Titel | Resident Evil 4 |
24. März 2023 | |
Capcom | |
24. März 2023 | |
Capcom | |
24. März 2023 | |
Capcom | |
System | PlayStation 5, PlayStation 4, Xbox Series, PCs |
Getestet für | PlayStation 5 |
Entwickler | Capcom |
Genres | Action-Adventure, Survival-Horror |
Texte | |
Vertonung |
Shinji Mikami dürfte so ziemlich allen Horrorspiel-EnthusiastInnen ein Begriff sein. Immerhin hinterließ die Branchengröße gleich zweimal einen dicken Fußabdruck in der Videospielgeschichte.
Nachdem er die ikonische Horror-Serie Resident Evil in den 90er-Jahren aus der Taufe hob, führte er 2005 auch den mutigen Neuanstrich an, als der Glanz der Reihe so langsam abzublättern drohte.
Das Ergebnis war Resident Evil 4, das bis heute – zu Recht – nicht nur als Meisterwerk des Horror-Genres, sondern gar als Meilenstein der Videospielgeschichte gilt. Das liegt nicht zuletzt am – seinerzeit besonders frischen – Wechsel von starren, vorgerechneten Hintergründen und behäbigem Gameplay zu flotter, aktiver 3D-Horror-Action.
An diesem Rezept bedienten sich im Folgenden dann diverse andere Genre-Vertreter, aber auch im eigenen Hause kehrte man erst kürzlich zum bewährten Konzept zurück.
Mit den Remakes zu Resident Evil 2 und 3 erfüllte Capcom nämlich einen lauten, nostalgischen Wunsch der Fans. Und hievte so die Horror-Klassiker – im Falle von Teil 2 herausragend und im Falle von Teil 3 zumindest grundsolide – in die Moderne.
Nun winkt also auch dem ikonischen vierten Teil der Serie die RE-Engine-Generalüberholung. Aber bedarf Resident Evil 4 überhaupt einer solchen Frischzellenkur? Das findet ihr im folgenden Test heraus.
Vom Grünschnabel zum Regierungsagenten
Resident Evil 4 lässt uns einmal mehr in die Rolle von Leon S. Kennedy schlüpfen. Sechs Jahre sind seit den grausigen Geschehnissen von Resident Evil 2 ins Land gegangen – und die wären eigentlich Grund genug gewesen, den kürzlich angetretenen Polizeidienst auch gleich wieder an den Nagel zu hängen. Das sah unser Protagonist aber offensichtlich anders und mauserte sich in den Jahren vom einstigen RPD-Grünschnabel zum waschechten Regierungsagenten.
Die Schrecken der Vergangenheit noch gar nicht so richtig verdaut, blickt er nun – beauftragt vom US-Präsidenten persönlich – seiner nächsten Mission hingegen. Die Präsidententochter Ashley Graham wird nämlich vermisst und ihre letzte Spur führt in ein abgelegenes Dorf in Europa. Unsere Mission: „Baby Eagle“ ausfindig machen und wieder munter nach Hause bringen.
Kaum vor Ort merken wir allerdings schnell, dass die geplante Rettungsmission kein Spaziergang wird. Immerhin empfangen uns die Dorfbewohner weniger mit freundlichen Grüßen als vielmehr mit Heugabeln und Fackeln. Na klasse.
Ich rate euch also: Haltet vorsichtshalber den einen oder anderen Wechselschlüpfer bereit. Der fiese Empfang markiert nämlich lediglich den Start einer alptraumhaften Achterbahnfahrt, die uns in den folgenden Stunden mit allerhand Terror, Grusel, Action und jeder Menge Spaß konfrontiert.
Alter Terror neu gedacht
Habt ihr bereits Leons traumatischen Berufseinstieg im Remake von Resident Evil 2 erlebt, werdet ihr euch auch in der Neuauflage des ikonischen vierten Teils schnell zuhause fühlen. Spielmechanisch orientiert sich Resident Evil 4 nämlich stark an Leons revitalisiertem ersten Abenteuer.
Das bedeutet vor allem, dass wir auf unserer Mission – bei der wir Leon aus der Schulter-Perspektive begleiten – deutlich mehr Bewegungsfreiheit genießen als etwa im Original oder vergleichbaren Serienablegern. Die ist aber auch bitter nötig, konfrontiert uns Resident Evil 4 doch mit zahlreichen aggressiven Schergen, die uns noch ein ganzes Stück beherzter ans Leder wollen als noch im Jahr 2005.
Wie praktisch also, dass wir – fast 20 Jahre später – nicht nur auf die bewährte Ausrüstung, sondern zusätzlich auf eine Handvoll neue Tricks und Gadgets zurückgreifen können. Allem voran zeigt sich Protagonist Leon nun deutlich versierter im Umgang mit seinem Messer. Dieses nutzen wir nämlich regelmäßig, um eingehende Angriffe zu parieren und im Folgenden zu bestrafen. Außerdem schleichen wir uns nun optional an Gegnern vorbei, oder fallen ihnen in den Rücken.
Letzteres findet allerdings seltener Anwendung. Viel häufiger sehen wir uns größeren Gruppen an Feinden gegenüber, die uns koordiniert an den Kragen wollen. Dann weiß der Puls auch zuverlässig in die Höhe zu klettern – gerade, weil sich die infizierten Fieslinge ziemlich flink präsentieren. In diesen stressvollen Momenten den Einsatz begrenzter Ressourcen abzuwägen und schnelle Entscheidungen zu treffen, gestaltet sich so befriedigend wie eh und je.
Aber: Ist der Gegnerauflauf im Zuge bestimmter Sequenzen besonders groß, können wir uns schon mal überfordert fühlen. Zumal Leon noch immer eine leichte Trägheit mit sich bringt, auch wenn er um ein Vielfaches agiler ist als im Original. Nach einigen Stunden an seiner Seite ist die Steuerung aber so weit verinnerlicht, dass wir auch den fiesesten Schergen kompetent trotzen.
Zwischen Déjà-vus und frischen Ideen
Die größte Inspiration zieht Resident Evil 4 aber selbstverständlich aus dem gleichnamigen Original. So viel schon mal vorweg: Das Remake bedient so ziemlich jede denkwürdige Sequenz aus dem Horror-Klassiker und findet dabei regelmäßig neue Ansätze und Kniffe, um altbekannte – und bewährte – Momente nicht nur in schickem, neuen Grafikkleid zu präsentieren, sondern gar in gänzlich neuer Form erstrahlen zu lassen.
Das resultiert – gerade für KennerInnen des Originals – in zahlreichen bemerkenswerten Aha-Erlebnissen. Wir fühlen uns nämlich durchweg an Passagen der Vorlage erinnert, hinterfragen unsere vertrauten Gefühle jedoch, wenn sich neu arrangierte Sequenzen zugleich wie wohlige Déjà-vus und gänzlich neue Passagen anfühlen.
Und die Änderungen sind dabei nicht reiner Selbstzweck. Im Gegenteil: Ganz so, wie von dem Team hinter dem Remake intendiert, schnappt sich Resident Evil 4 die gelungene Vorlage und modernisiert sie sinnvoll, wo nötig. Angestaubte Konzepte, wie die Implementierung von Quick-Time-Events, wandern folgerichtig nahezu ausnahmslos in die Tonne; bewährte Sequenzen werden eindrucksvoll herausgeputzt oder gar neu interpretiert; und zeitlose Passagen bleiben – getreu dem Motto: „If it ain’t broken, don’t fix it“ – nahezu unangetastet.
Außerdem nutzte das Team die emsigen Modernisierungsarbeiten, um nochmal gehörig am Gruselregler zu drehen. Neben allerhand fiesem Terror erwarten uns im Remake nämlich diverse frische Horror-Momente, die vor allem von der dicht-düsteren Atmosphäre der Neuauflage profitieren.
Stichwort „düstere Atmosphäre“: Die spiegelt sich auch im Umgang mit der Handlung wider. Diese präsentiert sich nämlich deutlich ernster, wenngleich nicht auf den augenzwinkernden Humor der Marke „Bingo“ aus dem Original verzichtet wird. So gelingt der Aufbau einer äußerst stimmigen Rahmenhandlung, die nicht zuletzt die eine oder andere Überraschung bereithält.
Vielbeschäftigt im Horror-Dorf
Auch außerhalb der actionreichen Geschichte drehte das Team an diversen Stellschrauben. Besuchen wir etwa den vermummten Händler, begrüßt er uns – wie gewohnt – mit einem satten Waffensortiment und frechen Mundwerk. Hier tauschen wir unsere hart verdienten Pesetas gegen nützliche Ausrüstung ein, werten unsere Waffen auf und reparieren bei Bedarf unser Messer.
Ja richtig – den Preis für die frische Vielseitigkeit unseres treuen Werkzeugs bezahlen wir mit dem Verlust seiner Unzerstörbarkeit. Wird das Geld knapp, bieten wir gefundene Juwelen und Wertgegenstände zum Verkauf an, die wir aber auch wahlweise – noch freier als im Original – zu edleren Schätzen kombinieren können.
Die Spinells aus der Vorlage werden übrigens nicht mehr verkauft, sondern als eigene Währung gegen spezielle Ausrüstung eingetauscht. Entsprechend anstrengender fällt aber auch ihre Beschaffung aus. Eine Sammlung neuer Nebenaufgaben versorgt uns mit den wertvollen Steinchen – vorausgesetzt wir leisten unseren Soll. Von dem Zerstören blauer Medaillons über die Beschaffung eines goldenen Eis bis hin zu erheblich anspruchsvolleren Aufgaben, die wir hier nicht verraten möchten – die Nebenaktivitäten präsentieren sich im Remake deutlich umfangreicher.
Mit den erkämpften Juwelen finanzieren wir dann praktische neue Ausrüstung, die wir in unserem Koffer verstauen. Stichwort „Koffer“: An seiner alten Pracht hat sich nichts verändert. Noch immer sortieren wir unsere Ausrüstung ganz nach persönlicher Vorstellung oder nutzen die Funktion zur automatischen Ordnung, wenn uns das Sortieren zu blöd wird. Außerdem lässt sich der Koffer nun mit Anhängern bestücken, die uns mit zusätzlichen passiven Effekten unterstützen.
Leon, help?
Aber zurück zu unserer Mission. Denken Fans des Originals an Ashley, wird ihnen zwangsläufig das ins Hirn gebrannte „Leon, heeeelp!“ in den Ohren klingeln. Der sich immerzu wiederholende Ausruf der Präsidententochter, wenn Feinde im Original nach ihr schnappten, avancierte im Laufe der Jahre zum Meme und Sinnbild für die anstrengende Eskorte des unbeholfenen „Baby Eagle“.
Nur verständlich also, wenn man sich fragt, wie das Remake mit dieser nervlichen Strapaze umgeht. Nun, solltet ihr hoffen, dass sich Ashley – im Zuge der Neuauflage – plötzlich als kampfversierte Partnerin präsentiert, muss ich euch enttäuschen. Wir beschützen natürlich auch weiterhin eine junge Präsidententochter, die mit kämpferischen Handlungen – und von Parasiten befallenen Monstern – erwartungsgemäß wenig am Hut hat.
Aber keine Sorge: Die Eskorte unserer VIP-Begleitung fällt im Remake deutlich angenehmer aus. Allein schon, weil wir nicht mehr auf eine zweite Lebensleiste Acht geben müssen. Stattdessen geht Ashley in einen angeschlagenen Status über, wenn sie starke Treffer einstecken muss. In diesen Fällen eilen wir zu ihr und helfen ihr mit einem Knopfdruck wieder auf die Beine.
Im besten Falle sorgen wir aber für die Unversehrtheit der Präsidententochter. Dazu können wir ihr befehlen, nah bei uns zu bleiben – etwa, wenn es gilt, flott an Feinden vorbeizueilen. Oder aber wir bitten um Distanz, wenn wir uns zum Kampf entschließen.
Während die Befehle grundsätzlich ihren Zweck erfüllen, lässt Ashleys KI allerdings auch im Remake sporadisch zu wünschen übrig. Wir schießen etwa noch immer regelmäßig Feinden in die Knie, wenn sie sich unsere Begleitung über die Schulter werfen und hoffen, dass Ashley keinen unglücklichen Hieb erleidet.
Der Horror-Klassiker modern inszeniert
Aber hey: In jedem Fall weiß sich Ashley nun – auch außerhalb von Notsituationen – deutlich umfangreicher auszudrücken. Sowohl in neuen Zwischensequenzen als auch im Zuge gelegentlicher Einschübe während des Spiels präsentiert sich unsere Begleitung mit deutlich komplexerem Charakter.
Eine Beobachtung, die sich auf die meisten anderen Figuren ausdehnen lässt. Die Interaktionen zwischen Leon und diversen anderen Charakteren – wie Luis und Ada – wirken schlicht runder.
Das ist sicher das Ergebnis eines feinfühligeren Skripts, nicht zuletzt aber ebenso der tollen Inszenierung geschuldet, die sich durch das gesamte Spiel zieht.
Seien es die Panik verursachenden Terror-Sequenzen, furchteinflößenden Horror-Momente oder aber auch, wenn ruhigere Klänge angeschlagen werden – Resident Evil 4 präsentiert sich inszenatorisch hervorragend. Und zwar über die gesamte Laufzeit von stolzen 18–25 Stunden hinweg.
Die meiste Zeit geht es dabei natürlich actionreich zur Sache. Hier tragen dann vor allem ein gelungenes Waffengefühl und exzellentes Trefferfeedback zur Immersion bei – vorbildlich unterstützt durch das haptische Feedback und die adaptiven Trigger des DualSense-Controllers.
Eine schaurig-schöne Augenweide
Bleibt noch zu klären, wie sich Resident Evil 4 technisch anstellt. Die kurze Antwort vorweg: ganz großartig. Visuell begeistert die Neuauflage mit fantastischen Schauwerten und einer dichten Atmosphäre. Die detailverliebten Kulissen – wie das schäbig-schöne Dorf-Setting oder die schaurigen Gemäuer des Schlosses – erinnern an damals und verzaubern gleichzeitig mit ihrer neu interpretierten Ästhetik.
Auch die Figurenmodelle wurden durchweg überarbeitet und begeistern mit tollen neuen Designs, ohne zu weit von der Vorlage abzuweichen. Das lässt dann auch die eine oder andere starre (Gesichts-)Animation leicht verschmerzen.
Übrigens wählen wir in der PlayStation-5-Version zwischen einem Auflösungsmodus und einem Performance-Modus, der – bis aus kleinste Ausnahmen – stabile 60 FPS liefert. Zusätzlich steht uns die Möglichkeit offen, eine Ray-Tracing-Option zuzuschalten.
Auch in Sachen Accessibility bietet Resident Evil 4 diverse Optionen. Diese reichen zwar nicht an die vorbildlich kleinteiligen Anpassungsmöglichkeiten eines God of War oder The Last of Us Part II heran, versorgen uns aber mit Voreinstellungen sowohl zur visuellen und akustischen Barrierefreiheit als auch für SpielerInnen, die zu „motion sickness“ tendieren.
Ist euch der Terror von Resident Evil 4 etwas zu anstrengend, steht euch zudem der assistierte Schwierigkeitsgrad zur Verfügung. Dieser greift euch etwas unter die Arme – etwa durch Hinzunahme einer Zielhilfe.
Pulstreibender Horror für die Ohren
Auch auf auditiver Ebene macht Resident Evil 4 eine tolle Figur. Die dichte Atmosphäre der Neuauflage wird nämlich auf herausragende Art akustisch untermalt. Von der stets passenden, unheilvollen Soundkulisse; über die fernen Flüche der Dorfbewohner; bis zum hämmernden Score in den schaurigen Action-Sequenzen – Resident Evil 4 lässt uns – auch ohne hinzusehen – das Blut in den Adern gefrieren.
Der tolle auditive Eindruck wird von einer durchweg gelungenen Synchronarbeit unterstrichen. Sowohl die englische als auch deutsche Sprecherriege begeistert hier mit einem enthusiastischen Spiel.
Positiv hervorzuheben ist zudem die starke Lokalisation. Resident Evil 4 bietet zahlreiche Sprachoptionen – sowohl im geschriebenen als auch gesprochenen Text. Die getesteten englischsprachigen und deutschen Texte machten hier einen durchweg gelungenen Eindruck.
Der Horror-Meilenstein besser denn je
Mit Resident Evil 4 verschoben Shinji Mikami und sein Team seinerzeit nicht nur die Grenzen der beliebten Horror-Serie. Der mutige Neuanstrich inspirierte auch diverse Genre-Vertreter, die in Zukunft noch folgen sollten, und verdiente sich damit den Status eines waschechten Horror-Meisterwerks.
Selbst heute gilt Resident Evil 4 noch zu Recht als Meilenstein der Videospielgeschichte, sodass man sich zu Recht fragen darf, ob ein Remake überhaupt notwendig war. In einem ersten Impuls hätte ich wohl auch eher anderen Ablegern der Serie den Vortritt gegönnt. Jetzt aber, wo es da ist, möchte ich das Remake von Resident Evil 4 nicht mehr missen.
Capcom bewies bereits mit den Neuauflagen zu Resident Evil 1, 2 und 3 ein echtes Händchen für die Revitalisierung bewährter Titel. Mit Resident Evil 4 zementiert es diesen Ruf und liefert quasi die nächste große Messlatte für die Entwicklung von Remakes.
Resident Evil 4 modernisiert nämlich feinfühlig genau dort, wo es nötig ist; wirft betagte Sequenzen und Mechaniken konsequent über Bord; und ergänzt das ikonische Horror-Abenteuer um kreative neue Ansätze und Ideen.
Im Ergebnis setzt Capcom seinem – ohnehin schon herausragenden – Horror-Klassiker so noch die Krone auf. Horror-affinen Neulingen sei Leons ikonisches Abenteuer also sehr ans Herz gelegt und auch KennerInnen des Originals greifen bedenkenlos zu. Immerhin erwartet auch sie eine fantastische Spielerfahrung, die gelungen mit den eigenen Erwartungen spielt, gleichermaßen in wohligen Erinnerungen schwelgen und freudig in die Zukunft der Serie blicken lässt.
Story
Gameplay
Grafik
Sound
Sonstiges
Bildmaterial: Resident Evil 4, Capcom