Im Test! The Suicide of Rachel Foster

  • Titel The Suicide of Rachel Foster
    Japan 19. Februar 2020

    Daedalic Entertainment

    Nordamerika 19. Februar 2020
    Daedalic Entertainment
    Europa 19. Februar 2020
    Daedalic Entertainment
    System PC
    Getestet für PC
    Entwickler ONE-O-ONE GAMES
    Genres Adventure
    Texte
    Japan Nordamerika
    Vertonung Nordamerika

    Das aktuelle Spiel von Entwickler ONE-O-ONE GAMES setzt uns in die Fußstapfen von Nicole. Um den letzten Wunsch ihrer Mutter zu erfüllen, macht sich die Protagonistin auf den Weg in das Familienhotel, welches sie nach dem Tod beider Eltern geerbt hat. Hier geht es aber nicht um das Fortführen einer Tradition, dem Verteilen von Asche oder darum, dem alten Gebäude Respekt zu zollen. Die Gründe für ihre Anreise sind sehr viel trauriger und düsterer. Wie sich Nicoles Blick in die Vergangenheit spielt, erfahrt ihr in unserem Test.

    Das Erbe

    Vor zehn Jahren haben Nicole und ihre Mutter das Nötigste gepackt und das Hotel verlassen, in dem die dreiköpfige Familie lebte. Grund: Der Vater der Hauptfigur hatte ein Verhältnis mit der 16-jährigen Rachel Foster, einer Klassenkameradin von Nicole. Das Mädchen wurde dabei schwanger und beging kurz darauf Selbstmord.

    Die Alleinerbin des Anwesens wollte diesen Ort eigentlich nie wieder betreten. Um eben diesen Part ihres Lebens so weit wie möglich hinter sich zu lassen. Trotzdem muss sie ein letztes Mal zurück in das Hotel, in dem sich diese negativen Erinnerungen durch das Gebäude ziehen, wie Schimmel durch eine feuchte Wand. Auf Wunsch von Nicoles Mutter soll es verkauft werden, damit Nicole ihren Studienkredit abbezahlen kann. Der Rest soll an die Familie der verstorbenen Rachel gehen. Hierfür muss es aber nochmals von der jetzigen Besitzerin begutachtet und geschätzt werden.

    Welcome back

    Im Hotel angekommen bewegen wir Nicole in der First-Person-Ansicht durch die Gänge und Räume des Gebäudes. Draußen tobt bereits ein heftiger Schneesturm, der die umliegende Infrastruktur lahmzulegen droht. Ihr wisst vermutlich schon, wo das hinführt. Genau! Unsere Hauptfigur wird eingeschneit und muss länger in ihrem Erbstück verweilen, als ihr das lieb ist. Zum Glück ist die junge Frau aber nicht auf sich alleine gestellt. Sie hat telefonischen Kontakt mit Irving, einem Mitarbeiter der FEMA (Federal Emergency Management Agency), der sie nicht nur in Überlebensfragen unterstützt. Er ist der Einzige, der zwischen Nicole und der vollkommenen Abgeschiedenheit steht.

    Wenig Handlungsspielraum

    Angetrieben von immer neuen Zielen, die auf der Karte notiert sind, entdeckt man immer mehr Ecken und Winkel des großzügigen Gebäudes. Mal müsst ihr den Ofen im Keller wieder anschmeißen, nach einem Stromausfall für Licht sorgen oder einem mysteriösen Geräusch folgen. Hierbei hatten die Entwickler ein paar gute Ideen, die diesen häufig trivialen Tätigkeiten Unterhaltungswert verleihen. Mal war es ein gut platzierter Türknall, der mich eiskalt erwischte. Dann fing ich merkwürdige Geräusche mit dem Richtmikrofon auf oder musste mich im Blitzlicht einer Polaroidkamera im stockdunklen Hotel fortbewegen.

    Meist waren es aber einfach die spannenden, lustigen oder schlicht interessanten Unterhaltungen zwischen Irving und Nicole, die mich das viele Herumlaufen vergessen ließen. Ab und zu empfand ich die Telefonate aber als langatmig. Währenddessen entdeckt man immer mehr Informationen zu dem Vorfall, der sich vor zehn Jahren ereignete. Dies führt dazu, dass die Hauptfigur immer mehr Nachforschungen anstellt.

    In The Suicide of Rachel Foster gibt es keine Rätsel zu lösen oder alternative Wege, eine Aufgabe zu bewältigen. Ihr werdet auch schnell feststellen, das die Interaktionsmöglichkeiten im Spiel sehr gering sind. Außerhalb der „gewollten“ Handlungen, die man im Titel durchführt, hat man sonst nur die Möglichkeit, kommentarlos Gegenstände zu betrachten. Die optionalen Dialoge, die ihr hier und da für Nicole und Irving finden könnt, sind schon etwas lohnender. Davon hätte ich mir noch mehr gewünscht. So wurde ich auf meinen Streifzügen (ich gebe es zu, manchmal habe ich mich auch einfach verlaufen) oft enttäuscht, weil ich den Eindruck hatte, außerhalb des roten Fadens gibt es nicht wirklich etwas zu entdecken.

    Hübsche Tapeten, unheimliche Geräusche

    Grafisch ist The Suicide of Rachel Foster hübsch anzusehen und gab mir wirklich das Gefühl, in einem urigen, wenn auch etwas unheimlichen Hotel in der Wildnis Montanas zu sein. Das Gebäude hat ein paar liebevolle Details und bietet die passende Stimmung für das Ergründen der Geschichte.

    Ein Glanzstück des Spiels ist jedenfalls die Synchronisation und das Sounddesign des Titels. Nicole und Irving klingen stets überzeugend. Vom Inhalt der gesprochenen Texte einmal abgesehen, gelingt es den Sprechern, über die Betonung und den Klang ihrer Stimme die Charaktere zum Leben zu erwecken und vollständig zu machen.

    Hervorragend ist übrigens auch das Sounddesign, weshalb das Spiel unbedingt mit Kopfhörern genossen werden sollte! Töne, die scheinbar hinter mir erklingen. Rechts tut es plötzlich mal einen Schlag und links höre ich ein leises Knarzen. The Suicide of Rachel Foster bietet ein dreidimensionales Hörerlebnis, das aber auch nicht immer für schwache Nerven ist – besonders, wenn man sich nachts ganz alleine im Hotel fortbewegt.

    Auf den Spuren der Vergangenheit

    Auch wenn ich den mangelnden Handlungsspielraum zuvor als verpasste Chance bezeichne, den Titel noch unterhaltsamer zu machen, war mir trotzdem selten wirklich langweilig. Die Story ist ziemlich spannend und je mehr Schnipsel und Hinweise sich mir offenbaren, desto öfters frage ich mich, welche Richtung die Geschichte einschlagen wird. Mysteriöse Anrufe, ominöse Zeitungsartikel, Gegenstände und Aufzeichnungen, die scheinbar keinen Sinn ergeben – ist an Rachels Selbstmord mehr dran, als Nicole zu wissen glaubt?

    The Suicide of Rachel Foster lebt von seiner Story, den Charakteren und der Atmosphäre. So wie bei den meisten narrativ getriebenen Spielen, die in ihrem eigentlichen Gameplay sehr reduziert sind. Viele bezeichnen solche Ableger einfach als „Walking-Simulatoren“. Doch gerade in diesen Aspekten liegen auch große Schwächen. Anfangs war ich noch gefesselt, wie sich die Story entfalten würde. Auch die eingangs holprige Beziehung zwischen Irving und Nicole veränderte sich und war teilweise sogar etwas anrührend. Langsam baute sich etwas auf. Doch nachdem in den ersten zwei Dritteln relativ wenig in Sachen Vergangenheitsaufarbeitung passiert, hagelt es gegen Ende heftige Wendungen und Enthüllungen. Das Spiel hatte mich danach irgendwie verloren.

    Hinzu kommt, dass das Spiel sehr sensible Themen behandelt. Der Umgang mit diesen war mir persönlich zu oberflächlich. Das liegt nicht zuletzt an dem kleinen Pool an Charakteren, die zu Wort kommen und wie wenig ihre Meinungen und Denkweisen wirklich ergründet, erklärt und hinterfragt werden.

    Fazit

    Mit The Suicide of Rachel Foster erhält man ein durchaus interessantes, wenn auch interaktionsarmes Spiel von etwa drei bis vier Stunden. Dank tollem Sounddesign und dichter Atmosphäre kommt eine beunruhigende Stimmung auf, während man der Geschichte folgt, die sich langsam entfaltet und mich gerne mal auf den Holzweg führte.
    Anfangs war ich noch interessiert an den Charakteren und in welche Richtung die Story geht. Gegen Ende gingen Handlung und Charaktere dank starker Twists und Wendungen in meinen Augen über Bord und verloren mein Interesse.

    Story

    Nicole erbt das Familienhotel und will es so schnell wie möglich verkaufen. Zu viele schlechte Erinnerungen warten dort auf sie.

    Gameplay

    Man erkundet das Hotel und folgt diversen Aufgaben, um die Story voranzutreiben. Insgesamt gibt es wenig Interaktionsmöglichkeiten oder Rätsel. Außerhalb der Haupthandlung fast überhaupt keine.

    Grafik

    Die Grafik ist hübsch anzusehen und versprüht die richtige Atmosphäre für dieses beklemmende Spiel.

    Sound

    Gute Sprecher und tolles Sounddesign hauchen dem Titel Leben ein und machen ihn stellenweise ziemlich unheimlich.

    Bildmaterial: The Suicide of Rachel Foster, Daedalic Entertainment / ONE-O-ONE GAMES

  • Aber warum First-Person-View?


    Vermutlich weil dies zur Atmosphäre durch Immersion beiträgt. Bei 3rd-Person gibt es zumal immer das Problem, dass man um die Ecke gucken kann ohne um die Ecke zu gucken. Muss nicht zwingend für dieses Game relevant sein, aber wenn ich hier von Geräuschen höre, denen man nachts auf den Grund geht, dann ist das Erlebnis schon intensiver, wenn das Spiel darauf reagieren kann, was der Spieler auch gerade sieht und nicht warten muss, bis auch die Spielfigur in Sichtweite ist.

  • Aber warum First-Person-View? Ich hasse First-Person-View.

    In Walking Simulatoren find ichs ok, sonst bin ich auch nicht der größte Fan^^'
    Kann mich an das Spiel erinnern, da es in Game Two mal thematisiert wurde. Vielleicht schau ich auch mal rein, wenns dann preislich passt.

    Hinzu kommt, dass das Spiel sehr sensible Themen behandelt. Der Umgang mit diesen war mir persönlich zu oberflächlich. Das liegt nicht zuletzt an dem kleinen Pool an Charakteren, die zu Wort kommen und wie wenig ihre Meinungen und Denkweisen wirklich ergründet, erklärt und hinterfragt werden.

    Glaub ich gern. Wenn das recht einseitig dargestellt wird und man kaum input hat oder selber ne andere Meinung nicht einwerfen kann, wird sowas schnell nervig. Da muss man dann mit den Ansichten der Entwickler während des spielens leben und sich woanders aufregen und/oder auskäsen.