Gestern sind die Credits des ersten Parts von The Great Ace Attorney Chronicles über meine Switch gerollt und obwohl ich mit dem zweiten Teil sicherlich sehr zeitnah anfangen werde, möchte ich schon einmal einen Review zu Adventures abgeben Es handelt sich ja immerhin um 2 separate Spiele.
The Great Ace Attorney: Adventures [Switch] (~30h)
Vor einigen Jahren bin ich recht unorthodox mit dem ersten Teil der zweiten Trilogie von Ace Attorney – Apollo Justice – in die Reihe eingestiegen, da ich das Spiel für 5€ auf einem Grabbeltisch im heimischen Videospiel-Laden gefunden hatte. Daraufhin hatte ich die gesamte erste Trilogie nachgeholt und dann auch die beiden übrigen Teile der zweiten Trilogie gespielt. Spin-Offs wie zum Beispiel das Layton-Crossover habe ich ebenfalls mitgenommen. Entsprechend groß war natürlich meine Freude, als die beiden Great Ace Attorney-Games, die es auf dem 3DS nicht in den Westen geschafft hatten, nun doch ihren Weg zu uns finden sollten und ich wurde nicht enttäuscht: The Great Ace Attorney Adventures zählt – neben Trials and Tribulations und Dual Destinies – zu meinen persönlichen Favoriten der Reihe und ich bin schon sehr gespannt, wie es in Resolve weitergehen wird.
Aber erst einmal zum Spiel an sich: Bei der Reihe und somit auch bei diesem Spiel handelt es sich um eine Visual Novel mit einem traditionell sehr individuellen, auch humorvollen Charme („quirky“ ist hierfür vielleicht der richtige Ausdruck), den The Great Ace Attorney überzeugend fortführt. Die Duologie spielt im 19. Jahrhundert und erzählt die Geschichte des jungen Japaners Ryonosuke Naruhodo – ein Vorfahre des bekannten Phoenix Wright –, der sich auf eine Reise ins ferne Vereinigte Königreich begibt und dort Rechtsanwalt wird. Adventures erzählt die Hintergründe seiner Reise und seine holprigen Anfänge als Rechtsanwalt in England, mit dessen Rechtssystem er noch wenig vertraut ist. Interkulturelle Differenzen und auch Rassismus sind somit immer wieder Themen des Spiels.
Durch das neue Setting wird in The Great Ace Attorney natürlich ein ganz neuer Charakter-Cast eingeführt, den ich insgesamt wirklich sehr gut gemacht fand, von den Zeugen bis hin zu den Hauptfiguren. Dabei geht das Spiel auch ein Crossover mit dem berühmten Sherlock Holmes-Stoff ein, der natürlich sehr gut in das historische Setting passt. Insbesondere der Hauptcharakter Ryonosuke Naruhodo ist mir schnell sympathisch geworden und auch die Dynamik zwischen ihm und dem neuen Staatsanwalt Barok van Zieks fand ich sehr gelungen. Die Story, die sich traditionellerweise und so auch hier in fünf Episoden entfaltet, hat mich immer wieder an die Switch gefesselt wie es sich bei diesem Genre natürlich auch gehört: Das Spiel hält einige überraschende Wendungen und knifflige Rätsel bereit, auch nach sechs Spielen hat man noch nicht „alles gesehen“. Auf Einzelheiten der Fälle möchte ich an dieser Stelle gar nicht eingehen, das erlebt man besser selbst, deshalb nur so viel: Ich fand es interessant, wie im Laufe des Spiels Verbindungen zwischen den einzelnen Fällen deutlich wurden und so ein größeres Bild gezeichnet wurde. Einige Fragen blieben letztlich natürlich auch offen, insofern bin ich schon sehr gespannt auf den Nachfolger.
Abgesehen von Charakteren und Story gibt es in Ace Attorney natürlich auch diverse Gameplay-Elemente, die sich grob in zwei Bereiche gliedern lassen: die ‚Investigations‘ – also die Ermittlungsarbeit – und die ‚Trials‘ – die Gerichtsverhandlungen. Das Gameplay ist ein ansprechender Mix aus bekannten Gameplay-Mechaniken der Reihe (z.B. die Cross-Examinations) und neuen, die das Spiel sehr abwechslungsreich gemacht haben. Mir haben insbesondere die Summation Examinations mit den Juroren sowie die Ergänzung der Juroren insgesamt gefallen. Die Deductions von Herlock Sholmes (kein Tippfehler) und Ryonosuke fand ich ebenfalls sehr kurzweilig. Mir ist außerdem aufgefallen, dass The Great Ace Attorney Adventures weniger streng dem typischen „Schema“ folgt, das viele Spiele der ersten und zweiten Trilogie etabliert haben; das hat das Ganze nochmal zusätzlich aufgelockert.
Zum Abschluss möchte ich noch einmal kurz die englische Lokalisation loben: Die Übersetzer haben sich wirklich sehr viel Mühe damit gegeben, mit dialektalen Sprechweisen zu arbeiten, die sich natürlich ganz ausgezeichnet in das historische Setting eingefügt haben. Ich weiß, dass einige unzufrieden damit sind, dass es keine deutsche Lokalisierung gibt, aber ich persönlich würde dieses Spiel auch nicht in deutscher Sprache spielen wollen. Man hätte die Dialekte wahrscheinlich komplett tilgen müssen, deutsche Dialekte hätten in diesem Kontext einfach keinen sinnvollen Effekt erzeugt. Für diejenigen, die des Englischen nicht mächtig sind, ist das natürlich keine Hilfe, aber denjenigen, die Englisch verstehen, kann ich das Spiel nur wärmstens empfehlen.
Also Fazit: Nicht nur für sich stehend ein meiner Meinung nach wirklich gut gelungenes und spannendes Spiel, das mich für ca. 30 Stunden beschäftigt hat, sondern auch mit Blick auf die gesamte Reihe einer meiner persönlichen Ace Attorney-Favoriten, der meine Neugierde auf Resolve so befeuert hat, dass ich heute direkt anfangen werde. Ein Wehrmutstropfen bleibt natürlich, dass das Spiel in Europa nicht als Retail-Version erschienen ist; da mein Urlaub bereits Anfang August anfing, wollte ich auch einfach nicht auf den Import aus Amerika warten, sondern hatte dann digital zugegriffen. Inzwischen kommt man an die Retail-Version aber besser ran – wenn Resolve mir genauso gut gefällt wie der erste Teil, werde ich mir das Spiel vielleicht nochmal physisch zulegen, um es meiner Sammlung hinzuzufügen und die Reihe zu unterstützen.