Titelbild: The Game Awards
Letzte Woche gingen die The Game Awards 2018 über die Bühne, eine große Gala von und mit Geoff Keighley. Innerhalb weniger Jahre hat Keighley eine Veranstaltung ins Leben gerufen und weiterentwickelt, welche viel Beachtung erfährt. Die Mischung aus Preisverleihung und Pressekonferenz sorgt dafür, dass vom großen Konsolenhersteller bis hin zum kleinen Indie-Entwickler jeder eine Plattform vorfindet. Mit dem Einbezug von eSports-Awards sprang man auch auf diesen lukrativen Zug auf.
Schon im Vorfeld versprach man viele Neuankündigungen, die eigentliche Preisverleihung dürfte für die meisten Zuschauer im Livestream eine Nebensache gewesen sein. Da The Game Awards wie die E3 in Los Angeles stattfindet, kriegen wir dabei auch leider das bekannte „Sony-Feeling“ von der E3-Pressekonferenz, welche jeweils ebenfalls mitten in der Nacht stattfindet. Oder man schaut sich das Ganze gemütlich in der Aufzeichnung an.
Sony, Nintendo und Microsoft in trauter Eintracht
Von links nach rechts: Shawn Layden, Phil Spencer und Reggie Fils-Aimé gemeinsam auf der Bühne. Stark. (Bild: The Game Awards 2018, Screenshot aus Livestream)
Gleich zu Beginn schaffte es Geoff Keighley, dass die „Großen Drei“ vertreten durch Shawn Layden (Sony), Phil Spencer (Microsoft) und Reggie Fils-Aimé (Nintendo) gemeinsam die Bühne betraten und Einigkeit demonstrierten. Wow. Natürlich schätzt und respektiert man sich mehrheitlich in der Branche, aber gerade bei der E3 und gelegentlich in den sozialen Medien teilt man gerne auch Seitenhiebe aus.
Jedenfalls war das ein starkes Zeichen, dass man sich an diesem Abend trotz aller Konkurrenz quasi als Team präsentierte. Die Branche wollte sich selber feiern und ließ den sogenannten Konsolenkrieg ruhen. Keiner musste eine E3 „gewinnen“, etwas, was Sony im nächsten Jahr sowieso nicht schaffen wird. Oh, wir wollten ja keine Seitenhiebe heute. Entschuldigung.
Neuankündigungen am laufenden Band
Zusätzlich sorgte ein großes Live-Orchester für die richtige Stimmung. Keighley hat sich mächtig ins Zeug gelegt, eine gelungene, kurzweilige Show abzuliefern. Von dieser Bühne will die Branche aber natürlich auch profitieren, so gab es gewichtige Ankündigungen. Die Rückkehr von Crash Racing, Mortal Kombat 11, ein neues Spiel aus der bekannten Dragon-Age-Reihe, das kann sich alles sehen lassen. Letzterem gönnte man zwar nur einen eher nichtssagenden Render- und Artwork-Trailer und auch noch keinen endgültigen Namen, aber Fans der Reihe dürften dennoch gejubelt haben.
Indies sind mehr als nur ein Farbtupfer (Bild: The Last Campfire, Hello Games)
Daneben hatte es aber auch Platz für viele neue, spannende Indie-Projekte wie The Last Campire, Among Trees, Sayonara Wild Hearts und Hades, welche mit Gameplay- und Grafikkonzepten fernab des AAA-Geschäfts mehr als nur sympathische Farbtupfer waren. Auch die Konsolenhersteller wissen, dass diese eine Bereicherung sind und vielleicht nicht sehr viele Konsolen verkaufen, aber dem Angebot zusätzliche Breite geben. Ein Auftritt bei den The Game Awards mit einem Millionenpublikum erreicht zweifellos eine Werbewirkung, welche für ein kleines Studio sonst nicht möglich wäre.
Die Abräumer kommen nicht aus Japan
Kommen wir nun aber zu den Gewinnern des Abends. Red Dead Redemption 2 ging bei acht Nominierungen wenig überraschend als Abräumer mit vier Preisen nach Hause. Die wichtigen Kategorien „Best Narrative“ und „Best Score/Music“ konnte der Blockbuster von Rockstar Games für sich entscheiden. Allerdings unterlag man God of War in den Kategorien „Best Game Direction“ und „Game of the Year“, womit die wichtigste Auszeichnung an Sonys Santa Monica Studio ging. Für viele durchaus eine kleine Überraschung. Eine regelrechte Sensation wäre es wohl gewesen, wenn mit Monster Hunter: World das einzige nominierte Spiel aus Japan in dieser Kategorie gewonnen hätte.
Gewählt zum besten Rollenspiel des Jahres wurde Monster Hunter: World (Bild: Capcom)
Mit bereits über zehn Millionen verkauften Exemplaren ist der Titel zweifellos ein riesiger Erfolg für Capcom, aber in einem „Rockstar-Jahr“ ist die Luft von vornherein dünn, wenn Ende des Jahres Preise verliehen werden. Allgemein muss man genau hinschauen, um japanisches Schaffen unter den Preisträgern zu finden.
Monster Hunter: World setzte sich als bestes Rollenspiel gegen fast ausschließlich japanische Konkurrenz durch, Ni no Kuni II, Dragon Quest XI und Octopath Traveler zogen den Kürzeren. Dabei gewann zweifellos das erfolgreichste Spiel, aber auch jenes, welches am wenigsten in die Kategorie passte.
Die zwei weiteren Gewinner aus Japan sind Dragon Ball FighterZ als bestes Fighting Game und Astro Bot Rescue Mission vom Sony Japan Studio aus bestes VR-Spiel. Ersteres trat gegen ausschließlich japanische Mitkonkurrenten an, Letzteres gegen eher überschaubare Konkurrenz in einer Nebenkategorie. Wir halten also ein wenig ernüchtert fest, dass japanische Videospielkunst fast nur dann gewonnen hat, wenn es eine interne Angelegenheit war. Das wirft nun nicht eben ein gutes Licht auf japanische Spiele mit dem Jahrgang 2018.
Ohne Nominierungen gibt es auch keine Preise
Octopath Traveler war drei Mal nominiert, ging aber ebenfalls leer aus. (Bild: Square Enix)
Wenn wir die Nominierungen betrachten, gibt es ebenfalls recht wenig Japan zu sehen. Neben den bereits genannten Kategorien war Monster Hunter: World noch als bestes Multiplayer-Spiel vorgeschlagen, Ni no Kuni II und Octopath Traveler waren zusätzlich zur Rollenspiel-Kategorie auch noch für ihre Musik nominiert, zweitgenannter Titel auch noch für die Art Direction.
Bei den Strategiespielen unterlag Valkyria Chronicles 4 gegen Into the Breach, Mario Tennis Aces wurde bei den Sportspielen von Forza Horizon 4 überrollt und bei den Action-Spielen war für Mega Man 11 nichts gegen Dead Cells zu holen. In der etwas schwerer verständlichen Kateogrie „Games for Impact“ ging schließlich auch The Missing: J.J. Macfield and the Island of Memories leer aus. Einen bleibenden Eindruck hat der Titel von Hidetaka Suehiro aber auch für den stümperhaften Release im Westen hinterlassen.
Nintendo kann es auch nicht richten
Nintendo war in bloß zwei Kategorien nominiert und ging mit leeren Händen nach Hause. (Bild: Super Mario Party, Nintendo)
Bei den besten Familienspielen wird es dann vor allem für Nintendo bitter, quasi die japanische Award-Garantie in dieser Kategorie. Zählt man Pokémon Go etwas großzügig auch zum japanischen Riesen hinzu, gewann man diese Auszeichnung bisher vier Mal bei vier Austragungen. Die weiteren Sieger der Vorjahre waren mit Super Mario Maker, Mario Kart 8 und Super Mario Odyssey allesamt Mario-Spiele.
Diese Serie riss nun aber in diesem Jahr, denn Overcooked 2 gewann. Nintendo war drei Mal nominiert mit Mario Tennis Aces, Nintendo Labo und Super Mario Party, zudem war man auch beim fünften Nominierten, Starlink: Battle for Atlas, mit einer breit beworbenen Star-Fox-Mission für Nintendo Switch am Start. Vielleicht hat sich Nintendo hier selber die Stimmen weggenommen, aber es passt irgendwie ins Bild. Nintendo ging in überhaupt keiner Kategorie als Gewinner nach Hause.
Im letzten Jahr war alles besser
Man könnte nun zum Schluss kommen, dass eine Preisverleihung wie The Game Awards einen westlichen Fokus hat, aber ein Blick auf das Jahr 2017 zeigt ein anderes Bild. Vor Jahresfrist räumten japanische Spiele schon fast reihenweise ab. The Legend of Zelda: Breath of the Wild gewann drei Preise, darunter die Königskategorie „Game of the Year“ sowie „Best Game Direction“ und bestes Action-Spiel.
Super Mario Odyssey war zusammen mit der Familien-Kategorie sage und schreibe sechs Mal nominiert. NieR: Automata wurde für die beste Musik geehrt und Persona 5 als bestes Rollenspiel. An Resident Evil 7 gab es bei den VR-Spielen kein Vorbeikommen. Mehr als ein Drittel aller Auszeichnungen blieb 2017 in Japan und dies in wichtigen Kategorien.
Die Zukunft ist durchaus verheißungsvoll
Im nächsten Jahr könnte Japan wieder groß abräumen. (Bild: Sekiro: Shadows Die Twice, Activision / FromSoftware)
Man sollte zwar nicht ein ganzes Jahr nur anhand von Awards bewerten, aber das Jahr 2018 wird nicht als herausragender Jahrgang in Erinnerung bleiben, was Spiele aus Japan angeht. Deswegen war man folgerichtig bei den The Game Awards 2018 auch nur in einer Nebenrolle anwesend. Für das nächste Jahr stehen die Zeichen jedoch wieder besser.
Titel wie Kingdom Hearts III, Sekiro: Shadows Die Twice und Devil May Cry 5 versprechen alleine schon in den ersten drei Monaten potentielle Highlights, an welche man sich auch gegen Ende des Jahres noch erinnern könnte. Mit genauen Plänen hält sich Nintendo zudem noch zurück, alleine der kommende Pokémon-Titel dürfte hier jedoch größere Wellen werfen. Die eher unschöne Bilanz bei den diesjährigen The Game Awards könnte dann bereits wieder vergessen sein.