Titel | Famicom Detective Club: The Missing Heir Famicom Detective Club: The Girl Who Stands Behind |
14. Mai 2021 | |
Nintendo | |
14. Mai 2021 | |
Nintendo | |
14. Mai 2021 | |
Nintendo | |
System | Nintendo Switch |
Getestet für | Nintendo Switch |
Entwickler | Mages |
Genres | Adventure |
Texte |
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Vertonung |
Es geschehen unerklärliche Morde. Ein junger Mann riskiert sein Leben beim Versuch, diese aufzuklären. Scheinbar übernatürliche Kräfte stellen sich gegen ihn und versetzen sein ganzes Umfeld in Gefahr.
An welches Franchise erinnert diese Beschreibung? Wie, etwa an eine stinknormale Detektivgeschichte? Also bitte! Dabei handelt es sich, wie ihr unschwer am Titel erkennen könnt, um Nintendos hauseigene Reihe, Famicom Detective Club. Die beiden Spiele, The Missing Heir und The Girl Who Stands Behind erschienen jeweils 1988 sowie 1989 und stellten die Erstlingswerke von Yoshio Sakamoto dar, welcher später für die Metroid-Reihe bekannt wurde.
The Girl Who Stands Behind bekam dabei bereits Ende der 1990er ein Remake für Super Famicom spendiert. Ebenfalls Ende der 1990er erschien mit BS Tantei Club: Yuki ni Kieta Kako (BS Detective Club: Lost Memories in the Snow) ein Sequel für die beiden Spiele für Satellaview.
Im Gegensatz zu diesen wurde der letzte Titel jedoch nicht neu aufgelegt und lässt westliche Fans der Reihe somit weiterhin hoffen. Dennoch konnten wir die beiden anderen Spiele in den Remakes von Mages für Nintendo Switch testen und möchten euch unsere Eindrücke natürlich nicht vorenthalten.
Sherlock Holmes im ländlichen Japan?!
»Bei den Famicom-Detective-Club-Spielen handelt es sich um Visual Novels. Die Leserei wird durch Dialogoptionen aufgelockert, in denen ihr als Detektiv den verschiedenen Personen Fragen stellen könnt.«
In The Girl Who Stands Behind übernehmt ihr die Rolle eines jungen Nachwuchsdetektivs, der seinen ersten richtigen Fall ohne seinen Mentor lösen muss. Dabei handelt es sich um den Mord an einer jungen Schülerin, der mehr mit sich bringt, als es anfangs den Anschein macht. Der Tod des jungen Mädchens ist nämlich sehr nahe an eine Legende ihrer Schule angeknüpft. Laut dieser solltet ihr vorsichtig sein, wenn in einem leeren Klassenzimmer nach euch gerufen wird. Sobald ihr euch umdreht, könnte ein blutgetränktes Mädchen hinter euch stehen…
The Missing Heir spielt chronologisch nach The Girl Who Stands Behind, erschien ursprünglich aber zuerst. Einige Jahre nach eurem ersten großen Fall verschlägt es euch in ein ländliches Dorf in Japan, in dem ein Familienoberhaupt nach der Verkündung des Testaments gestorben ist. Der Fall ist schon mysteriös genug, doch plötzlich beginnen die Dorfbewohner, nachts dasselbe Familienoberhaupt zu sehen, das auf Rache aus zu sein scheint.
Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, da ihr die Fälle am besten selbst löst. Manche Wendungen kann man zwar von weitem riechen, wobei dennoch die eine oder andere Überraschung hinter einer Ecke lauerte. Ich habe mich bei beiden Titeln unterhalten gefühlt und habe zugegebenermaßen die Switch-Konsole nicht allzu oft aus den Händen gelegt bis zu deren Auflösung.
Welches Spiel zuerst?
Bevor ich mit den beiden Famicom-Detective-Club-Spielen anfing, habe ich im Internet nach der empfohlenen Reihenfolge recherchiert. Die Meinungen dazu scheiden sich dabei natürlich wie auch bei anderen Themen – manche empfehlen die geschichtlich-chronologische Reihenfolge, während andere die Reihenfolge entsprechend den Veröffentlichungen empfehlen. Ich selbst habe letztere gewählt und zuerst The Missing Heir gespielt, ehe ich mit The Girl Who Stands Behind weitergemacht habe.
Die Begründung hier liegt an der spielmechanischen Entwicklung, die zwischen den beiden Spielen stattfand. Auch wenn The Girl Who Stands Behind nur ein Jahr nach dem ersten Titel erschien, lässt es sich um einiges angenehmer spielen. In The Missing Heir hatte ich öfter die Situation, dass ich davon genervt war, die Optionen in einer Konversation in einer bestimmten Reihenfolge ausschöpfen zu müssen, um weiterzukommen. Bevor ich hier jedoch weiterfahre, erzählte ich euch generell etwas über das Gameplay.
Lesen, lesen, Leichen anschauen?!
Bei den Famicom-Detective-Club-Spielen handelt es sich um Visual Novels – das heißt, ihr müsst viel lesen. Die Remakes haben dabei zwar neu eine Sprachausgabe spendiert bekommen, diese fällt jedoch Japanisch aus. Die entsprechenden Texte sind dabei ausschließlich auf Englisch verfügbar – also Achtung, wenn ihr die Spiele auf Deutsch erleben wolltet! Zurück zum Gameplay.
Die Leserei wird durch Dialogoptionen aufgelockert, in denen ihr als Detektiv den verschiedenen Personen Fragen stellen könnt. Neben dem Aushorchen könnt ihr euch meistens auch die Umgebung anschauen, beziehungsweise auch mit ihr interagieren. Je nach Spiel könnt ihr auch die Funktionen „Remember“ oder „Think“ auswählen, die teilweise ebenfalls notwendig für den Fortschritt sind. Im Zweifelsfall kann etwas Erinnern oder Denken also nicht schaden.
Sackgassen bin ich während meines Spielverlaufs nicht begegnet. In der Regel galt es, alle notwendigen Optionen in einem Gebiet auszuschöpfen, um weiterzukommen. Hier komme ich zu meiner Kritik an The Missing Heir. Im älteren der beiden Titel schien es so, dass nicht nur alle notwendigen Dialog- oder Suchoptionen ausgeschöpft werden mussten, sondern dies musste auch in einer bestimmten Reihenfolge geschehen.
Wenn man beispielsweise anhand eines Hinweises schon wusste, welche Frage man beispielsweise stellen wollte, musste man trotzdem andere Optionen durchgehen, sodass euer Nachwuchsdetektiv auch noch „von selbst“ auf die Idee kommt. An manchen Stellen fühlte sich das auch nicht unbedingt nachvollziehbar an, so dass ich eher durch zufälliges Anwählen des Gesprächsstoffes weitergekommen bin.
Hier gibt es aber einen kleinen Trost: die Vorspulaktion. Dialoge lassen sich sehr schnell vorspulen, sodass ihr auch beim scheinbar zufälligen Durchklicken nicht allzu viel Zeit mit dem Lesen derselben Texte verschwendet. Diese Funktion ist meiner Meinung nach bei Visual Novels ein Muss und trotzdem nicht selbstverständlich. An wenigen Stellen im Spiel müsst ihr eigene Worte eingeben oder Namen auswählen, um eure Vermutungen zu einem Punkt zu äußern. Das kommt so selten vor, dass man es sich auch hätte sparen können. Aber das Vorhandensein davon schadet auch nicht.
Lieber denken als erinnern
Neben der Verringerung des mühseligen Ausschöpfens von Dialogen gefiel mir an The Girl Who Stands Behind die Funktion des Denkens mehr als das Erinnern beim Vorgänger. Sie schien einerseits besser eingesetzt und andererseits hat es sich natürlicher angefühlt, über manche Sachen nachzudenken, anstatt sich an etwas zu erinnern. Überraschend an The Girl Who Stands Behind fand ich jedoch, dass manchmal Sachen beim Untersuchen angewählt werden können, ohne dass diese beschrieben sind. In The Missing Heir war in der Regel alles, was angeklickt werden kann, auch beschriftet, wenn ihr mit der Lupe drübergefahren seid. An sich ist das keine schlechte Sache, jedoch eine neue Möglichkeit, die erst einmal bemerkt werden muss.
Ebenfalls überraschend fand ich es, dass die beiden Spiele am Anfang nach euren Speicherdaten des jeweils anderen Spiels fragen. Ein höherer Zweck, als dass euer Name aus dem anderen Titel übernommen wird, hat sich mir daraus jedoch nicht erschlossen. Dies ist wie das eigene Ausschreiben von Ideen zwar ein nettes Feature, wäre jedoch nicht unbedingt notwendig gewesen.
Zusammenfassend möchte ich sagen, dass The Girl Who Stands Behind gameplaytechnisch definitiv etwas mehr ausgearbeitet als The Missing Heir ist. Dennoch unterhalten beide Spiele gut mit ihrer Geschichte und auch wenn ich bei The Missing Heir etwas mehr herumprobieren musste, hat es immer noch Spaß gemacht und mich am Ball gehalten.
Diese Pracht!
»Die Grafik sieht sowohl auf dem Handheld als auch auf dem Fernseher richtig gut aus und könnte meiner Meinung nach neue Maßstäbe für Visual Novels setzen.«
Wo ich beiden Spielen jedoch ein riesiges Lob aussprechen möchte, liegt bei der Grafik. Diese sieht sowohl auf dem Handheld als auch auf dem Fernseher richtig gut aus und könnte meiner Meinung nach neue Maßstäbe für Visual Novels setzen. Generell finde ich es schön, wenn Visual Novels über die altbekannten, statischen 2D-Sprites hinausgehen, aber hier finde ich die Umsetzung besonders gelungen.
Das Spiel ist dabei eher zweidimensional dargestellt, weist aber dennoch 3D-Elemente in seinen Bewegungen auf. Beispielsweise bewegen sich die Charaktere entsprechend, wenn man mit ihnen interagiert. Dies geht jedoch über das puppenartige Bewegen der Lippen hinaus, welches man bisher kannte – die Charaktere weisen viele feinere Bewegungen auf, welche sie natürlicher erscheinen lassen.
In anderen Visual Novels interpretiert man „natürliche“ Bewegungen mit merkwürdigem Blinzeln, während die Famicom-Detective-Club-Remakes hier definitiv einen oder sogar mehrere Schritte weitergehen. Besonders gefreut hat es mich, wenn Charaktere beispielsweise laut ihrem Gesagten auf eine Stelle zeigten und diese Zeigebewegung dann anhand ihrer Sprites tatsächlich ausführten.
In The Girl Who Stands Behind hat sich sogar öfters mal etwas für die Handlung Irrelevantes im Hintergrund ereignet, das den einzelnen Szenarien eine eigene, charmante Note verlieh. Diese Beschreibungen mögen überflüssig und eigentlich auch selbstverständlich klingen, jedoch sollten Visual-Novel-Lesenden die statischen Sprites noch viel zu bekannt vorkommen. Also hier lässt sich definitiv ein Lob aussprechen, da die Spiele visuell eine Pracht sind.
Und dann noch diese Klänge
Eine kleine, aber feine Einstellungsmöglichkeit bietet die Musikauswahl an. Zwar wurde für die Remakes der Soundtrack neu aufgelegt, jedoch könnt ihr die alten Versionen im Menü auswählen. The Girl Who Stands Behind bietet dabei neben dem Famicom-Soundtrack auch die Super-Famicom-Variante an, der ich einen Großteil des Spiels gelauscht habe. Diese definitiv nette Beigabe lässt euch das Geschehen euren Wünschen entsprechend anpassen.
Neben dieser Möglichkeit ist der Soundtrack meiner Meinung nach stimmig und passend gewählt. Es warten keine orchestralen Meisterwerke auf euch, aber dafür stimmige Klänge, welche die Situationen passend untermalen und angenehm anzuhören sind. Die Sprachausgabe ist ebenfalls sehr gelungen und für mich war es eine angenehme Abwechslung, auch den Protagonisten reden zu hören. Auch hier ist es reine Präferenzsache, aber bei Visual Novels ist es für mich angenehmer, wenn die ProtagonistInnen eine eigene Stimme haben. Es wirkt leicht merkwürdig, wenn alle Charaktere richtig redefreudig sind und dementsprechend eine Stimme spendiert bekommen, während euer Charakter nur stumm ist oder seine Stimme nicht vertont wird. Dies kann natürlich zur Identifikation mit dem Charakter beitragen, verfehlt für mich diese Wirkung jedoch gänzlich.
Fall geklärt?
Für die beiden Famicom-Detective-Club-Spiele kann ich klar eine Empfehlung aussprechen. Sie fallen mit jeweils sechs bis acht Stunden eher knackig aus, haben dafür jedoch auch nicht zu viel Fleisch auf den Knochen. Die Detektivfälle unterhielten mich bis zum Schluss und hatten trotz vorhersehbaren Wendungen die eine oder andere Überraschung parat.
Ich empfehle, The Missing Heir vor The Girl Who Stands Behind zu spielen, da der Titel zuerst erschien und sein Nachfolger spielmechanisch etwas entwickelter ist. Geht man vom neuen zum älteren Titel, wird man wohl einige Gameplay-Neuerungen vermissen. An dieser Stelle möchte ich auch nochmals die Warnung aussprechen, dass der Titel zum jetzigen Zeitpunkt lediglich mit englischen Texten erhältlich ist. Trotzdem fand ich es sehr schön, dieses Relikt und Geheimtipp im Westen veröffentlicht zu sehen und hoffe, dass dies nicht der letzte von Nintendos Titeln ist, bei dem das geschieht.
Story
Gameplay
Grafik
Sound
Sonstiges
Bildmaterial: Famicom Detective Club: The Missing Heir, Famicom Detective Club: The Girl Who Stands Behind, Nintendo / Mages, 5pb