überstanden sein, wartet meist sofort ein Speicherpunkt. Die Rückzugsräume, in denen wir speichern können, sind wirklich fair gesetzt, sodass wir eine einmal bestandene Herausforderung kein zweites Mal absolvieren müssen.

    Viele Fähigkeiten und Waffen, aber kaum Unterschiede

    Es gibt eine Vielzahl von Waffen, die wir craften und verbessern können. Doch im Grunde gibt es nur wenige Waffenarten, von denen sich die einzelnen Modelle nur minimal in Feuergeschwindigkeit und Distanz unterscheiden.

    Es gibt beispielsweise zahlreiche Nahkampfwaffen, die sich alle nur im Schaden und der Schnelligkeit unterscheiden. Andere Waffengattungen sind Fernkampfwaffen und Elektro-Waffen. Es ist außerdem blöd, dass uns die Waffen plus die jeweilige Munition Plätze im Inventar kosten, weshalb wir gut überlegen müssen, welche wir mitnehmen.

    Auch bei den Fähigkeiten hätte ich mir mehr Varianz gewünscht. Wir können einen Schild um uns herum erzeugen, mit einem Frost- oder Polymerstrahl schießen und unsere kinetischen Kräfte einsetzen. Doch bei dem oft gesetzten Vergleich mit BioShock stimme ich nur teilweise zu, da die Fähigkeiten hier abwechslungsreicher und kreativer sind als in Atomic Heart.

    Die einzige Fähigkeit, die ich gerne genutzt habe, ist der Elektroschock. Damit konnte ich unter Robotergegnern guten Schaden verteilen und er war auch abseits der Kämpfe nützlich, um Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

    Auch abseits der Kontroversen nur bedingt einen Blick wert

    Ich habe mich im Vorfeld total auf Atomic Heart gefreut. Der BioShock-Vibe und das fantastische Aussehen haben im Vorfeld viel versprochen. Doch hinter der Fassade ist Atomic Heart nur ein durchschnittliches Spiel.

    Abgesehen von den abwechslungsreichen Passagen, die mich des Öfteren zum Schmunzeln brachten, gibt es neben der Optik und dem Soundtrack keinen Aspekt, den ich bei Atomic Heart besonders hervorheben würde.

    Dementsprechend würde ich Atomic Heart nur denjenigen empfehlen, die riesiger Fan von BioShock waren und auch mit einer abgespeckteren Sowjetunion-Version leben können.

    Story

    Die Roboter in der Sowjetunion laufen Amok und es liegt an uns, herauszufinden, was für gierige Machenschaften dahinterstecken.

    Gameplay

    Eine Mischung aus Ballern und Rätsel lösen. Schleichpassagen werden angedeutet, sind praktisch aber nicht möglich.

    Grafik

    Ein wirklich wunderschönes Spiel, dass aussieht, als sei es frisch aus dem Ei gepellt.

    Sound

    Abwechslungsreicher Soundtrack, der mir den Spaß an Kämpfen gegeben hat.

    Sonstiges

    Ich geh dann mal zurück an den Herd und koche meinem Gatten seine wohlverdiente Mahlzeit.

    Bildmaterial: Atomic Heart, Focus Entertainment, Mundfish

  • Der Test bestätigt meinen Ausgangsverdacht: Ein eher mittelmäßiges Ballerspiel, das ohne die begleitenden Kontroversen wahrscheinlich nie in den Fokus der breiten Masse geraten wäre. Doch durch die aus bekannten Gründen wochenlange Berichterstattung ist es zu zweifelhafter Berühmtheit gelangt - ganz ähnlich verhielt es sich seinerzeit mit Varg Vikernes.
    Mich animiert an dem Titel nach wie vor nichts zum Kauf.

    "Death and Loss - those calling to me
    Funeral Life is my endless Agony"
    (F. Blanc)

    Einmal editiert, zuletzt von Kelesis ()