Der erste Titel vom gewaltigen Adventure-Schwung, den ich letztens auf GOG erstanden habe, ist mit Geheimakte Tun-Tuska, Tuska abgeschlossen.
Neu ist das Spiel an sich nicht, hab es noch irgendwo auf CD rumliegen und es bereits zweimal durchgespielt. Wie üblich bei mir natürlich jeweils im Abstand von etlichen Jahren. Entsprechend hatte ich einige Stellen noch sehr deutlich vor Augen, die nächsten nur noch so lala und an ganz andere konnte ich mich erst erinnern, als ich sie vor mir sah. Das gleiche gilt auch für die Rätsel.
Inhaltlich haben wir hier eine ernsthafte Mischung aus Thriller-Abenteuer, also nichts mit der übertriebenen Comedy, die fürs Genre gern verwendet wird. Der berühmte Wissenschaftler Kalenkow verschwindet spurlos von seinem Arbeitsplatz im Museum und Tochter Nina versucht der Sache auf den Grund zu gehen. Als sie verstecke Forschungsunterlagen entdeckt wird schnell klar, dass mehr dahintersteckt und der Versuch, die Wahrheit aufzudecken, führt Nina nicht nur quer über die halbe Welt, sondern lässt sie auch mit dem russischen Geheimdienst, einem geheimen Drahtzieher im Hintergrund, einer mysteriösen Organisation mit schwarzen Mänteln und indirekt sogar mit den Aliens aneinandergeraten. Nebenbei kommt sie auch der Wahrheit über die titelgebende Tun-Tuska, Tuska Katastrophe auf die Spur. Das Spiel liefert dabei eine eigene Interpretation der Ereignisse ab, wurde doch inzwischen wissenschaftlich belegt, dass ein Edenssplitter dafür verantwortlich war. Assassinen und Templer halt wieder.
Klingt im ersten Moment zwar so, als würden nur alle möglichen Klischees durchgekaut, es ergibt sich aber ein stimmiges Gesamtbild und das Spiel gleitet nie ins Lächerliche ab. Trotzdem happert es etwas an der Umsetzung. Der KGB, an dessen Spuren sich Nina in der ersten Hälfte heftet, wird im zweiten Akt mit einem "Upps, die haben ja gar nichts damit zu tun" rausgekickt und auch zum Geheimbund heisst's am Ende "Eigentlich sind die auf unserer Seite", ohne weiter auf dessen Hintergründe einzugehen. Wenn ich mich aber nicht irre, taucht der erneut in der Fortsetzung auf und übernimmt dort auch die Rolle der Gegenspieler. Trotz allem funktioniert die Handlung aber, da alle Parteien von der gleichen Motivation getrieben werden und auch wenn die Spur des KGBs schließlich ins Leere läuft bekommt man dennoch Informationen, die wichtig fürs Gesamtbild sind.
Die Charaktere funktionieren sehr gut, wobei's wie bei Adventures üblich letzten Endes auf den Heldenpon und seinen gegengeschlechtlichen Helfer hinausläuft. Nina liefert als Protagonistin auch durchgehend eine gute Leistung ab, wobei sich nach dem ersten Kapitel in Berlin auch durchaus eine Charakterentwicklung feststellen lässt. Anfangs ist sie noch die besorgte Tochter, die zu verstehen versucht, was vor sich geht, während sie ab dem zweiten Akt in Russland die Dinge auch aktiv in die Hand nimmt. Man muss zugegebenermassen schon etwas über die Dinge hinwegsehen, wenn man bedenkt, dass sie ohne zu Zögern einen russischen Militärbahnhof infiltriert, sich als Soldatin ausgibt und einen schwer bewachten Zug betritt, der gefangene Wissenschaflter zu einem geheimen Forschungslabor bringen soll. Sie ist halt keine Action-Heldin, sondern nur eine ganz normale, junge Frau. Selbst als sie später überführt und in ein Militärkrankenhaus gebracht wird bleibt sie völlig entspannt. Vielleicht wäre es da besser gewesen, die Episode ans Ende des Spiels zu packen. Schlechter wird das Spiel dadurch aber nicht, und lieber so als einen Langweiler.
Auch bei den Dialogen und Gesprächen zeigt Nina schon sehr bald eine ironische, manchmal sogar sarkastische Art. Anfangs liefert sie noch die nichtssagenden 08/15-Dialoge ab, hat später aber zu jedem Gegenstand, den man sich ansehen kann, einen Spruch auf Lager. Zum Teil ist das auch die grosse Stärke des Spiels, es macht halt doch einen Unterschied im Gesamteindruck, ob der Heldenpon einen Staubsaugerschlauch mit einem "Es ist der Schlauch eines Staubsaugers. Er ist schwarz und lang" oder mit einem "Ein Staubsaugerschlauch. Er ist schwarz, lang und weilig" kommentiert. Diese flapsige Art zieht sich durchs komplette Spiel, ohne dass es übertrieben wirkt und ob man den Humor nun teilt oder nicht, es macht Nina auf jeden Fall symphatischer.
In zwei Episoden des Spiels übernimmt man auch die Kontrolle über Max, den feschen Herrn im Bild oben. Spielerisch ändert sich natürlich nichts, und auch wenn er dann doch etwas ernsthafter als Nina rüberkommt hat auch er eine ironische Ader. So ganz will man sie ihm aber nicht immer abnehmen und auch sein Interesse an Nina, welches er hin und wieder zum Ausdruck bringt, kommt etwas plötzlich. Beide passen aber gut zusammen und erfüllen ihre Rolle als spielbare Charaktere gut. Da gab es schon deutlich langweiligere Kollegen.
Hinsichtlich des Gameplays dürfte Tun-Tuska, Tuska einer der ersten Vertreter dieser neuen Generation an Adventures sein, welche in der Handhabung sehr leicht sind und Frust beim Spieler vermeiden wollen. Nicht falsch verstehen, es ist kein Spiel mit simplen Rätseln, deren Lösung einem direkt zugeflogen kommt, allerdings gibt es (heute Standard) die Power-Taste, die alle interagierbaren Objekte im Spiel kurz markiert. Und auch wenn ich's schon zweimal durchgespielt habe und ich mich oft bei einem neuen Gegenstand direkt erinnert habe "Ah ja, das brauche ich später für dies und jenes" musste ich doch dreimal darauf zurückgreifen. Hier kam auch die verhasste Pixelsuche ins Spiel, irgendwo in einer Ecke liegt ein winziger Gegenstand, den man kaum sehen kann, wenn man nicht direkt mit dem Cursour drüberfährt. Grade der Bahnhof in Russland hat mich da frustriert. Dort muss man einer Soldatin eine brennende Zigarette unterschieben. Den Glimmstängel bekommt man von einer Wache ausserhalb, die Streichhölzer finden sich dagegen in der Kanalisation unter einer Öffnung in der Decke, welche das Militär als Mülleimer benutzen. Das winzige Streichholzheft auf dem verwitterten Steinboden zu finden ist praktisch ein Ding der Unmöglichkeit, wenn man's nicht weiß. Und warum man den rauchenden Soldaten nicht direkt um Feuer bitten kann will ich auch nicht verstehen. Glücklicherweise sind solche Stellen aber wirklich selten.
Ebenfalls sehr erleichtert wird das Spiel durch die einfache Handhabe. Mit der rechten Maustaste untersucht man Objekte und Gegenstände, die linke Maustaste ist das Universalwerkzeug für Nehmen, Sprechen, Schubsen, kaputt machen,....Falls keine Aktion nötig ist, wird die linke Maustaste auch gar nicht aktiviert. Grade im Inventar ist das nützlich, da man einen Gegenstand einfach nur aufnehmen und mit ihm über die anderen fahren muss, um zu sehen, ob eine Kombination möglich ist. Das permanente "Das geht so nicht. Das funktioniert so nicht. Ich weiß nicht, was ich damit machen soll" wird einem, dem Erbauer sei Dank, dadurch erspart.
Hin und wieder wird auch eine Hilfe verfügbar, wenn es um Layton-Rätsel geht. An einer Stelle muss ein Safe geöffnet werden, indem alle Felder die gleiche Farbe zeigen. Die Hilfe liefert einem praktisch direkt die Lösung, was auch durchaus angenehm ist, wenn's halt gar nicht klappt. An anderer Stelle ist sie dagegen ziemlich sinnfrei. In der Irland Episode etwa muss Max eine Statue nach historischem Vorbild einkleiden, um einen Geheimgang zu öffnen. Dass mich die Räselhilfe ins Kaminzimmer schickt, wo ein entsprechendes Gemälde hängt, hilft mir wenig, das findet man auch so. Mir dagegen einen Tipp zu geben, dass ich zurück zum Pub muss, dort die heruntergefallene Regenrinne brauche, diese im Schloss auf die Streckband legen soll, um so zwei Teile zu bekommen und beide anschließend der Statue als die verlangten Eisenstiefel verkaufen soll, da schweigt man sich aus. Da man aber auch sehr gut ohne Vorsagen durchs Spiel kommt, passt das schon.
Technisch kam mir das Spiel leider eher durchschnittlich vor. Die einzelnen Orte und Räume sind sehr schön und detailliert designt, es gibt allerdings kaum Bewegung. Da fliegt mal ein Vogel vorbei, im Hintergrund brennt ein Feuer oder der Wind erzeugt Wellen auf dem Wasser. Es sind immer nur Kleinigkeiten, die einen immer dann daran erinnern, kein Standbild vor sich zu haben, wenn man's mal wieder befürchtet, aber die Szenen strotzen auch nicht vor Leben. Natürlich wäre das in einem Adventure eher kontraproduktiv, etwas mehr Bewegung oder Leben hätte aber nicht geschadet. Glücklicherweise wird's aber nie so schlimm wie in Nibiru, wo der Protagonist immer komplett zur Salzsäule erstarrt, wenn man ihn nicht grad irgendwo hinmarschieren lässt. Max selbst verzieht übrigens im ganzen Spiel nicht eine Miene und hat immer das gleiche, selige Grinsen drauf, was auf Dauer durchaus etwas befremdlich ist.
Auch die Synchronisation kann nicht komplett überzeugen. Solveig Duda und Oliver Mink in den Hauptrollen sind über jeden Zweifel erhaben, die sind alte Hasen im Geschäft und auch die NPCs wurden hochkarätig besetzt. Das Problem hierbei ist nur, dass diese sich ständig wiederholen. Allein Ami Mizuno hört man im Spiel dreimal. Zwar sind es nur kleine Charaktere mit einer Handvoll Zeilen, trotzdem klingt es einfach seltsam, wenn diese die komplett gleiche Stimme haben. Mehr Abwechslung wäre da echt schön gewesen. Glücklichweise wird's aber auch nicht so schlimm wie die He-Man Synchronisation von Arc - Twilight of the Spirits, wo sich vier Sprecher zwölf Hauptcharaktere teilen und deshalb unfassbar schlecht ihre Stimme verstellen.
Ebenfalls die Szenenwechsel wirken nicht wirklich gelungen. Geht es an einen komplett neuen Ort bekommen wir zwar die typische Indiana Jones Karte, manchmal gibt es aber auch nur eine kurze Überblendung und, schwuppdiwupp, sind wir am anderen Ende der Welt. Am Ende der Russland Episode etwa entgleist der Zug und wir sehen ihn in der letzten Einstellung neben den Gleisen liegen, im nächsten Moment steht Max dann vor dem Militärkrankenhaus, in das Nina gebracht wurde. Später nach ihrer Befreiung trennt sich die Gruppe kurz und sie steigt in einen Jeep, nur um im nächsten Moment irgendwo in der Tundra zu stehen, wo ihr Vater vor etlichen Jahren Forschungen durchgeführt hat. Und auch die Überleitung zum letzten Schauort ist eher zweckmässig inszeniert.
Besonders interessant ist übrigens das Ende. Dort erfährt man zu fast jedem Charakter, den man im Spiel getroffen hat, wie es anschließend mit ihm weiterging. Wobei hier auch bewusst übertrieben und auf Comedy gesetzt wird.
Gebraucht hab ich fürs ganze Spiel etwa zwei Wochen, laut GOG elf Stunden und 14 Minuten, aber ich wußte halt noch viel von früher. Entsprechend muss auch die Abschlussbewertung ausfallen, da ich die nicht neutral geben könnte. Empfehlen lässt sich das gute Stück aber trotzdem uneingeschränkt, der gute Ruf kommt nicht von ungefähr.