
Yakuza 0 [PS4] (27h)
Es hat deutlich länger gedauert, als ich gedacht hätte – begonnen habe ich mit dem Spiel schon im Dezember letzten Jahres –, aber gestern Abend liefen nun doch die Credits von Yakuza 0 über meinen TV. Ich kannte das Franchise schon seit langem von einem Freund, der die Yakuza-Spiele sehr liebt, habe es persönlich aber nie wirklich auf dem Schirm gehabt, da sich meine Begeisterungsfähigkeit für das Setting einigermaßen in Grenzen hielt. Das änderte sich erst im Sommer letzten Jahres, als mein Partner auf Empfehlung unseres gemeinsamen Kumpels mit Yakuza 7 bzw. Yakuza: Like a Dragon in die Reihe eingestiegen ist. Und da wir immer gemeinsam im Wohnzimmer zocken (z.B. er TV, ich Handheld oder andersherum), hatte ich sozusagen einen Platz in der ersten Reihe und bin indirekt auch mit Yakuza 7 in das Franchise eingestiegen – und war überrascht und begeistert, gerade von der Story und dem speziellen Humor der Reihe. Yakuza 7 bot sich deshalb als Einstiegspunkt an, da die Reihe hier nach vielen Jahren den Protagonisten (und das Kampfsystem) wechselt, allerdings war uns beiden natürlich klar, dass uns noch 7 Spiele Story „fehlen“. Da mein Freund sich für das action-basierte Kampfsystem der Spiele bis 7 allerdings nicht begeistern konnte, haben wir dann sozusagen entschieden, dass ich die Kiryu-Teile nachhole und er mit den Ichiban-Teilen weitermacht. Und so habe ich dieses Vorhaben mit Yakuza 0 gestartet. Es war ehrlich gesagt ein etwas holpriger Trip – dazu gleich mehr –, aber trotzdem einer, aus dem ich insgesamt sehr zufrieden herausgekommen bin und den ich auch mit Kiwami fortsetzen möchte.
Zur Reihe an sich habe ich eingangs schon einiges gesagt, daher an dieser Stelle nur kurz: Yakuza 0 ist ein Prequel zur Kiryu-Saga des Yakuza-Franchises, welche aktuell die Teile 1 bis 6 umfasst. Es bietet sich daher sehr als Einstieg in die Reihe an, auch wenn das Spiel streng genommen erst 2015 (bzw. 2017 im Westen) – zwischen Teil 5 und 6 – erschienen ist. Chronologisch steht es aber an erster Stelle: Kiryu ist hier noch nicht mehr als ein Welpe im Yakuza-Verbund der japanischen Hauptstadt Tokio. Er gehört der in Kamurocho ansässigen Kazama-Familie an und wurde von dessen Capitain mehr oder minder großgezogen – ebenso wie sein enger Freund und geschworener Bruder Nishikiyama. Kiryus Leben wird jedoch plötzlich auf den Kopf gestellt, als er sich zu Unrecht mit Mord-Vorwürfen konfrontiert sieht: Auf Befehl der ihm übergeordneten Dojima-Familie zog Kiryu aus, um einen Schuldner zu bedrohen – kurze Zeit später wird dieser erschossen aufgefunden. Allerdings hatte Kiryu keine Waffe bei sich. Der Mordverdacht, der nun auf Kiryu liegt, reflektiert auch negativ auf seine Familie und somit auch seinen Capitain Kazama zurück – ein Umstand, den Kiryu nicht auf sich beruhen lassen kann. Bei dem Versuch, seine Unschuld zu beweisen, gerät er immer tiefer in einen Morast aus Intrigen und zwielichtigen Geschäften, in deren Zentrum ein verlassenes Stück Land liegt, das die Zukunft des ganzen Tojo-Clans bestimmen soll. Doch Kiryu ist nicht der einzige, junge Yakuza-Anwärter, der darum bemüht ist, seinen Platz in der Welt zu finden: Viele hunderte Kilometer südwestlich, im Stadtteil Sotenbori der Millionenstadt Osaka, lebt Goro Majima seit einem gescheiterten Anschlag vor 3 Jahren wie ein Aussätziger und Gefangener gleichermaßen. Diese Ereignisse vor 3 Jahren hatten letztlich dazu geführt, dass er aus seiner Yakuza-Familie verstoßen wurde – dass er überhaupt noch lebt, grenzt an ein Wunder. Trotzdem steht er weiterhin im Dienst seiner Familie, dient ihnen fortan aber nur noch indirekt, als Manager eines Entertainment-Etablissements mit dem Namen „Grande“, das die örtlichen Yakuza mitfinanziert. Seit Jahren wartet er auf eine Gelegenheit, sich als Yakuza-Mitglied zu rehabilitieren – und bekommt sie endlich: Er soll einen Mordanschlag verüben – sein erster „Hit“.
Yakuza 0 ist also in gewisser Weise zweigleisig unterwegs: Wir verfolgen einerseits die Geschichte von Kiryu Kazama und andererseits die von Goro Majima; beide wechseln sich in regelmäßigen Abständen bzw. kapitelweise ab. Als „Neuankömmling“ im Yakuza-Universum war ich mit den ganzen Clan-Strukturen zunächst ein wenig überfordert – man lernt einfach in sehr kurzer Zeit sehr viele Charaktere kennen –, aber im Laufe der Erzählung habe ich dann ein Gefühl für die Machtstrukturen und die Verhältnisse zwischen den einzelnen Charakteren und Yakuza-Familien bekommen. Trotzdem fiel mir persönlich der Einstieg in das Spiel ziemlich schwer. Tatsächlich hatte ich Yakuza 0 nach ca. 1/4 meiner Gesamtspielzeit auch mal für mehrere Wochen pausiert, was für mich sehr ungewöhnlich und eher ein schlechtes Zeichen ist. Trotzdem könnte ich jetzt nicht ganz genau sagen, woran es hier gelegen hat – es war eine Mischung aus verschiedenen Dingen. Ein Hauptgrund war sicherlich, dass die Story eine Weile braucht, bis sie in die Gänge kommt, und dass der Protagonist Kiryu bei mir ad hoc leider auf insgesamt wenig Interesse gestoßen ist. Es ist nicht so, dass ich ihn nicht leiden könnte, aber als Hauptcharakter, der noch mindestens 6 weitere Spiele tragen muss, war er mir persönlich zu stoisch, zu berechenbar und zu wenig ausdrucksstark (vor allem auch im Vergleich mit Ichiban, den ich letztes Jahr in Yakuza 7 kennenlernen durfte). Ganz anders ist dagegen auch Goro, dessen Persönlichkeit vielschichtiger und konfliktiver ist und dessen Story ich mit deutlich mehr Interesse verfolgt habe. Ich erinnere mich auch noch sehr genau an einen Moment, in dem ich gerade voller Spannung Goros Route verfolgt hatte und dann in Kiryus Route „zurückgeworfen“ wurde – es fühlte sich ein bisschen an wie von der Autobahn in die 20er-Zone und ich meine, das war auch der Punkt, an dem ich das Spiel dann für mehrere Wochen pausiert hatte.
Dazu kam, dass ich mit dem Gameplay – insbesondere mit dem Kampfsystem – nicht warm geworden bin. Das Spiel ist auf Gameplay-Ebene in vielerlei Hinsicht einfach nicht besonders ausgereift, so zumindest mein Eindruck auch im direkten Vergleich mit Yakuza 7: Das Kampfsystem fühlte sich zumindest für mich sehr ungeschmeidig an, Kombos ließen sich zum Teil nicht flüssig aneinander binden, das Anvisieren-System hat nur leidlich funktioniert und man musste permanent den R1-Knopf gedrückt halten, was ich entsetzlich anstrengend fand etc. So habe ich das Spiel dann auch praktisch direkt auf „easy“ gestellt, wodurch es mir zumindest erspart blieb, mich allzu tief in dieses System einarbeiten zu müssen. Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich nur noch rigoroses Button-Mashing betrieben habe, aber zumindest kam ich so relativ frustfrei durch die meisten Kämpfe durch, auch wenn ich trotzdem oft geflucht habe. Auch zahlreiche der Minispiele fand ich nicht so gut umgesetzt wie im siebten Teil der Reihe: Bei den Karaoke-Spielen ändert sich ständig die „Durchlaufgeschwindigkeit“ der Noten-Reihen, was bei Rhythm-Games meiner Ansicht nach ein absolutes No-Go ist; das Dancing-Game fand ich gleichermaßen clunky. Letztlich sind das natürlich alles nur Mini-Games, aber die Yakuza-Reihe lebt in gewisser Weise auch von ihrem Side Content und zeigt sich hier oft besonders kreativ, weshalb ich es sehr schade fand, dass Yakuza 0 hier so deutlich hinter meinen Erwartungen zurückblieb. Es gab auch ein Management-Spiel und ein Crafting-System, die beide das Verstreichen von Ingame-Zeit nötig gemacht haben, was mich auch direkt wieder genervt hat. Ich glaube, mein Fehler in den ersten paar Spielstunden war, dass ich mich zu lange mit Dingen aufgehalten habe, die mir keinen Spaß gemacht haben: Ich habe versucht, mich ins Kampfsystem einzuarbeiten, hab mich zu lange mit dem Crafting beschäftigt, habe endlos lange Side-Quests gesucht, da diese auf der Map leider nicht angezeigt werden etc. Erst, als ich mich innerlich von der Vorstellung verabschiedet hatte, das Spiel zu „komplettieren“ und nur noch die Sub Stories gemacht habe, über die ich zufällig gestolpert bin, war ich plötzlich wieder im Fluss.
Ab diesem Punkt – ca. bei der Hälfte der Kapitel – kam dann auch endlich die Story in Schwung und zwar so richtig. Prompt ging es Schlag auf Schlag und ich habe mehrere Kapitel am Stück hintereinander weggespielt, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es weitergeht. Ich habe ehrlich gesagt selten ein Spiel gespielt, wo mich Gameplay-Elemente und Story so gespalten haben wie hier: Während ich mich über Kampfsystem und Co. endlos aufregen könnte – auch jetzt noch –, hat die Story den ganzen Ärger für mich völlig wieder wettgemacht und entschädigt. Es wäre natürlich schön gewesen, wenn mir beide Ebenen gleichermaßen gut gefallen hätten, aber Yakuza 0 glänzt eindeutig mit seinem intensiven, atemlosen Story-Telling und seinen zahlreichen emotionalen Momenten. Die Sub Stories gefielen mir überwiegend zwar auch wirklich gut, aber es war sehr schade, dass ausgerechnet Yakuza 0 mit der Tradition bricht, die Sub Story-Events auf der Map zu markieren, damit man sie besser finden kann. Ich habe nach Abschluss des Spiels gestern tatsächlich mithilfe eines Guides noch ein paar Side Quests gemacht, aber ich weiß nicht, ob ich sie jetzt noch nachträglich alle machen werde. Ich mag Side Stories zur Auflockerung zwischendurch, aber ob sie „geballt“ hintereinander so gut funktionieren, weiß ich nicht. Vielleicht spiele ich die Tage immer mal noch so 1-2 Stunden und schaue, wie weit ich damit komme.
Also, zum Abschluss: Ich glaube, mein Review ist dieses Mal ein wenig ungewöhnlich strukturiert (nicht Story – Gameplay – Sonstiges), aber das hängt damit zusammen, dass das Spiel bei mir erst im zweiten Drittel wirklich „geklickt“ hat. Der Anfang fühlte sich schrecklich zäh an – jetzt bin ich aber sehr froh, dass ich nicht aufgegeben habe. Zeitweise dachte ich schon, dass ich Kiwami wohl nie spielen werde, wenn ich schon durch den Fan-Favoriten 0 nicht richtig durchkomme, aber jetzt bin ich doch wieder optimistisch, dass mich auch Kiwami früher oder später packen wird.