Wie kann man das Jahr schöner starten als mit einer guten Runde Ys?

Je mehr Ys ich spiele, desto mehr werde ich ein Fan der Reihe, doch obwohl ich auch ein Riesenfan bin von Lacrimosa of Dana und Monstrum Nox, habe ich immer die Formel der Napishtim-Engine-Teile bevorzugt, also die Spiele, die auf dem Gameplaysystem von The Ark of Napishtim basieren. Diese hatten das Rempelkampfsystem der älteren Teile abgeschafft und hatten auf ein klassischeres Kampfsystem mit einem Angriffsknopf gesetzt, waren im Kern aber immer noch recht simpel und vor allem sehr temporeich.
Ark of Napishtim war sogar mein Einstieg in die Reihe damals noch auf der PS2, viele Jahre später verliebte ich mich auch in Origin und noch viel später war ich erst bereit, mich mit Lacrimosa of Dana auch in etwas komplexere Gefilde zu stürzen.
Einen Teil der Napishtim-Engine-Trilogie, wie sie von Fans teilweise genannt wird, habe ich jedoch noch nie gespielt und das ist der unter Fans sogar beliebteste Teil The Oath in Felghana. Und das Remaster war jetzt die perfekte Gelegenheit, diese Wissenslücke endlich zu schließen!
Das Spiel beginnt ausnahmsweise mal damit, dass Adol tatsächlich unversehrt an seinem Zielort ankommt. Diesmal zieht es ihn in die Felghana-Region, der Heimatort seines besten Freunds und Kupferstechers Dogi, der ihm seit sie sich in seinem allerersten Abenteuer trafen auf Schritt und Tritt folgt. Dort trifft er auf seine Kindheitsfreundin Elena wieder, doch die Freude währt nur kurz. Seit kurzem wird die Felghana-Region von Monstern angegriffen und auch der Steinbruch, die Haupteinnahmequelle des Dorfes, muss deswegen geschlossen werden, wodurch eine Hungersnot droht!
Verantwortlich für das Übel ist der König der Region, Lord McGuire, ein übler Zeitgenosse, der sein Volk eisern unterdrückt. Was die Sache noch viel schlimmer macht: Elenas Bruder und Dogis alter Freund Chester arbeitet als Ritter ausgerechnet für diesen Tyrannen...
The Oath in Felghana hat eine nette Story. Die Charaktere sind symphatisch genug, es gibt natürlich eine tragische Figur und einige nette Twists. Aber nichts, was einen jetzt umhauen würde. Persönlich bin ich der Meinung, dass die Reihe erst wirklich gut wurde mit dem Storytelling in Origin, aber die Story weiß schon zu unterhalten und spielt die Stärken von Ys, nämlich eine interessante Lore und die Tatsache, dass jeder NPC ein eigenes Gesicht, einen Namen und eine Persönlichkeit hat, voll aus. Dadurch möchte ich die Dorfbewohner beschützen und fühle mich wie immer recht heimisch in Felghana, was sehr zur Motivation beiträgt.
Aber das Herzstück eines jeden Ys-Games ist eh das Gameplay. Wie bereits erwähnt hat The Oath in Felghana ein sehr simples Kampfsystem. Es gibt einen Angriffsknopf mit einer einfachen Kombo, aber man kann auch Aufwärts- und Abwärtshiebe verteilen. Dazu lernt Adol noch drei verschiedene Magietypen, einen Feuerball, der als Langstreckenangriff gilt, einen Wirbelwindangriff, mit dem man Gruppen von Gegnern leicht dezimiert und einen Elektrostoß mit dem Schild, der gleichzeitig Angriffe abwehrt. Alles läuft über eine Manaleiste, die sich aber schnell auflädt, also ist man stets ermutigt, die Magien auch zu nutzen.
Das Kampfsystem ist zwar simpel, macht aber jede Menge Spaß dank des Ys-typischen hohen Tempos und die spürbare Wirkung von Level-Ups und besserer Ausrüstung. Am Anfang eines jeden Gebiets muss man oft sehr vorsichtig vorgehen, weil die Gegner sehr stark sind und einen mit wenigen Treffern auf die Bretter schicken. Doch während man in den meisten RPGs erst dann spürt, wie stark man geworden ist, wenn man mal in ein altes Gebiet zurück kehrt, spürt man das hier noch während man das Gebiet durchforstet! Ein paar Level-Ups und bessere Ausrüstung später und noch bevor man überhaupt beim Boss des Gebietes ist, ist man der King of the Hill und nichts und niemand kann einen aufhalten! Das ist ein so unglaublich befriedigendes Gefühl und es ist das, was vor allem die älteren Teile von Ys so suchterregend macht!
Im nächsten Gebiet geht dann der ganze Spaß wieder von vorne los, sodass man das Machtgefühl und den Dopaminrausch, stärker zu werden, immer wieder erleben darf! Ich liebe dieses Gefühl!
Dazu noch solides lineares Leveldesign, Erkundung, die sich dank guter Belohnungen wirklich lohnt, viel Gegnerabwechslung und ein paar nette Bosse und wir haben ein Rezept für einen Klassiker, oder?
Nun ja, nicht so ganz. Während all diese Aspekte da sind und wirklich Spaß machen... muss ich ehrlich gesagt gestehen, dass ich Origin mehr mag. Origin hatte noch besseres lineares Leveldesign und streute immer wieder kleine Geschicklichkeitseinlagen oder andere interessante kleine Gimmicks ein, die das Spiel ständig frisch hielten. Oath in Felghana ist eigentlich nur in seinen letzten zwei Dungeons erst wirklich interessant und bietet auch ein paar Fallen, vorher verlässt es sich auf zwar wie gesagt okay designte, aber ehrlich gesagt auch nicht atemberaubende Dungeons, die nichts interessantes wagen.
Auch die Bosse sind in Origin deutlich besser designt, denn auch wenn Oath in Felghana seine netten Bosse hat, so leiden sie unter teils sehr nervigen Mechaniken, die frustrierend zu durchschauen sind und Bosse in die Länge ziehen können. Manch andere Bosse waren aber ein komplettes Kinderspiel, wenn man sie durchschaut hat. Nur einige Bosse fand ich wirklich gelungen, gerade die Gefechte gegen menschliche Gegner machen Spaß, leider werden auch sie dadurch runtergezogen, dass man im Grunde auf eine Gelegenheit zum Angriff warten muss und vorher einfach ausweicht, anstatt dass es ein interessantes Hin und Her aus Angriff und Verteidigung gibt.
Da traf Origin eine weit bessere Balance.
Zudem hatte Origin nicht nur einen Protagonisten, wobei Yunica und Hugo sich drastisch anders spielten und einen erneuten Durchlauf frisch halten konnten. Dazu kommt noch, dass sie auch sehr unterschiedliche und wirklich interessante Persönlichkeiten und Charakter Arcs hatten, die Adol nicht hat, weil er... na ja, ein stummer Protagonist ist.
Auch den Soundtrack empfand ich für Ys-Verhältnisse relativ schwach, was mich erstaunt hat, weil er für viele Fans als einer der stärkeren gilt. Aber er hat nicht viel für mich getan und es gibt auch kaum Tracks, die mir noch in Erinnerung bleiben werden, wenn ich ehrlich bin.
Immer noch ein guter Soundtrack, es IST ein Ys-Soundtrack immerhin, aber im Verhältnis zu den anderen Teilen recht schwach.
Kurz gesagt war The Oath in Felghana dank der typischen Stärken der Napishtim-Formel immer noch ein sehr starker Ableger der Reihe, aber schwächer als Origin.
Aber da war ja noch was, oder? Der Begründer dieser Formel und mein Einstieg in das Ys-Franchise überhaupt, oder? Richtig...

Während ich The Oath in Felghana auf der PS5 durchspielen konnte, habe ich mir für The Ark of Napishtim die Steam-Version rausgepickt. Ehrlich gesagt war es ein wenig ein Krampf, mir die Steuerung einzustellen, ich musste mir die PC-Steuerung raussuchen, diese dann auf dem GamePad anpassen... es war ein wenig nervig, will ich nicht lügen. Aber ich hab´s geschafft!
Zu The Ark of Napishtim nach all der Zeit zurück zu kehren, war... ein seltsames Gefühl. Ich wusste, dass ich es auf der PS2 geliebt habe und ich ihm immer dankbar sein würde dafür, dass es mir die Reihe geöffnet hat. Aber Nostalgie ist ein gefährlicher Gefährte und ich habe immerhin mittlerweile deutlich mehr Erfahrung in der Ys-Reihe. Bis auf SEVEN habe ich jeden Teil der gerebooteten Reihe gespielt, die Ark of Napishtim interessanterweise sogar eingeleitet hat, die Reihe hat sich weiterentwickelt und unter den Fans ist Ark of Napishtim nicht sonderlich beliebt.
Ich hatte also Angst, dass mir ein erneuter Besuch meine nostalgischen Gefühle ruinieren könnte.
Aber fangen wir doch erst einmal mit der Story an. Auf dem Weg zum nächsten Abenteuer heuert Adol auf einem Piratenschiff an und segelt gerade zum nächsten Zielort, als ihn ein Strudel erfasst und... er Schiffbruch erleidet und an einen Strand gespült wird... jaaaa, das ist doch Ys, wie wir es kennen und lieben! Er wird von Olha aufgelesen, einer redahnischen Priesterin. Die Rehdaner sind ein Völkchen, dass auf den Quatera Islands beheimatet ist, der Insel auf der Adol strandete. Das Besondere an ihnen sind ihre elfenartigen Ohren und ihre fuchsähnlichen Schweife. Sie sind misstrauisch gegenüber allen... nennen wir sie einfach mal "Schweiflosen" wie Adol. Nur wenige wie Olha sind ihm wohlgesonnen und die meisten würden ihn am liebsten sofort wieder loswerden. Das ist aber alles leichter gesagt als getan, denn die Insel, auf der er ist, ist dauerhaft von dem Strudel umgeben, der ihn überhaupt in die Misere brachte. Auf der Nachbarinsel gäbe es Menschen wie ihn, doch die Brücke, die dorthin führte, wurde auch von irgendwem zerstört. Er steckt also erst einmal fest...
Ich kann kurz das Fazit geben, dass ich schon The Oath in Felghana gegeben hab. Es ist eine nette Story, die gut motiviert, vorwärts zu kommen, aber sie ist nichts Besonderes. Insgesamt hatte Felghana noch die besseren Twists, aber ich mag die Charaktere in Napishtim mehr, vor allem Isha, Olhas kleine Schwester, ist echt ne Süße und ich hab ihr gerne geholfen.
Auch das Gameplay ist Felghana sehr ähnlich, aber es gibt Unterschiede. Während man sich in Felghana sehr frei bewegen kann, ist man in Napishtim auf das 8-Way-System angewiesen, kann sich also nur in 8 Richtungen fest bewegen. Das Tempo ist hier etwas geringer als in Felghana, wodurch sich die Kämpfe weniger actionreich, dafür fast etwas methodischer spielen. Insgesamt bevorzuge ich aber das Spielgefühl von Felghana und Origin, dafür hat Napishtim aber auch seine Vorzüge.
So bekommt ihr statt einfacher Magien direkt drei Schwerter im Verlaufe des Spiels, die auch jeweils einem Element zugeordnet sind. Die Magien dieser Schwerter müssen erst langsam aufgeladen werden und sind nicht so oft bereit wie die Magien von Felghana, dafür hat aber jedes Schwert auch eine eigene Kombo und ist unterschiedlich schnell. Das Windschwert ist ausgewogen in Stärke und Geschwindigkeit, man kann die Kombo des Schwertes mit gut getimten Eingaben noch verlängern. Das Feuerschwert ist langsam, aber stark, man kann mit ihm einen besonders starken Angriff einsetzen, wenn man es auflädt. Das Elektroschwert ist das schnellste aber schwächste, es setzt eher auf Stichangriffe und kann einen Stoßangriff nutzen, wenn man schnell hintereinander die Angriffstaste drückt.
Ich finde die Elementschwerter eine schöne Ergänzung, so spielt sich jedes fast wie ein eigener Charakter und ähnelt damit ein wenig dem Partysystem der späteren Teile, auch wenn die einzelnen Stile hier längst nicht so ausgearbeitet sind.
Was das Spiel aber wirklich interessant macht, ist, dass es etwas offener ist als die beiden späteren Spiele auf dieser Engine. Sowohl in Felghana als auch in Origin bewegt ihr euch auf sehr strickt limitierten Pfaden, alles, wo ihr noch nichts zu suchen habt, ist abgesperrt. Und auch, wenn Ark of Napishtim im Kern auch ein lineares Spiel ist, lässt es euch auch hin und wieder an Orte, zu denen ihr erst viel später sollt. Euch fehlt dann einfach kein Schlüssel, Adol ist einfach nicht stark genug. Und ihr seid wirklich hoffnungslos unterlevelt, wenn ihr eure Schwerter nicht stärker macht an der Schmiede, macht ihr schlicht und ergreifend keinen Schaden!
Im ersten Moment macht das ja keinen Unterschied, was euren Fortschritt blockiert, immerhin kommt ihr so oder so nicht voran, ABER ihr könnt euch trotzdem in die sehr gefährlichen Gebiete wagen und sie erkunden, so kommt ihr nämlich schon früh an nützliches Equipment und Items, die ihr später erst erhalten solltet. Das führt dazu, dass solche Exkursionen einfach interessante Entscheidungen sind, die ihr machen könnt. Außerdem gibt es Gegner, die nur gegen bestimmtes Equipment anfällig sind und nicht alles davon liegt auf eurem Weg. Dadurch habt ihr immer wieder Gegner, die ihr vielleicht nicht erledigen könnt, aber auch so könnt ihr ein Gebiet abschließen. Das bereichert das Encounter Design und ihr werdet vorsichtiger, wenn ihr das Equipment nicht habt, gleichzeitig schaut ihr euch aber noch besser um, damit ihr alles entdeckt.
Insgesamt habt ihr auch mehr Freiheiten, was die Charakterentwicklung angeht. Welche Schwerter werte ich am besten auf? Welche Ausrüstung trage ich? Will ich mehr Schutz oder will ich mehr Erfahrung, wenn ich Gegner töte? Zwar könnt ihr euer Equipment jederzeit ändern, aber mit dieser Limitation könnt ihr nicht alle Effekte gleichzeitig nutzen, sodass ihr euch dennoch überlegt, was ihr am besten kombiniert.
Das sind alles Freiheiten, die euch Felghana und Origin auf diese Weise nicht geben und die Napishtim positiv hervor hebt.
Auch das Dungeondesign ist spannender als in Felghana, weil man schon früher mit gewissen Fallen flirtet und die Dungeons abwechslungsreicher gestaltet. Ein Dungeon ist sehr vertikal aufgebaut, der andere labyrinthartig, fast ein wenig wie Ys I und II (wenn auch nicht so schlimm, ihr kommt irgendwann an, wenn ihr einfach nach Norden lauft).
Dadurch spielt es sich auch abwechslungsreicher und wird nicht erst gegen Ende interessant.
Der einzige Manko, den sich das Spiel wirklich ankreiden kann, ist der Dash Jump. Das ist eine spezielle Technik, die euch nicht beigebracht wird, aber die ihr zumindest für einige Geheimnisse benötigt (zum Glück aber niemals auf dem Hauptpfad).
Mit dieser Technik springt ihr um einiges weiter als mit einem normalen Sprung und es ist ärgerlich, dass diese Technik so obskur ist.
Also, als keine Einstiegsfhilfe: Ihr drückt einmal ganz kurz in die Richtung, in die ihr springen möchtet, macht eine sehr kurze Pause und haltet dann die Angriffstaste gedrückt und springt dann schnell. Nicht beide Tasten GLEICHZEITIG, erst Angriff und dann ganz kurz danach springen. Wenn ihr das verinnerlicht, sollte der Dash Jump kein Problem sein. Wenn ihr es erstmal drauf habt, ist es auch nicht so schlimm, trotzdem nervt es, dass man das erstmal wissen muss.
Aber das ist auch mein einziger größter Kritikpunkt neben der Tatsache, dass die späteren Titel die Fortbewegung und die Angriffe noch verfeinert haben. Die Story ist symphatisch, ich mag die Offenheit und vor allem mag ich die Musik deutlich lieber als in Felghana, dieser Soundtrack gehört mit zu meinen liebsten!
Und somit stelle ich zum Glück fest, dass Ark of Napishtim nichts von seiner Faszination verloren hat. Ich hatte die Befürchtung, dass ich den Titel nur noch aus Nostalgie liebe, aber er hat Eigenheiten, die ich erst jetzt wirklich wertschätzen kann. So ist er neben Origin, Lacrimos of Dana und Monstrum Nox zusammen einer meiner liebsten Ys-Teile und einer der Teile, zu der ich am liebsten zurück kehre.
Wer hätte das gedacht außer all jene, die wissen, dass ich meistens die kontroverse Meinung vertrete? Also im Grunde alle. Hurra!