Titel | Arc of Alchemist |
07. Februar 2019 | |
Compile Heart | |
06. Februar 2020 | |
Idea Factory | |
06. Februar 2020 | |
Idea Factory | |
System | PlayStation 4, Nintendo Switch |
Getestet für | Nintendo Switch |
Entwickler | Compile Heart |
Genres | JRPG |
Texte |
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Vertonung |
Wir schreiben das Jahr 2020. Die neunte Konsolengeneration wartet bereits am Horizont und die achte scheint sich allem Anschein nach mit einem wahren Knall zu verabschieden. Auch Idea Factory und Compile Heart wollen in diesem letzten Jahr mitmischen. Mit Arc of Alchemist wollen sie auch Teil des epischen Knalls werden. Doch leider hat es hier nur für ein etwa 15 Jahre altes Gestöhne gereicht.
Beim Spielen dieses knapp zehn Stunden langen Abenteuers stellte sich immer wieder dieselbe simple Frage: Hat irgendjemand das Spiel vor dem Release mal angespielt? Es vergeht keine Sekunde, in welcher man nicht kopfschüttelnd vor dem Bildschirm sitzt und sich überlegt, seine Steuererklärung zu machen, da dies sicher mehr Spaß und Freude generieren würde.
I don’t like sand
Nun aber ganz von vorne. Arc of Alchemist spielt in einer „post-apokalyptischen“ Welt, in welcher Kriege und andere Konflikte alle Ozeane haben versiegen lassen. Das Spiel beginnt mit Quinn, einer Kommandantin, die sich auf Befehl ihres Vorgesetzten mit sieben Untergebenen auf die Suche nach dem großen Wunder macht. Diese mysteriöse Kraft soll die Welt wieder ins Lot bringen.
Hat man sich durch die Wüste gekämpft, ist das Spiel auch schon vorbei. Ebenso abrupt, wie es anfängt, endet es auch. Wer auch immer die Idee hatte, keinerlei Exposition und Charaktervorstellung an den Beginn zu packen, sollte seine Berufswahl überdenken. Jeder einzelne der sieben Mitkämpfer hat einen komplizierten Namen und eine Vorgeschichte mit den anderen Charakteren. Diese Verbindungen werden, wenn überhaupt, erst viel später im Spiel angerissen.
So kämpft man sich mit einer Gruppe von acht Charakteren durch die Wüste und kennt sie nicht. So eine Verbindung zu schaffen ist nicht möglich. Das Ergebnis: alle Charaktere sind einem einerlei. An sich bieten die dunklen Untertöne der Geschichte eine gute Ausgangssituation für eine spannende Erzählung, doch wird hier jegliches Potential verschenkt. Ohne Präsentation, Dramatik, gute Dialoge und Charakterbindung bleibt die Geschichte eine der großen Schwächen.
It’s coarse and rough and irritating…
Technisch weiß Arc of Alchemist auch komplett zu versagen. Es ist schwer vorstellbar, dass das Spiel jegliche Qualitätsprüfung vor dem Release erhalten hat. Stürzt man sich ins Geschehen, fällt eines sofort auf: die Framerate. Mittlerweile hat man sich daran gewöhnt, dass nicht jedes Spiel die 30 Bilder pro Sekunde dauerhaft hält, doch hier ist diese Zahl eine wahre Utopie.
Mit gefühlten 10 bis 20 Bildern pro Sekunde wandelt man durch die vielen kargen, leblosen und detailarmen Wüstenareale, die sich mehr als oft zu stark ähneln. Es fehlt an jeglicher Abwechslung und Vielfalt. Ähnlich wie die vielen zu spät geladenen Texturen, tauchen auch die Gegner aus dem Nichts auf, wenn man nah genug dran ist.
Dass bei einer solch niedrigen grafischen Qualität und langweiligen, einfarbigen Umgebung keine stabile Bildwiederholungsrate möglich war, ist beschämend. Im Docked-Modus läuft das Bild etwas flüssiger, aber bei Weitem noch nicht flüssig.
Hinzu kommt ein merkwürdiger Unschärfe-Effekt, der immer dann auftritt, wenn sich die Ausrichtung der Kamera ändert. Für kurze Zeit ist das Bild dann komplett verschwommen. Besonders in den hektischen Kämpfen fällt das sehr störend auf.
…and it gets everywhere.
Wenn es etwas gibt, das den Entwicklern nicht ganz misslungen ist, dann sind es die Charaktere. Die inhaltlich sehr flachen Figuren haben zumindest einen bunten und süßen Chibi-Look erhalten, der in einem besseren Spiel wohl größere Pluspunkte geerntet hätte. Leider bleibt es hier nur bei den süßen Designs. Die Figuren bewegen sich hölzern bis kaum, der Mund wird komplett asynchron zur japanischen Sprachausgabe bewegt und die vielen Ladezeiten stören auch hier den Fluss etwas.
Die wohl größte Stärke von Arc of Alchemist liegt zweifelsohne in der Sound-Abteilung. Glücklicherweise ist auf japanische Synchronsprecher stets verlass. Selbst den langweiligsten Charakteren wissen die Sprecher Leben und Charme einzuhauchen. Schön ist dabei, dass wirklich alle Unterhaltungen synchronisiert wurden. Dadurch gewinnen die Charaktere etwas an Tiefe.
»Mit gefühlten 10 bis 20 Bildern pro Sekunde wandelt man durch die vielen kargen, leblosen und detailarmen Wüstenareale, die sich mehr als oft zu stark ähneln.«
Doch auch der Soundtrack weiß überraschenderweise zu überzeugen. Was der Umgebung an Abwechslung und Atmosphäre fehlt, findet sich hier wieder. Mit vielen voll-orchestrierten Stücken, die sogar im Gedächtnis bleiben, erschaffen die Komponisten ihre eigene Welt beziehungsweise ihr eigenes Spiel.
Stop-Motion in Perfektion
Gameplay-technisch sieht es dann hingegen wieder weniger rosig aus. Selbstverständlich leidet das gesamte Spiel unter der untragbaren Framerate, doch selbst wenn diese stabil wäre, hätten das Spiel- und Kampfsystem zu viele offensichtliche Schwächen, um den Spieler zu fesseln und zu überzeugen.
In den trockenen Einöden wandert man mit Quinn und zwei weiteren, frei wählbaren Charakteren von einem Checkpoint zum anderen. Dazwischen liegen meistens kleinere Gruppen von Feinden, einige Fallen sowie ab und an sehr simple Rätsel-Einlagen.
An sich erinnert das Kampfsystem an einen Hack-’n’-Slash-Titel. Mit A und X löst man einfache und starke Angriffe aus, die sich je nach Waffe ändern. Leider gibt es außer dem mehrmaligen Drücken der A-Taste keine richtigen Kombinationen und 95% der Feinde lassen sich durch eben diese Kombi ohne jegliches Nachdenken oder auf den Bildschirm schauen besiegen.
Die Definition von Wahnsinn
So macht sich ziemlich schnell Langeweile breit. Denn richtige Strategien braucht man bei den meisten Auseinandersetzungen nicht. Das liegt nicht nur am Kampfsystem, sondern auch an der unterirdischen KI der Feinde und der Mitkämpfer, die viel zu oft in simpelste Angriffe rein rennen und sich mit bloßer Absicht auf Fallen stellen.
Etwas anspruchsvoller wird es bei den Boss- oder Elitegegnern, die oft genauso aussehen wie normale Feinde, nur größer und sich auch genau so verhalten. Einzig der Lebensbalken ist um ein Vielfaches größer und ebenso der Angriff. Hier spielt die Kamera auch gerne sehr wild.
Abseits des normalen Weges kann man die Wüste noch ein wenig erkunden, aber letztendlich führen alle Wege ans Ziel. Die kleinen Ausflüge nach links und rechts werden aber oft von den zuvor genannten Elite-Gegnern besetzt, sodass einem nach kurzer Zeit schon die Motivation genommen wird, irgendetwas zu erkunden.
Eins plus eins
Die genannten Rätsel sind ebenfalls nur kleine Element-Spielchen. Quinn beziehungsweise der Gruppenführer kann zwei Elemente mit sich tragen, die einen Effekt auf bestimmte Umgebungen haben. Feuer kann Eis schmelzen, welches in der Wüste natürlich weit verbreitet ist.
Erde kann zu einer Treppe geformt werden und so weiter. Diese Kombination aus Kampf- und Umgebungs-Element ist eine gute Idee und hätte für spannende Rätsel oder Kämpfe eingesetzt werden können, aber bei Arc of Alchemist werden diese nur für die simpelste aller Möglichkeiten verwendet.
An Speicherpunkten und Raststellen findet sich die zweite Hälfte des Gameplays. Hier kann man zur ganz eigenen Basis reisen, was natürlich einen langen und optisch sehr fragwürdigen Ladebildschirm mit sich zieht. Doch dabei handelt es sich nicht um ein begehbares Areal, sondern um eine kleine Map, die man sich von oben ansieht.
Eine Menü-Transplantation bitte
Hier können Waffen, Ausrüstung und Items gekauft, verkauft, auseinandergenommen und angelegt werden. Mit genügend Materialien und Geld kann die Basis mit der Zeit ausgebaut werden und die Shops erhalten mehr und besseres Equipment. Ein äußerst simples System, könnte man so denken. Doch die Menüs sind ein wahrer Alptraum.
Sie reagieren viel zu langsam auf Eingaben, sind unnötig weit gestreut und wissen auch optisch nicht zu überzeugen. Zudem werden Spieler bereits sehr früh in Form von Tutorials vor den Kopf gestoßen.
Diese erscheinen viel zu oft, werden jedes Mal wiederholt und nur in wirklich abstoßender Art auf den Bildschirm geworfen, sodass man bereits nach kürzester Zeit von diesen genervt ist. Jede andere Art, den Spieler durch die Tutorials zu führen, wäre besser gewesen als die hier gewählte.
Lard of Alchemist
Hat man sich in Arc of Alchemist durch die unzähligen nervigen Tutorials, die mehr als schwache Grafik und die katastrophale Framerate geschlagen, wartet das Spiel mit einer uninspirierten Geschichte auf, von der man das Gefühl hat, man habe die Hälfte bereits verpasst. Die vielen Charaktere werden kaum vorgestellt und bleiben auch bis zum Ende sehr blass, die düstere Thematik wird nur selten in den Mittelpunkt gestellt und auch der wirklich gelungene Soundtrack schafft es nicht, das Ruder noch herumzureißen.
Kommt man dann endlich zum Kämpfen, reicht immer wieder derselbe Knopfdruck, um durch fast alle Auseinandersetzungen zu kommen. Jegliche Erkundungen werden direkt bestraft und das simple, aber monotone Ausbauen der Basis weiß auch nicht so ganz zu gefallen. Die langweiligen, ausschließlich aus Wüsten bestehenden Umgebungen tun dann ihr Letztes, um die zehn Stunden bis zum Abspann weniger angenehm zu machen. Es ist und bleibt ein Rätsel, wieso hier keine Qualitätssicherung durchgeführt wurde.
Story
Gameplay
Grafik
Sound
Sonstiges
Bildmaterial: Arc of Alchemist, Idea Factory International / Compile Heart