Angespielt! Like a Dragon: Ishin

  • Die Yakuza-Serie ist schon immer eng mit unserer Welt verwoben. Yakuza-Fans wissen natürlich, dass Kamurocho eine Nachbildung des Bezirks Kabukicho aus Tokyo ist. Aber selbst, wenn man sich dafür nicht die Bohne interessiert, wird man jede Menge Spaß mit den Yakuza-Spielen haben.

    Aber was ist wohl mit einem Videospiel, das in der chaotischen Bakumatsu-Epoche spielt, in den letzten Jahren der japanischen Edo-Zeit? Um 1860 herum. Ihr schlüpft in die Rolle der historischen Figur des Sakamoto Ryōma. Das klingt weniger zugänglich. Dachte man vielleicht auch bei Sega und hielt das 2014 in Japan veröffentlichte Yakuza Ishin! bis heute zurück.

    Es war allerdings auch die Zeit der Samurai und der Erfolg von Spielen wie Ghost of Tsushima, Nioh und Sekiro hat zum Umdenken bei Sega geführt. „Wir haben gesehen, wie gut Ghost of Tsushima gelaufen ist und dass es sich um ein sehr japanisches Setting handelte, das von Amerikanern gemacht wurde, und das hat uns zuversichtlich gemacht, dass Ishin auch in Amerika gut laufen könnte“, verriet Executive Producer Masayoshi Yokoyama im September Fanbyte. Sicher ist es auch eine Kombination daraus und aus dem zunehmenden Erfolg von der Yakuza-Serie überhaupt, die nach enormen Anstrengungen seitens Sega endlich gebührend im Westen angekommen ist.

    Jetzt jedenfalls erscheint Yakuza Ishin! als waschechtes Remake am 21. Februar 2023 als Like a Dragon: Ishin! endlich in unseren Gefilden. Nachdem die Serie jahrelang auf dem sympathischen Kazuma Kiryu aufgebaut hatte, wechselte man mit Yakuza: Like a Dragon den Protagonisten, der jetzt Ichiban Kasuga heißt. Diesen großen Umschwung wollte man wohl auch in der Namensgebung der Spiele berücksichtigen.

    Drei Stunden mit Like a Dragon: Ishin

    Wir sind der Einladung von Sega gefolgt und haben Like a Dragon: Ishin! in Berlin drei Stunden lang angespielt. Unsere Eindrücke beziehen sich dabei ausschließlich auf das dritte Kapitel. Wir konnten also nur einen sehr überschaubaren Teil der Story anspielen, aber haben viel von der Spielwelt gesehen, die sich in diesem Kapitel öffnet.

    Doch fangen wir vorne an. Ganz konkret beginnt die Geschichte im Jahr 1867 in der besagten Bakumatsu-Epoche, die von vielen politischen Unruhen und vom Handeln eines gewissen Sakamoto Ryōma geprägt ist. Den gab es nämlich wirklich, auch wenn er in Like a Dragon: Ishin! aussieht wie Kazuma Kiryu, der erste Protagonist der Yakuza-Spiele. Die historische Figur Sakamoto Ryōma machte es sich nach einschneidenden Erlebnissen in seiner Jugend zur Lebensaufgabe, die Ständeverhältnisse in Japan zu verändern.

    Die Handlung von Like a Dragon: Ishin! setzt an, als Sakamoto Ryōma nach abgeschlossener Ausbildung in seine Heimatstadt Tosa zurückkehrt. Er trifft dort auf seinen besten Freund Takechi Hanpeita und seine Vaterfigur Yoshida Toyo. Gemeinsam planen sie die Reformation des starren Klassensystems, doch dann stirbt Yoshida Toyo plötzlich durch die Hand einer geheimnisvollen Person. Ryōma wird beschuldigt, diesen Mord begangen zu haben und flüchtet aus Tosa. Er schwört sich, den Täter ausfindig zu machen. Es gibt nur eine einzige Spur, der Ryōma folgen kann: Der Assassine kämpfte im Tennen-Rishin-Stil.

    Es gibt nur eine heiße Spur …

    Das führt ihn nach Kyo, einer fiktiven Nachbildung des historischen Tokyo, wo er mit einer neuen Identität als Saitō Hajime das Shinsengumi infiltriert, die Samurai-Schutztruppe des Shogunats. Dort vermutet er den Assassinen, denn auch dort wird mit dem alten Tennen-Rishin-Stil gekämpft. Das sind die Anfänge des Spiels und viel mehr wollen wir euch an dieser Stelle auch nicht verraten. Nur so viel: Es geht spannend weiter, Yakuza-typisch, mit einer Mischung aus Ränkespielen, Loyalität und Verrat, Blut und Geheimnissen.

    »Neben Minispiel-Evergreens wie Angeln, Karaoke und Mahjong erwartet euch das Buyo-Tanzen, ein Hühnerrennen und Yamabuki, ein Bordell.«

    Und mit vielen, teils typisch absurden Mini-Spielen. Als sich uns in Kapitel 3 die Stadt zu größeren Teilen öffnet, können wir sie schon an jeder Ecke absolvieren. Auf der Karte werden sie mit einem Symbol aus zwei Würfeln gekennzeichnet und sie machen, wie schon in früheren Yakuza-Spielen, viel vom Reiz des Abenteuers aus. Neben Evergreens wie Angeln, Karaoke und Mahjong erwartet euch das Buyo-Tanzen, ein Hühnerrennen und Yamabuki, ein Bordell.

    Dort trefft ihr auf Anna, mit der ihr den Tag ausklingen lassen könnt. Zum Beispiel mit einem Trinkspiel – hier gilt es, die Schale auszutrinken, ohne etwas zu verschütten. Ihr müsst per Kopfdruck die Balance halten. Bei Erfolg widmen sich die beiden angeschwipsten Turteltäubchen einem Schere-Stein-Papier-Spiel mit Strip-Einlage. Die Beziehung zu Anna verbessert sich mit jedem Spiel und seid versichert, dass ich zu viel Zeit meiner drei Stunden mit Like a Dragon: Ishin! darauf ver(sch)wendet habe, Anna näher kennenzulernen.

    Ein bisschen Zeit habe ich auch gebraucht, um das Kampfsystem zu verinnerlichen. Das lag aber eher daran, dass ich mit dem Einstieg in Kapitel 3 ins kalte Wasser geworfen wurden und auf Tutorials verzichten musste. Doch wer Yakuza kennt, wird sich schnell zurechtfinden, wenn die Tastenbelegung erst einmal verinnerlicht ist. Das Kampfsystem ähnelt nicht ganz zufällig Yakuza 5. Yakuza 5 ist in Japan 2012 erschienen und war das Yakuza-Spiel vor Yakuza Ishin.

    Vier unterschiedliche Kampfstile

    Per Knopfdruck wechselt ihr zwischen vier Kampfstilen: Schwertkämpfer, Revolverheld, Freitänzer und Straßenkämpfer. Der Schwertkämpfer und der Revolverheld sind selbsterklärend und im Nahkampf respektive Fernkampf spezialisiert. Der Straßenkämpfer verlässt sich auf seine Hände und auf Gegenstände in seinem Umfeld. Der Freitänzer kombiniert einsteigerfreundlich Schwert und Revolver. Der Revolver ist übrigens keine kreative Dreingabe zugunsten der Action. Schusswaffen wurden auch von Samurai (gezwungenermaßen) verwendet. Europäer brachten sie nach Japan und diese Waffen veränderten die Kriegsführung auf eine Weise, der sich auch Samurai nicht verschließen konnten.

    Die vier Kampfstile spielen sich entsprechend unterschiedlich und es lohnt sich nach erstem Betrachten, alle Stile zu einem gewissen Maß zu beherrschen. Nicht nur aufgrund unterschiedlich agierender Gegner, sondern auch wegen der Yakuza-gewohnt sehenswerten Finisher. Fähigkeiten für euren Kampfstil könnt ihr über ein Skill-Brett erlernen und verfeinern. Das war im Rahmen von Kapitel 3 und der knappen Spielzeit leider nicht tiefgründig möglich, aber die Skill-Bretter boten auf den ersten Blick zahlreiche Optionen. Die Kämpfe machen Spaß, insbesondere natürlich die Bosskämpfe.

    »Die vier Kampfstile spielen sich entsprechend unterschiedlich und es lohnt sich nach erstem Betrachten, alle Stile zu einem gewissen Maß zu beherrschen.«

    Das Remake wird übrigens um die kürzlich vorgestellten Trooper Cards erweitert. Diese Soldaten-Karten konnte man schon im Original ausspielen, allerdings nur in optionalen Dungeons. Jetzt sind sie euer ständiger Begleiter und ermöglichen Over-the-top-Angriffe, aber auch Buffs und Debuffs. Im Spielstand, der beim Anspielen zur Verfügung stand, waren die Trooper Cards bedauerlicherweise noch nicht verfügbar. Yakuza-Kenner wird auch nicht überraschen, dass sich die typischen Straßenkämpfe möglicherweise mit fortlaufender Spielzeit repetitiv anfühlen – hier wird das Meistern des Kampfsystems und der Kampfstile (wie auch schon in früheren Spielen) für Abwechslung sorgen, die man sich als Spieler selbst bieten muss.

    Genügend Abwechslung bieten hingegen die Nebenmissionen. Zumindest teilweise! In meiner knappen Spielzeit konnte ich nur einen sehr überschaubaren Einblick gewinnen, der möglicherweise etwas getrübt ist. Doch die meisten Mini-Spiele laufen nach einfachen Mustern ab: Bekämpfen, Verfolgen oder Finden. Für Yakuza-Fans dürfte jedoch nicht neu sein, dass das Highlight der Nebenmissionen nicht unbedingt spielerischer, sondern erzählerischer Natur ist. Hier glänzen die Missionen wie gewohnt mit absurden Geschichten und Charakteren, aber auch ernsten wie erheiternden Themen. Und es ist gewiss auch für Quantität gesorgt. Das Menü verriet mir, dass in den fünf Bezirken insgesamt 72 Nebenmissionen warten. Einige davon sind neu im Remake, wie Producer Hiroyuki Sakamoto in einem Video-Interview verriet.

    Am Rande viel zu Entdecken

    Neben schönen Geschichten belohnen uns die Nebenmissionen mit Gegenständen, Informationen und Tugend, die wir auch sonst an jeder Ecke „finden“. Wir erhalten Tugend, wenn wir Bewohnern helfen, Straßenkämpfer eliminieren oder andere gute Dinge tun. An Schreinen kann man Tugend dann gegen wertvolle Fähigkeiten, Angelruten, Inventarerweiterungen oder Ansehen in den Bezirken eintauschen. Letzteres soll Bewohner wohlgesonnener machen und Aufgaben erleichtern, es ließ sich jedoch in der Kürze der Zeit leider nicht überprüfen, welche tatsächlichen Auswirkungen das hat.

    Optisch hat das Remake natürlich zugelegt, das war sicherlich auch der Sinn es Unterfangens. Belichtung und Schatten, Texturen und Effekte sind auf einem modernen Niveau. Die Gesichtsanimationen insbesondere in den Zwischensequenzen sind überzeugend. Nicht bei allen NPCs hat man sich so viel Mühe gegeben und während Märkte und einige Bezirke vor Details nur so strotzen, gibt es auch Straßenzüge, die detailarm daherkommen und von ein paar lieblosen Texturen geprägt sind. Hin und wieder gibt es auch NPC-Pop-ins, vornehmlich wenn sehr viele Charaktere der sehr belebten Stadt den Bildschirm bevölkern. Das Gesamterlebnis meiner dreistündigen Spielzeit sollte das aber nicht schmälern.

    Gerne hätte ich mich außerdem tiefer in das Bakumatsu-Archiv gewühlt. Dieser Menüpunkt beherbergt nicht nur Story-Details und Charakter-Informationen, sondern auch ein Lexikon zu japanischen Begrifflichkeiten wie Ronin, Haori oder Doshin. Wenn ihr mehr über die japanische Historie wissen möchtet, dann lässt euch Like a Dragon: Ishin! nicht allein.

    Verspricht alles zu haben, was Yakuza-Fans lieben

    Like a Dragon: Ishin! verspricht alles zu haben, was Yakuza-Fans lieben. Und vielleicht noch ein bisschen mehr, wenn ihr euch auch nur in Ansätzen für japanische Geschichte interessiert. Das ist zumindest mein Eindruck nach den knappen Spieleinblicken. Dabei scheint sich Ishin auch als der neue Einstieg in die Serie zu empfehlen. Denn es gibt keinerlei inhaltliche Verknüpfungen zum Rest der Serie, wohl aber könnt ihr Spieldesign und Charaktere lieben lernen. Die wichtigen Charaktere in Ishin tragen nicht nur das Antlitz von Kazuma Kiryu und anderen beliebten Yakuza-Charakteren, sie teilen auch ihre Charaktereigenschaften. Ich darf euch Grüße von „Goro Majima“ aus Kapitel 3 ausrichten.

    Bildmaterial: Like a Dragon: Ishin!, Sega, Ryu Ga Gotoku Studio

  • Danke für das Angespielt, das hört sich alles sehr gut an. Ich freue mich schon sehr auf das Spiel, für mich das Must Have in Februar.

    Gespielt 2024 Part 1

  • Ich finde den Titel des Artikels schon irgendwie lustig. Schließlich ist das Spiel ja mehr oder weniger Kiwami in einem historischen Setting...


    Ist definitiv erfreulich, das Spiel endlich lokalisiert zu sehen, und ich werde es auch irgendwann kaufen. Im Moment habe ich aber zu viele andere Titel zu spielen.

  • Das führt ihn nach Kyo, einer fiktiven Nachbildung des historischen Tokyo, wo er mit einer neuen Identität als Saitō Hajime das Shinsengumi infiltriert, die Samurai-Schutztruppe des Shogunats.


    Eigentlich freue ich mich sehr auf das Spiel, aber ich muss zugeben, dass mir dieser Satz der Story-Synopse ziemliche Bauchschmerzen bereitet. Vorweg sei gesagt, dass ich ein ziemlicher Shinsengumi-Geek bin, seit ich vor ein paar Jahren Hakuouki gespielt habe und letztes Jahr aus Interesse auch ein historisches Fachbuch zu dieser Gruppe gelesen habe. Leider funktioniert der Spagat "Sakamoto Ryouma wird zu Saitou Hajime" historisch nicht, da Saitou bereits vor der Shinsengumi-Zeit in Kyo(to) Teil der Kerngruppe um Hijikata und Kondou war, in Kondous Dojo in Edo. Natürlich wird Yakuza Ishin die historische Geschichte nicht originalgetreu nacherzählen - das ist auch völlig in Ordnung -, aber diese Entscheidung führt leider dazu, dass man den echten, historischen Saitou wahrscheinlich komplett aus der Erzählung tilgen muss. Ich bin sicherlich die einzige, die das stört, aber da ich gerade Saitou als Figur sehr interessant finde, stimmt mich das schon traurig.

    • Offizieller Beitrag

    Wieso man gerade Saitou Hajime als Alias wählte und ob das in Verbindung zur historischen Figur Saitou Hajime steht, konnte ich leider auch noch nicht herausfinden. Das habe ich mich auch gefragt.

  • Es ist schön, überhaupt mal Previews zum Spiel zu sehen. Das offizielle Marketing ist ja schon wieder ne reine Katastrophe, da praktisch nur dieses Trooper Cardsl oder was immer das ist, beworben wird und worin man sehr wahrscheinlich auch Echtgeld für diese Karten stecken kann.


    Aber zum Spiel selbst brauche ich nichts mehr sehen und lesen, wobei ich dann doch nicht anders konnte, hier ein paar Zeilen zu überfliegen. Das Spiel ist längst vorbestellt, teilweise ergaunert durch Rewards-Guthaben.


    Ich hatte es letztens nochmal, zum gefühlt zwanzigsten mal, mit Yakuza 7 probiert und ich werde da nur ganz schwer warm mit. Die alte Crew in Ishin wiederzusehen ist etwas, worauf ich mich echt freue, ist ja immerhin eines der Japan-Exklusiven RGG's gewesen. Hoffe, Bandai Namco schaut sich das an und kann da noch irgendwas für die Tales of Serie lernen, wie man solche Titel, die exklusiv in Japan geblieben sind, gebührend im Westen veröffentlicht.

    “I have this strange feeling that I'm not myself anymore. It's hard to put into words, but I guess it's like I was fast asleep, and someone came, disassembled me, and hurriedly put me back together again. That sort of feeling.”



    Zuletzt durchgespielt:


    Like a Dragon Gaiden 9/10

    Super Mario Bros. Wonder 8,5/10

    Hard Corps: Uprising 7,5/10