Ich sehe es mit etwas Galgenhumor. Man kann mir vielleicht Plastikstrohhalme nehmen und gegen eklige Papierstrohhalme ersetzen, aber meine Sprache kann mir niemand nehmen. Ich hatte mir, bis vor kurzem, gar keine Gedanken über dieses Thema gemacht und ich vermute bei vielen war das bis vor der Bundestagswahl auch gar nicht so ein riesiges Thema. Der Spiegel berichtete nach dem ersten Triell, die wichtigsten Themen des Abends waren Plastikstrohhalme und geschlechtsgerechte Sprache (auf einen Wink zu Baerbock, die das ganz gut drauf hat mit dem gendern). Erst gestern las ich einen Artikel der Zeit, wo es mehr oder weniger hieß, die Tagesschau würde sich in den Wahnsinn gendern.
Aber auch da habe ich mir eigentlich noch nichts gedacht, bis ich heute eine Direktnachricht von einer Nutzerin auf Twitter erhalten habe, die eine stille Leserin meines Blogs ist (den ich seit 2011 führe). Sie fragte mich, ob ich plane, geschlechtsgerechte Anreden zu benutzen, allen voran das "Gendersternchen". Und ich musste kurz überlegen, was ich da antworten soll. Ich antwortete ihr, dass ich seit über 10 Jahren auf meinem Blog Leser und Leserinnen separat nenne, ich aber nicht vorhabe, das Gendersternchen zu benutzen. Dass ich das etwas Gaga finde, habe ich ihr natürlich nicht gesagt aber ich habe ihr mitgeteilt, dass ich meine deutsche Sprache habe und mir hier nicht etwas neues aneignen möchte und wer meinen Blog wirklich gerne liest, bescheid weiß, dass ich bei meinen Anreden immer so offen wie möglich bin.
Was ich aber halt nicht tun werde ist nur noch so zu schreiben: "Liebe Leser*Innen, Verehrte Liebhaber*Innen von Büchern und Filmen". Ich möchte, schlicht und ergreifend weder so schreiben noch möchte ich dauerhaft mit so einer minimal künstlichen Pause reden, so, wie es Baerbock zum Beispiel tut und sicherlich auch viele andere. Ich denke mir einfach, die deutsche Sprache ist kompliziert genug und das Gendersternchen löst sicherlich auch keine unlösbaren Probleme der deutschen Sprache, wie zum Beispiel keine geschlechtsneutralen Anreden zu haben wie es in der englischen Sprache der Fall ist (Them/They). Zumal es auch Wörter beim Gendersternchen gibt, wo ich irgendwie die männliche Anrede vermisse wie bei "Expert*Innen". Bin ich fortan ein Expert wenn ich als Mann in etwas gut bin? Hier gibt es noch so viele Lücken und ganz ehrlich, ich fühle mich mit fast 35 einfach zu alt, mir jetzt noch neue Anreden zu überlegen. Ich wüsste nicht einmal, wie ich im deutschen eine Non Binary Person anreden sollte, also muss ich hier bereits etwas kreativer werden.
"Jeder soll so reden, wie er möchte". Hieß es beim ersten Triell von allen 3 Kandidaten. Ist das aber echt so? Es heißt auch, die COVID-19 Schutzimpfung sei freiwillig und wir wissen alle, dass das nicht wirklich der Fall ist. Lässt du dich nicht impfen, aus welchen Gründen auch immer, musst du fortan mit Sanktionen rechnen oder anderen Mali. Wenn dein Chef in seiner Firmenpolitik eine geschlechterspezifische Sprache einbaut, hast du dich deinem Chef zu fügen, ob du das möchtest oder nicht.
Deutlich einfacher werden es die Kinder haben, die natürlich damit groß werden. Ich denke, es ist auch wichtig, Kindern so etwas beizubringen. Meine einzige Sorge ist halt, dass sich unsere Sprache bald zu einer Gaga-Sprache entwickeln wird wo wir uns bei den ganzen verschiedenen Anreden irgendwann nur noch verhaspeln. Es ist ein heikles Thema, ich hoffe, es kann zivilisiert darüber diskutiert werden. Ich möchte nur noch einmal erwähnen: Niemand muss sich für irgendwen in seiner Freizeit verbiegen. Wer gerne weiterhin so reden möchte wie immer, hat jedes Recht dazu. Wer gerne gendern möchte und auch das Gendersternchen benutzen möchte, der hat auch dazu jedes Recht. Ich sehe nur immer wieder Diskussionen, besonders auf Twitter, wo es in andere Richtungen geht.
Mich interessiert dennoch, wie das hier einige im Forum sehen. Ist denke ich mal ganz spannend, da verschiedene Sichtweisen zu sammeln.