Titel | Dead or School |
13. März 2020 | |
Studio Nanafushi | |
13. März 2020 | |
Marvelous | |
13. März 2020 | |
Marvelous | |
System | PlayStation 4, Nintendo Switch, PC |
Getestet für | Nintendo Switch |
Entwickler | Studio Nanafushi |
Genres | 2.5D-Metroidvania |
Texte |
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Vertonung |
In diesen schweren Zeiten gibt es natürlich so einige Fragen zu beantworten. Wie konnte das passieren? Wo soll das alles hinführen? Was kann man beim nächsten Mal besser machen? Eine Frage jedoch war besonders schnell beantwortet: Sollen unsere Kinder sterben oder doch lieber zur Schule gehen?
Während man sich in der Realität für die sinnvollere Option entschieden hat, kämpft Protagonistin Hisako gegen den Tod, um zur Schule gehen zu können. Wer jetzt glaubt, dass hier für Prinzipien und für das Recht auf Bildung gekämpft wird, kennt japanische Schulmädchen-Fiktion schlecht.
Nach einer katastrophalen Apokalypse sind die Bewohner Tokios gezwungen, sich in die stark vernetzten U-Bahn-Tunnel zurückzuziehen. Hierfür ist selbstverständlich kein Fallout verantwortlich, sondern grausame Mutanten-Horden.
Voluminöse Oma
Nach vielen Jahren im Dunkeln sind die selbstverständlichen Freiheiten der vergangenen Zeiten nur noch Legenden. Bis die gebrechliche und fast schon antike Großmutter unserer Protagonistin ihr von einem wundervollen Ort erzählt. Einem Ort voller Lachen, anregenden Trivial-Gesprächen und leckerem Mensa-Essen, welches man sich mit seinen Freunden teilt.
Daraufhin überreicht sie ihrer Enkelin ihre ehemalige Schuluniform. Frisch gereinigt und natürlich gebügelt. Diese wird sofort angelegt und passt von der Schuhgröße bis hin zur Maximal-Oberweite wie angegossen. Über die Jahre hat die gute Großmutter wohl einiges an Höhe und Brustumfang verloren.
Wer genau bei dieser inhaltlich sehr akkuraten Zusammenfassung der Geschichte aufgepasst hat, dem fällt auf, dass von Bildung kein Wort zu finden ist. Schule wird tatsächlich als Spaß-Treff definiert und dafür lohnt es sich anscheinend, einen schrecklichen Tod zu sterben. Oder zumindest tausende von Untoten in die Hölle zu schicken.
Ohne Schirm, Charme und Tiefe
Zu den wenigen Stärken, die Dead or School sein Eigen nennen kann, gehört die Story bei weitem nicht. Die oft charakterlosen Unterwäschemodels (mit offensichtlich magnetischer Kraft auf notgeile Mutanten) fügen der Erzählung auch nicht gerade viel Tiefe hinzu. Die belanglosen Dialoge, die wortwörtlich aus dem Japanischen ausschließlich Englisch übersetzt wurden, tun ihr Übriges.
Nach kurzer Zeit werden die fast komplett stummen und langweiligen Dialoge im Visual-Novel-Style übersprungen. Eine etwas humorvollere Herangehensweise oder stärkere B-Movie-Qualitäten hätten dem Spiel definitiv gut gestanden.
Auch die wirklich veraltete Optik hätte etwas mehr Augenzwinkern benötigt. Hier und da blitzt die Nutzung dieses Potenzials auf. Etwa, wenn ein Mutant sein rotes Ballkleid wiederhaben will. Leider bleiben diese witzigen Einlagen eine Rarität.
50 Shades of Gray
Dead or School gesellt sich der illustren Indie-Gesellschaft der 2.5D-Metroidvania-Spiele hinzu. Andere Genre-Kollegen nutzen das Fehlen der dritten Dimension und des Budgets dazu, um kreative, einzigartige und atmosphärische Welten zu schaffen. Hier sucht man Kreativität und Atmosphäre vergebens.
Zugegeben, die U-Bahn-Tunnel von Tokio sprühen in Realität auch nicht vor Charme, aber so gut wie allen Arealen einen Grauton und Beton-Optik zu verpassen war definitiv die falsche Entscheidung für ein Videospiel. In den ca. 20 Stunden hat man sehr wahrscheinlich genug von detailarmen Tunnelsystemen.
»Dead or School gesellt sich der illustren Indie-Gesellschaft der 2.5D-Metroidvania-Spiele hinzu. Doch in diesem Spiel sucht man Kreativität und Atmosphäre vergebens.«
Besonders anstrengend wird es dann, wenn die Kamera aus dem Geschehen herauszoomt, sodass Hisako auf dem Bildschirm der Konsole nur von wenigen Pixeln dargestellt und von einer Vielzahl von Mutanten angegriffen wird. Das kommt leider so häufig vor, dass das ständige Zusammenkneifen der Augen zu Kopfschmerzen führen kann. Im Docked-Modus reduziert sich dieses Problem bei ausreichender Bildschirmgröße auf ein Minimum.
Schulmädchen… check
Leider verhindert die Größe nicht, dass der gesamte Bildschirm von Wänden, Balken und anderen Strukturen der Areale verdeckt wird. In diesen Situationen muss blind gekämpft werden. Wie so etwas bei einem 2.5D-Spiel passieren kann, ist sehr merkwürdig.
Zumindest die Artworks der Charaktere sind gut gelungen. Wer jedoch dem typischen Japano-08/15-Anime-Brüste-Schuluniform-Look nichts abgewinnen kann, der ist hier ganz offensichtlich fehl am Platz.
Besondere Erwähnung sollten zudem die vorgerenderten Zwischensequenzen finden. In anderen Spielen stellen diese oft optische Leckerbissen dar, während die schlechte Komprimierung hier für ein Nostalgie-Gefühl aus der fünften Konsolengeneration sorgt.
Große Oberweite… check
Zu all diesen optischen Unzulänglichkeiten kommt die oben bereits erwähnte fehlende Sprachausgabe hinzu. In zu wenigen Augenblicken erhalten die Charaktere eine Stimme, als das man es tatsächlich Sprachausgabe nennen dürfte. Mittlerweile haben sich sicher viele daran gewöhnt, bei japanischen Indie-Spielen eine volle Vertonung zu erhalten. Leider nicht in Dead or School.
Die restliche Soundabteilung hat ihre Aufgabe solide gemeistert. Der Soundtrack schwingt zwischen atmosphärischen Grundtönen und fetzigen Upbeat-Tracks hin und her und passt sich den jeweiligen Situationen an.
Die Soundeffekte übertragen die brutale Natur des Gameplays wunderbar in die Akustik. Schwerthiebe und Explosionen besitzen einen viszeralen Kick und geben dem Kampfsystem noch etwas mehr Biss.
Perverse Mutanten… check
Was genau ein Metroidvania ausmacht, soll hier nicht wieder durchgekaut werden. Stattdessen werfen wir einen Blick auf das Kampfsystem an sich und somit auf die größte Stärke. Während sich viele Spiele, die sowohl eumelige Schulmädchen als auch Mutanten oder Zombies beinhalten, ausschließlich auf Schusswaffen oder Schwerter konzentrieren, gehört in Dead or School beides ins Grund-Repertoire.
Ohne drei unterschiedliche Waffentypen geht Hisako nicht vor die Zugtür. Herunterbrechen kann man diese in drei Gruppen: Schwerter, leichte und schwere Schusswaffen, wobei jede Gruppe noch diverse Untergruppen besitzt. So wird dem Spieler viel Freiheit geboten, wenn es um das Niedermähen von Feinden geht.
Und das funktioniert auch recht gut. Mit einem simplen Knopfdruck wechselt man die Waffe und somit auch die jeweilige Strategie. Es gilt, sich an die nicht zahlreichen, aber verschiedenen Gegnertypen anzupassen und stets auf die Munition beziehungsweise Ausdauer zu achten.
Jeder Schuss, jeder Hieb, jede Ausweichrolle und jeder Sprint nagen an der Ausdauerleiste. Wer ohne Vorbereitung und Grips in den Kampf zieht, wird schnell mehr Dead als School sein.
Ohne Klasse
»Ohne drei unterschiedliche Waffentypen geht Hisako nicht vor die Zugtür. Dazu gehören leichte Schusswaffen, Schwerter und schwere Schusswaffen.«
Die Steuerung der vielen Waffen funktioniert recht gut, obgleich Kenner des Genres unzählige andere Spiele vor sich hatten, die in Sachen Präzision und Geschwindigkeit meilenweit überlegen waren. So wird ein spaßiges und abwechslungsreiches Kampfsystem spendiert, ebenso wie das ständige Gefühl, dass es am Ende einfach an Feinschliff gefehlt hat. Vor allem, wenn es um das perfekte Ausweichen geht.
Ganz im Stile von Platinum Games gibt es als Belohnung für perfektes Timing eine kurze Zeitlupen-Einlage. Doch hat es zweifelsohne an jahrelanger Erfahrung für die richtige Implementierung einer solchen Mechanik gefehlt.
Während die Kämpfe gegen gewöhnliche Gegner zunächst Spaß machen, sind es natürlich die pompösen Bosskämpfe, die dem Spieler alles abverlangen. Selbst im einfachen Modus wird fast jeder Boss eine Vielzahl von Anläufen und jede Menge Frustrationstoleranz benötigen.
Keine gute Routine
Das ist anfangs gut, im weiteren Spielverlauf jedoch nicht. Denn mit jeder verstrichenen Minute scheinen die Lebensbalken der Mutanten exponentiell zu wachsen. Selbst das gewöhnliche Kanonenfutter braucht nach wenigen Missionen ganze Magazine und feinste Schmiedekunst, um vernichtet zu werden.
Dadurch wird das im Grunde solide Gameplay auf Dauer zur monotonen und frustrierenden Langeweile. Auch die vielen Upgrades, die von kleinen Drohnen bis hin zu Statusverbesserungen reichen, helfen bei diesem grundlegenden Problem nicht weiter. Gleiches kann man von den unzähligen neuen Waffen behaupten, die man im Verlauf der Missionen sammeln kann.
Keine Frage, die vielen Verbesserungsoptionen und Kombinationsmöglichkeiten machen Spaß und motivieren sehr zum Weiterspielen, aber leider reicht das nicht für die gesamte und durchaus stolze Länge von Dead or School.
Zum Schluss müssen noch die nervigen Menüs erwähnt werden. In der gesamten Videospielindustrie scheint aktuell ein Virus umzugehen. Nein, nicht dieser. Vielmehr einer, der bei Entwicklern dafür sorgt, dass HUDs und ganze Menüs so umständlich und überladen wie möglich designt werden. Ein Virus, der hoffentlich ebenfalls bald sein Ende findet.
Dead or Boredom
Dead or School ist ein Indie-2.5D-Metroidvania. Ein Genre, das aktuell mehr als übersättigt ist. Da gilt es natürlich mit spannenden Ideen oder einer interessanten Optik herauszustechen. Hier wurde beides nicht geschafft. Die drei Entwickler, die hinter diesem Projekt standen, haben ein solides Kampfsystem mit viel Experimentier-Freiheit gepaart. Eine Kombination, die über Strecken funktioniert, aber von vielen Schwächen überschattet wird.
Es fehlt die Präzision, die man von den unzähligen Genre-Kollegen kennt. Die Feinde haben unnötig lange Lebensbalken. Gegen ein anspruchsvolles Spiel ist nichts einzuwenden, aber zwischen anspruchsvoll und frustrierend ist es nur ein schmaler Grat.
Auch das Budget hat weder für eine komplette Sprachausgabe noch für ansprechende Menüs ausgereicht. Wer Mutanten und/oder Anime-Schulmädchen mit viel Frustration toleriert, der kann gerne im Sale zuschlagen. Für den aktuellen Preis ist das Abenteuer einfach zu teuer.
Story
Gameplay
Grafik
Sound
Sonstiges
Bildmaterial: Dead or School, Marvelous / Studio Nanafushi