Bildmaterial: Sekiro: Shadows Die Twice, Activision / FromSoftware
Seit einigen Monaten tobt im Internet eine hitzige Debatte um das Thema Zugänglichkeit, die alle paar Wochen erneut aufkeimt. Während die eine Seite fordert, alle Spiele sollten einen einfachen Schwierigkeitsgrad zur Auswahl haben, beharrt die Gegenseite darauf, dass eine solche Option der Vision der Entwickler widersprechen würde. Spiele wie Dark Souls seien darauf ausgelegt, herausfordernd zu sein. Ein einfacher Schwierigkeitsgrad würde die Sache sinnlos machen.
Wie leider üblich wird diese Diskussion oft sehr einseitig geführt. Beide Seiten sind von ihrer Position überzeugt und weigern sich, sich auch nur ein wenig in die Gegenposition hineinzuversetzen. In diesem Artikel möchte ich meine eigene Meinung darlegen und für mehr Offenheit plädieren.
Schwierigkeitsgrad ist relativ
»Was der eine als schwierig empfindet, ist für den anderen gar nicht herausfordernd.«
Wenn wir von Schwierigkeitsgraden reden, gehen wir manchmal davon aus, dass sie für alle Spieler dasselbe bedeuten. Jeder findet ein Spiel auf „Einfach“ einfach und ein Spiel auf „Schwer“ durchzuspielen ist eine Leistung, auf die man stolz sein kann.
Schnell vergessen wir, dass das Ganze ausgesprochen relativ ist. Was der eine als schwierig empfindet, ist für den anderen gar nicht herausfordernd. Liest man sich im Internet Meinungen zu Sekiro durch, bezeichnen es einige Spieler als das härteste Spiel FromSoftwares, während andere relativ locker durch das Spiel gekommen sind.
Erfahrung, natürliches Talent, Fingerfertigkeit, Durchhaltevermögen, Geduld, Glück, Belastbarkeit in Stresssituationen – all diese und weitere Faktoren bestimmen in der Regel, als wie einfach und schwierig wir ein Spiel wahrnehmen. Erfahrungsgemäß heißt es natürlich „Übung macht den Meister“ und dies stellt auch den Kern der meisten Spiele dar. Doch man sollte nicht vernachlässigen, dass auch Faktoren ausschlaggebend sind, auf die wir keinen Einfluss nehmen können. Das schließt auch körperliche Beeinträchtigungen ein.
Manche Spieler argumentieren aus einer elitären Perspektive. Sie wollen sich darüber definieren, einer kleinen Gruppe anzugehören, die es schafft, eine besondere Herausforderung zu meistern. Wenn jeder so ein Spiel durchspielen könnte, geht für sie ein Teil des Reizes verloren. Doch ist das nicht letztlich eine Sache des Egos?
Kleine Anpassungsmöglichkeiten mit großer Wirkung
Lassen wir die Diskussion um den Schwierigkeitsgrad einen Augenblick beiseite. In vielen Fällen können einfache Eingriffe oder Wahlmöglichkeiten bereits helfen, Spiele zugänglicher zu machen. Zum Beispiel die Konfiguration der Tastenbelegungen oder die Wahl der Schriftart. Die Verfügbarkeit alternativer Navigationsmöglichkeiten oder ein regelbarer Lautstärkepegel (zumindest dies ist zum Glück Standard).
Selbstverständlich kann man insbesondere von kleinen und mittelgroßen Entwicklern nicht erwarten, Optionen zur Verfügung zu stellen, die einen erheblichen Mehraufwand bei der Entwicklung bedeuten würden. Doch viele dieser Optionen sind denkbar einfach zu implementieren, machen aber für viele Spieler einen gewichtigen Unterschied.
Ich finde beispielsweise bei vielen Switch-Spielen (aber auch vielen anderen HD-Titeln) die Schrift deutlich zu klein, um sie angenehm zu lesen – dabei leide ich nicht einmal unter einer Sehschwäche. Ich würde mich freuen, wenn die Option, die Textgröße zu verändern, zum Standard werden würde.
Die Verführung des einfachen Weges
Anfangs war ich dem Schrei nach der Wahl eines Schwierigkeitsgrades kritisch eingestellt. Wo sollte man die Grenze ziehen? Solle der Spieler die komplette Kontrolle über die Spielmechaniken haben?
Ich war beispielsweise etwas verärgert, dass Square Enix sich entschieden hat, in die Remaster-Fassungen von Final Fantasy VII, VIII und IX Cheats einzubauen, die der Spieler beliebig nutzen kann. Nicht nur ist das eine faule Lösung, um die schlecht gealterten Aspekte dieser Spiele zu kompensieren, diese Cheats geben dem Spieler auch mehr Macht, als er vielleicht haben sollte.
»Je mehr Optionen zur Auswahl stehen, umso größer ist die Verführung.«
Ich bin jemand, der sich vielleicht über die Option freut, Zufallskämpfe deaktivieren zu können. Aber alle Items, alle Skills, den Maximallevel per Knopfdruck erhalten? Die bloße Option dazu nimmt mir den Spaß. Ich will diese Cheats nicht nutzen, verliere aber zugleich die Motivation, es auf „ehrlichem Wege“ zu versuchen.
Auch ein frei wählbarer Schwierigkeitsgrad hat mich beizeiten gestört. Oft ist die Verführung zu groß, bei einem harten Bosskampf auf „Einfach“ zu schalten, auch wenn ich mich eigentlich mehr freuen würde, wenn ich ihn ohne diesen Weg gewinnen würde. Nur manchmal siegt die Bequemlichkeit – je mehr Optionen zur Auswahl stehen, umso größer ist die Verführung.
Die Wahl zur Nicht-Wahl
Die Lösung des Problems ist denkbar einfach: Gebt Spielern die Wahl, ein Spiel einfacher zu gestalten. Gebt ihnen aber auch die Wahl zur Nicht-Wahl. Das heißt: Wenn ich mich am Anfang dafür entscheide, ein Spiel auf „Schwer“ anzugehen, gebt mir die Option, eine Änderung des Schwierigkeitsgrades unwiderruflich zu deaktivieren. Wenn ich in Final Fantasy IX nicht die Option haben will, Cheats zu nutzen, lasst mich sie permanent deaktivieren.
Manchmal können Optionen einschränken. Wenn man aber die Option hat, die Optionen einzuschränken, wäre das Problem dann nicht gelöst?