Vor knapp neun Jahren spielte ich mit „The Legend of Heroes: Trails in the Sky” mein erstes Falcom-Spiel, welches mich sofort zu einem riesigen Fan der Firma machte. Das Spiel war damals im Westen noch eine Randerscheinung, wenn man es mit dem heutigen Erfolg des Franchise vergleicht. Seitdem hat sich viel getan, auch in Falcoms eigenen Reihen.
Nihon Falcom war einer der ersten Spielhersteller Japans überhaupt, in wenigen Monaten steht das 40. Jubiläum an. Titel wie „Xanadu: Dragon Slayer II” gelten als Pioniere des Action-Rollenspiel-Genres.
Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten blieb Falcom ein mittelständisches Unternehmen. Die Entscheidung, auf Qualität statt auf Quantität zu setzen und sich auf die Entwicklung weniger Titel zu konzentrieren – bei oft nur einer Veröffentlichung pro Jahr – erfolgte durchaus bewusst. Dies ist auch heute noch die Kernphilosophie des Unternehmens, das den mobilen Markt selbst dann gemieden hat, als die Aussichten für Konsolenspiele alles andere als rosig waren.
Das heißt aber nicht, dass sich über die Jahre nichts geändert hätte. Einer der größten Umbrüche erfolgte mit der Abkehr von Japans sterbendem PC-Markt hin zu Sonys PlayStation Portable. Ein Blick in Falcoms Veröffentlichungschronik zeigt, dass dies mit einem anderen Umbruch korreliert: sinkender Vielfalt.
Genau genommen hat Falcom in den letzten zehn Jahren nur ein einziges Spiel entwickelt, das nicht „Ys“ oder „Trails“ im Namen trägt, nämlich Tokyo Xanadu im Jahr 2015. Zwei Titel, wenn man das nie lokalisierte Nayuta no Kiseki dazuzählt, das den Kiseki-Titel rein aus Publicity-Gründen trägt.
Geht man eine Dekade weiter zurück, sieht die Lage anders aus. Neben der Trails-in-the-Sky-Trilogie und mehreren Ys-Titeln finden sich auch grundverschiedene Titel wie Zwei!!, Gurumin, Xanadu Next oder Dinosaur Resurrection im Lineup.
Diese Zeit sehe ich persönlich als das goldene Jahrzehnt Falcoms. Fast alle Titel, die in dieser Zeit veröffentlicht wurden, sind sehr ausgereift und auf ihre eigene Art und Weise reizvoll. Der Kontrast zwischen dem bunten und fröhlichen Gurumin und dem düsteren, Diablo-inspirierten Xanadu Next könnte größer nicht sein. Der Spagat zwischen Bewährtem und Innovation gelang Falcom in dieser Zeit sehr gut.
Seitdem hat aber eine zunehmende Homogenisierung eingesetzt. Ich nenne es gern auch „Kisekifizierung“, weil Falcoms erfolgreichstes Franchise einen großen Einfluss auf den Werdegang des Unternehmens ausgeübt hat. So sind auch die Ys-Spiele zunehmend umfangreicher und dialoglastiger geworden, die Charaktere stärker modernen Anime-Archetypen nachempfunden. Auch Fanservice findet man in den letzten Jahren vermehrt in Falcom-Spielen.
Das muss nicht prinzipiell verkehrt sein und die positive Rezeption und solide Verkaufszahlen zeigen, dass Falcom mit diesem Kurs prinzipiell gut fährt. Der Erfolg sei ihnen vergönnt. Allerdings würde ich mich persönlich freuen, wenn man seit Langem mal wieder einen Schritt aus der Komfortzone herauswagen und etwas Frisches probieren würde.
Die letzten Jahre waren in finanzieller Hinsicht für die japanische Videospielindustrie nach einer langen Identitätskrise ja durchaus von einer positiven Entwicklung gekennzeichnet. Entwickler wagten sich vermehrt wieder an Spiele mittleren Budgets, wo vorher für Handhelds und Mobilgeräte entwickelt wurde – vielfach sehr erfolgreich. Auch an experimentellen Titeln mangelt es in letzter Zeit nicht.
Kürzlich gab Falcom-Präsident Toshihiro Kondo bekannt, man würde bei Trails zu einem gänzlich neuen Kampfsystem mit mehr Action-Elementen wechseln wollen. Man ließ auch verlauten, zum 40. Jubiläum gleich mehrere Titel im selben Jahr veröffentlichen zu wollen – das erste Mal seit 2012. Einer davon wird wenig überraschend ein neues Trails-Spiel sein. Wäre es nicht schön, auch mal wieder einen ganz neuen Titel zu sehen, an dem sich die Entwickler austoben können? Wir dürfen gespannt bleiben.
Bildmaterial: Falcom