Im Test! Yakuza Kiwami 2

  • Titel Yakuza Kiwami 2
    Japan 07. Dezember 2017
    Sega
    Nordamerika 28. August 2018
    Sega
    Europa 28. August 2018
    Sega
    System PS4
    Getestet für PS4
    Entwickler Sega
    Genres Action
    Texte
    Nordamerika
    Vertonung Japan

    Als ich damals den Test zu Yakuza 0 schrieb, war die Zukunft der Reihe im Westen noch ungewiss, auch wenn es nach der positiven Rezeption des Spiels genug Gründe gab, optimistisch zu sein. Knapp anderthalb Jahre, drei lokalisierte Yakuza-Titel und den ersten PC-Port später lässt sich mit Bestimmtheit sagen, dass Segas Bemühungen Früchte getragen haben: Yakuza ist nun eine etablierte Marke im Westen, auf die man auch in Zukunft bauen können wird.

    Yakuza Kiwami 2, ein Remake von Yakuza 2, das seinerzeit für PlayStation 2 erschien, ist der neuste und technisch modernste Yakuza-Titel. Was das Spiel zu bieten hat, verraten wir euch in diesem Test.

    Willkommen zurück, auf ein Neues

    Yakuza Kiwami 2 setzt ein Jahr nach den Ereignissen des Vorgängers an. Obwohl großzügige Flashbacks den Spieler zu Beginn des Spiels über die vorhergegangenen Ereignisse informieren und man Yakuza Kiwami 2 durchaus auch alleinstehend genießen kann, ist aufgrund der vielen wiederkehrenden Charaktere ein Einstieg bei Yakuza 0 oder Yakuza Kiwami ratsamer. Die Geschichte des Ursprungsspiels wurde im Remake nicht groß verändert, viele kleine Anpassungen haben jedoch stattgefunden – so wurde beispielsweise das komplette Spiel (mit denselben Sprechern) neu vertont.

    Wieder einmal schlüpft der Spieler in die Rolle des nun Ex-Yakuza Kiryu Kazuma, dessen Rolle es in Yakuza 2 ist, einen drohenden Krieg zwischen zwei Yakuza-Clans zu vermeiden und die Bedrohung durch eine koreanische Mafia-Slash-Terroristengruppe abzuwenden. Dabei erkundet man erneut die dem Tokioter Stadtteil Kabukicho nachempfundene Stadt Kamurocho und begibt sich zudem nach Sotenbori (Realvorbild: Dotonbori) im Herzen Osakas. Beide Orte sind Spielern von Yakuza 0 bereits bekannt.


    Die Handlung wirkt deutlich fokussierter als noch im ersten Yakuza Kiwami und das wendungsreiche Intrigenspiel ist von Anfang bis Ende spannend, obwohl man durchaus anlasten kann, dass die politischen Intrigen und vielen involvierten Parteien das Gesamtbild recht unübersichtlich machen. Im Kern ist die Geschichte natürlich in vielerlei Hinsicht kitschig und überzeichnet und erreicht die Höhepunkte und das erzählerische Fingerspitzengefühl von Yakuza 0 nicht ganz, aber es sind gerade die immer wiederkehrenden Themen wie Brüderlichkeit, Ehre, Macht und Verrat, die die Serie ausmachen. Der Charme all dessen liegt gerade in der bewussten Überinszenierung dramatischer Momente. Insbesondere das epische Finale des Spiels wird so mitreißend präsentiert, dass man der Geschichte gar nicht übelnehmen kann, dass sie vor Pathos nur so trieft, sondern sie einfach für das akzeptiert, was sie sein will.

    »Die Handlung wirkt deutlich fokussierter als noch im ersten Yakuza Kiwami.«

    Besonders überzeugen können die Charaktere: Zwar weiß man bei Kiryu seit jeher, was man bekommt und kann keine großen Überraschungen erwarten, doch viele der aus Yakuza Kiwami bekannten Charaktere werden entscheidend vertieft, insbesondere was ihre Vergangenheit angeht. Von den neuen Figuren ist vor allem die Polizistin Kaoru Sayama hervorzuheben, die zu den wenigen starken weiblichen Hauptfiguren im von Testosteron-geladenen Männern dominierten Franchise zählt. Sie auf der Suche nach ihrer eigenen Vergangenheit zu begleiten und dabei zuzusehen, wie sie nach und nach den weichen Kern unter ihrer harte Schale offenbart, ist nicht weniger spannend als Kiryus Kampf um die Zukunft des Tojo-Clans.

    Mehr Bekanntes als Neues

    Die Yakuza-Serie übernimmt seit jeher einen großen Teil der Spielmechaniken und Orte der Vorgänger in jedes neue Spiel, nimmt dabei jedoch stets Ergänzungen und Feinschliff vor.

    Yakuza Kiwami 2 ist das zweite Spiel, welches die von Sega speziell für das Franchise entwickelte Dragon Engine nutzt. Die technischen Probleme des noch mit einer unfertigen Engine produzierten Yakuza 6 scheinen alle behoben worden zu sein. Im direkten Vergleich zum Kiwami-Vorgänger fällt vor allen Dingen auf, dass Ladezeiten innerhalb der Stadt nun komplett wegfallen – man kann Gebäude übergangsfrei betreten und verlassen. Dies sorgt zwar für etwas längere Ladezeiten vor und nach Zwischensequenzen und Minispielen, kommt dem Spiel allgemein aber definitiv zugute.

    Ebenfalls neu ist, dass man nun mit Objekten interagieren kann: Fahrräder, Kisten, Stühle und Tische kann man nun allerorts verschieben, umwerfen und zerstören, auch wenn dies keinen praktischen Nutzen hat. Auch grafisch profitiert das Spiel natürlich sehr von der neuen Engine und mehr noch als zuvor ist die technische Qualität der vielen Zwischensequenzen mit das Beste, was die japanische Spieleindustrie hervorgebracht hat.

    Abgesehen von der Engine ist fast alles beim Alten: Kamurocho und Sotenbori haben sich in Details geändert (man kann nun beispielsweise mehr Gebäude betreten), aber bieten keine größeren neuen Abschnitte. Auch die Minispiele entsprechen größtenteils denen der Vorgänger. Neu sind beispielsweise der Sega-Klassiker Virtua Fighter 2 in den Arcade-Hallen, erotisches Fotoshooting mit echten Models und Golf-Bingo, aber wer Yakuza 0 und Yakuza Kiwami gründlich gespielt hat, wird die meisten Beschäftigungsmöglichkeiten wiedererkennen.

    Auch die beiden „großen Minispiele“ sind keineswegs neu: Den überaus spaßigen Host-Club-Simulator gab es bereits in Yakuza 0 und der Clan Creator mit seinen Echtzeit-Strategie-Missionen – ähnlich den Militäreinsätzen im kürzlich erschienenen Ni no Kuni II – ist eine überarbeitete Version des gleichen Spiels aus Yakuza 6. Das heißt natürlich nicht, dass man in die Spiele nicht viele spaßige Stunden versenken kann – insbesondere, wenn man sich mit ihnen in den anderen Spielen noch nicht so intensiv auseinandergesetzt hat. Leider eignen sich Echtzeit-Strategie-Spiele von der Steuerung her nur bedingt für Konsolen, weshalb die Clan-Kämpfe leider schnell unübersichtlich werden. Im Fall beider Minispiele wird man wieder mit herrlich absurd-lustig-charmanten Nebengeschichten belohnt, die die Serie ebenso ausmachen wie die ernste Hauptgeschichte.

    Natürlich sind die allseits beliebten Sidestorys mit ihrer Mischung aus schrulligem Charme, verrückten Ideen und bewegenden Schicksalen wieder in Hülle und Fülle dabei. Das Kampfsystem wurde wie bereits in Yakuza 6 in seiner Komplexität reduziert, die verschiedenen Kampfstile aus Yakuza 0 und Kiwami gibt es nicht mehr. Stattdessen spielen nun Waffen eine größere Relevanz, was einen guten Kompromiss darstellt. Das Skillsystem ist ebenfalls neu und gelungen: Fünf Attribute („Stärke“, „Beweglichkeit“ etc.) haben nun ihre eigene Art von EXP, die man durch alle Aktivitäten im Spiel, von den Kämpfen über die Minispiele bis zu den Nebenaufgaben und dem Verzehr von Essen, erhält. Man kann sich selbst aussuchen, ob man zunächst lieber neue Techniken lernen, Komfortfunktionen freischalten oder Kiryus Statuswerte erhöhen möchte.

    Leider wurde dabei ein zentrales Element der Vorgänger verschlimmbessert. Zwar hat die umfangreiche „Completion List“, quasi eine Sammlung von In-Game-Achievements, wieder ihren Weg ins Spiel gefunden, doch werden die Errungenschaften diesmal nur sehr spärlich mit Erfahrungspunkten vergütet, sodass abgesehen vom Komplettierungsdrang fast gar kein Anreiz besteht, auf Achievement-Jagd zu gehen.

    Yakuza bleibt Yakuza

    Seit jeher ist Yakuza eine Serie, die nur kleine Änderungen an der Grundformel vornimmt und stattdessen auf Ergänzungen und Finetuning setzt. Aus diesem Grund ist Yakuza Kiwami 2 vielleicht kein besonders „frisches“ Spielerlebnis für Serienkenner, aber definitiv eines, das in fast allen spielerischen Aspekten, die die Serie so spaßig macht, sehr ausgereift wirkt.

    »Segas Yakuza-Lokalisierungsteam gehört ohne Zweifel zu den besten auf dem Markt.«

    Besonders positiv hervorgehoben werden muss zudem die Lokalisierung: Segas Yakuza-Lokalisierungsteam gehört ohne Zweifel zu den besten auf dem Markt. Bei der Vertonung steht weiterhin nur die (exzellente!) japanische Fassung zur Auswahl, aber die englischen Dialoge fließen butterweich, sind sprachlich treffsicher und kreativ, ohne über das Ziel hinauszuschießen und geben jeder Figur eine eigene Stimme. Dies wertet das Spiel noch einmal ungemein auf. Eine deutsche Lokalisierung gibt es allerdings leider nach wie vor nicht.

    Ebenfalls erwähnenswert ist der neue Spielmodus „Majima Saga“, der in drei kurzen Kapiteln die Geschichte Goro Majimas zwischen Kiwami und Kiwami 2 erzählt und dabei einen wichtigen Handlungsstrang aus Yakuza 0 aufgreift, der Fans höchst emotional stimmen könnte.

    Einige Minispiele können im Hauptmenü im lokalen Zweispieler-Modus genossen werden und es existiert für das Clan-Creator-Spiel sogar ein Online-Modus.

    Das Steelbook, in dem das Spiel zu einem sehr fairen Preis ausgeliefert wird, sieht übrigens vom Motiv und der Farbwahl sehr schick aus und stellt ein schönes Sammlerstück dar.

    Hartgesottene Männerromantik

    »Yakuza Kiwami 2 ist eine spannende Achterbahnfahrt, die von Anfang bis Ende unterhält und die etablierte Yakuza-Formel spielerisch wie technisch weiter verfeinert. Aufgrund des aktuell schnellen Release-Zyklus der Serie im Westen mögen vielleicht langsam gewisse Ermüdungserscheinungen bei Serienfans einsetzen und die Handlung bekommt ein paar Abzüge in der B-Note, aber letztlich handelt es sich ohne Zweifel um ein weiteres spielenswertes Yakuza mit viel Herz, Charme und muskelbepackten Männern, die sich oberkörperfrei im Kampf für ihre Ideale auf denkbar stilvolle Weise mit nackten Fäusten zu Tode prügeln.«

    Spannender Yakuza-Krimi

    Dramatisches Intrigenspiel mit überzeugenden Charakteren, welches sich im Verlauf zwar etwas zu sehr aufbläst, aber zum Ende hin emotional voll überzeugt. Lustige Nebenaufgaben mit viel ulkigem Charme.
    Bewährte Yakuza-Formel mit kleinen Ergänzungen – Kämpfe, Minispiele, Sidestorys und Stadterkundung.
    Die neue Dragon Engine präsentiert Kamurucho und Sotenbori in vollem Glanz. Erneut beeindruckende Zwischensequenzen.
    Rockige Kampfthemen und realistische Tonkulisse in den Städten. Einige Original-Lieder aus dem PS2-Spiel wurden durch lizenzierte Songs ausgetauscht.
    Neuer Spielmodus „Majima Saga“, diverse Zweispieler- und Online-Funktionalitäten, ausgezeichnete englische Lokalisierung. Keine deutsche Textausgabe.