Mit Pokémon Schwert und Pokémon Schild haben Nintendo und Game Freak die Fangemeinde der etablierten Reihe stark gespalten. Einer der Hauptgründe dafür war die Entscheidung, nicht mehr alle Pokémon in das Grundspiel zu packen. Auch eine Verbindung mit älteren Spielen ist noch nicht möglich. Somit müssen also auch Fans, die bereits zahlreiche tolle Pokémon haben, komplett neu beginnen. Das bringt dementsprechend ein paar Probleme mit sich.
Das Ärgernis und die Probleme
Natürlich ist es besonders ärgerlich für diejenigen, die seit vielen Generationen ihre Lieblinge mitnehmen. Ebenfalls ist diese Entscheidung sehr schade für alle kompetitiven Spieler. Diese haben in der Vergangenheit viele Stunden, wenn nicht sogar Tage, in die Entwicklung ihrer Teams gesteckt. Die bleiben nun auf der Strecke, verschwinden ja aber nicht und können noch in den alten Generationen genutzt werden. Mit Pokémon Home, welches bald erscheint, ist dieses Problem allerdings auch beseitigt.
In Pokémon Schwert und Schild beträgt die Gesamtzahl der Pokémon im Pokédex genau 400 Pokémon. Darunter finden sich über 80 komplett neue Taschenmonster, was die gesamte Anzahl an virtuellen Wesen auf knapp 900 Pokémon bringt. Diese Zahl muss man sich einmal vor Augen halten. Die Serie hat mit 151 Tierchen begonnen und diese Zahl wurde im Laufe der Jahre deutlich erhöht.
Riesige Anzahl an Pokémon
Aus Sicht der Fans bedeutet dies nun: Man kann extrem viel fangen, hat viel zu tun – theoretisch. Die Abwechslung ist riesig und jeder kann seine eigenen Lieblings-Pokémon in ein Team seiner Wahl stecken. So positiv wie das klingt, ist das aber gar nicht für jeden. In den vergangenen Generationen wurde mir das alles dann doch zu viel. Ich habe meist die Story durchgespielt, dann versucht alle Pokémon zu fangen, aber nach kurzer Zeit wurde es mir doch einfach ein zu großer Berg, den ich da erklimmen müsste.
Eines der größten Probleme war, dass man Spiele alter Generationen nutzen musste, um alles zu erhalten. Dann müsste ich also extrem viel umher tauschen, letztendlich sowieso mit mir selbst, und müsste auch in den alten Editionen noch spielen, um zu bekommen, was ich brauche. Aber das Hauptproblem war einfach die Masse. Bei Sonne und Mond waren es nun über 800 Pokémon, die ich hätte sammeln müssen. Das kann ja jeder angehen, wie er will, mir nimmt das aber eher einfach die Lust. Ich fühlte mich erschlagen.
Mit Pokémon Schwert und Schild fühlte ich mich nie so. Ich habe mittlerweile sogar den Pokédex vervollständigt und freue mich sehr darüber. Seit Pokémon SoulSilver auf dem DS habe ich dies nicht mehr versucht (und selbst damals bin ich gescheitert). Der Hauptgrund für diesen Erfolg mit der neuesten Generation liegt in dem geschlossenen Kreislauf. Fast alle Mons kann ich in Schwert fangen, bis halt auf diejenigen, die man nur in Schild bekommt. Das war somit für mich deutlich motivierender und spaßiger. Auch die Naturzone und der Fakt, dass man da bereits entwickelte Pokémon fangen kann, hat das Ganze für mich viel spannender gemacht.
Nicht nur für mich ein Haufen Arbeit
Nun möchte ich mal den Blick auf Game Freak lenken. Von den Fans lese ich oft, die Firma sei einfach faul und geldgeil. Diese Rufe wurden nun nach der Ankündigung der DLC-Erweiterung, welche 200 neue „alte“ Pokémon bringt, noch lauter. Wie kann es eine Firma nur wagen, Geld verdienen zu wollen?!
Aber mal ernsthaft. Ich finde den Weg, den Game Freak mit Pokémon Schild und Schwert geht, absolut perfekt. Endlich sind sie in der aktuellen Konsolengeneration angekommen. Man hat sich bewusst dafür entschieden, in das Basis-Spiel „nur“ 400 Monster einzubauen, um mit den enthaltenen Tierchen dann wenigstens die beste Qualität liefern zu können. Es ist mittlerweile klar, dass viele Modelle aus den 3DS-Spielen übernommen wurden und Game Freak mit einem Statement, man würde alle neu modellieren, sich dementsprechend nicht mit Ruhm bekleckert hat. Das kann man auch kritisieren, man hätte einfach direkt ehrlich sein sollen.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Game Freak einfach alle Daten übertragen hat und sich dann mit Kaffee und Kuchen für zwei Jahre vergnügt hat. Die Entwicklung von Spielen ist deutlich komplexer als wohl eine Vielzahl der Fans zu verstehen mag. Es bleibt ja bei Pokémon Schwert und Schild nicht nur bei der Animation von Pokémon im Kampf, sondern jedes Monster musste auf Dynamax angepasst werden und, viel wichtiger, alle Pokémon haben Lauf- und Spielanimationen für das Pokémon-Camp erhalten. Das wäre bei knapp 900 Taschenmonstern einfach ein so großes Projekt, dass man sich für die Kürzung auf die verfügbaren Wesen entschieden hat. Eine Verschiebung des Spiels ist gar nicht möglich, da an dem Release so viel mehr hängt: Plüsch-Tiere, Merchandise, Anime etc. Außerdem brauchen die Fans ja ihren Fix, sonst wird ja auch gemeckert.
Der böse Download-Inhalt
Natürlich hat man dann von Anfang an geplant, weitere Pokémon als DLC zu verkaufen. Das kann man kritisieren! Mich persönlich stört es nicht. Der Grund: Der DLC bringt mir ja nicht nur neue Pokémon, sondern auch neue Gegner, neue Inhalte, neue Gegenden. Außerdem: neue Klamotten! Wie geil ist das bitte? Zudem hat man nun in den vergangenen Monaten eindeutig kräftig am DLC gearbeitet, wahrscheinlich auch schon während der Entwicklung des Hauptspiels. Es dauert auch noch, bis er erscheint. Dabei kann man dann aber davon ausgehen, dass es hier qualitativ keine Probleme geben wird und wir ordentliche neue Inhalte bekommen.
Der Schritt ist auch in der heutigen Zeit nicht ungewöhnlich, im Gegenteil. Es gibt zahlreiche große beliebte Spiele, deren DLC bereits während der Entwicklung entsteht, um dann die Fans länger bei Laune zu halten, das Spiel länger zu unterstützen und natürlich um noch ein wenig mehr Geld zu verdienen. Bereits als ich anfing, Pokémon Schwert zu spielen, hatte ich gehofft, dass Game Freak auch endlich den Weg geht, diesen Titel länger am Leben zu erhalten als bisher. Und auch mit mehr als nur ein paar Download-Codes für Event-Pokémon, wie es bei älteren Generationen der Fall war.
Genau dies macht man nun, mit neuen Raid-Pokémon wie Gigadynamax-Relaxo oder dem Event zu Beginn des Jahres, wo goldene Karpador häufiger aufgetaucht sind. Man macht aus Pokémon Schwert und Schild ein halbes MMO, welches regelmäßig mit kleinen neuen Inhalten beliefert wird und bald durch eine Erweiterung noch größer wird.
Keine neue Edition
Der Sinn hinter dem DLC, wie bereits in der vergangenen Nintendo Direct zu Pokémon Schwert und Schild genannt, ist das Ersetzen einer weiteren Edition von Schwert und Schild. Dieser Schritt ist deutlich besser und moderner. Wie groß wäre nun der Aufschrei gewesen, wenn man eine dritte Edition veröffentlicht hätte, mit den Inhalten des DLCs?
Bei einer neuen Edition hätten Fans nun noch einmal 60 Euro rausballern müssen, wenn sie die neuen Inhalte haben möchten. Außerdem muss man da noch einmal von vorn anfangen oder man tauscht sich seine Pokémon rüber. Durch den DLC, der viele neue Inhalte für „nur“ 29,99€ bringt, kann man direkt mit seinem bestehenden Team und Fortschritt weiterspielen. Ich sehe diese Entscheidung als absolute Win-Win-Situation für alle.
Hinzu kommt, dass man für die neuen Pokémon technisch gesehen nicht einmal den DLC kaufen muss. Wie Game Freak direkt bekannt gab, können auch diejenigen ohne Erweiterung die neuen Taschenmonster durch Link-Tausch oder Zaubertausch erhalten. Nur die neuen Story-Inhalte und Gegenden bleiben einem dann vorenthalten.
Nicht ohne Kritik, auch von mir
Ich muss an der Stelle sagen, Pokémon Schwert ist nun, nachdem ich den Pokédex voll habe, eines meiner absoluten Lieblingsspiele aus der Reihe. Das liegt an den neuen Charakteren, die allesamt diverse Entwicklungen durchmachen! Und an der tollen Welt, den neuen coolen Pokémon und den Dynamax-Funktionen. Dabei gibt es natürlich auch von mir Dinge, die ich stark kritisiere. Beispielsweise sind die Online-Funktionen unnötig umständlich und einfach merkwürdig gelöst. Wieso kann ich kein Pokémon zum Tausch anbieten und dann eine Anzahl an anderen, mir noch fehlenden Pokémon, im Gegenzug verlangen? Dies ging doch bereits in den DS-Spielen, dieser Rückwärtsschritt ist mir schleierhaft.
Auch das Spielen mit Freunden ist unnötig kompliziert. Wenn ein Kumpel einen Dyna-Raid startet, dann lasst mich doch einfach direkt über eine Freundesliste im Spiel joinen und nicht ewig filtern und hoffen, dass es auftaucht. Auch das System mit Passwörtern für Tausch und Kampf ist sinnlos, lasst mich doch einfach jemanden aus einer Liste auswählen und eine Anfrage zum Tausch schicken.
Unverständliches Verhalten der Fans
Ihr seht also, ich mag die neue Pokémon-Generation. Ich verlange gar nicht, dass mir alle zustimmen und ich möchte auch niemanden bekehren. Jeder hat so seine Meinung und das ist auch perfekt so. Nicht so toll ist dann die Art und Weise, wie manche Fans ihre Meinung dann kundtun. Tägliche Hass-Mails und -Tweets an Nintendo, Game Freak oder Jun’ichi Masuda, den Direktor der Spiele. Auch Angriffe auf andere Fans, die Spaß mit den Spielen haben, habe ich leider viel zu häufig gesehen.
Ein solches Verhalten ist einfach inakzeptabel. Kritik äußern ist gut, aber es sollte überlegte und durchdachte Kritik sein. Denkt doch einfach mal einen Schritt weiter, bevor ihr euch aufregt, Game Freak sei faul und möchte nur euer Geld. Natürlich möchte die Firma unser Geld, aber von Faulheit kann nicht viel Rede sein, wenn Pokémon fehlen. Gründe dafür habe ich euch oben aufgezeigt. Und die größte Stimme ist noch immer der Geldbeutel: Wenn es euch nicht gefällt, dann kauft es nicht. Oder vielleicht doch, denn wenn man einmal mit dem blinden Hass aufhört, könnte man sich am Ende noch dabei erwischen, wie man Spaß mit den neuen Editionen hat.
Bildmaterial: Pokémon Schwert und Schild, Nintendo, The Pokémon Company / Game Freak