Yomawari: Night Alone für PlayStation Vita und Windows PC von Nippon Ichi Software (Publisher: NIS America) ist wohl eines der süßesten Horrorspiele, das ihr derzeit spielen könnt.
Ihr durchstreift ein japanisches Dorf.
Die Story ist recht schnell erzählt: Ihr geht spätnachts als namenloses, kleines Mädchen mit eurem Hund Poro in einem japanischen Dorf Gassi. Ein dunkler, unheimlicher Straßentunnel lässt euch umkehren und den Rückweg nach Hause antreten. Durch ein Ereignis, das wir euch nicht spoilern wollen, verliert ihr Poro aus den Augen. Zuhause angekommen, erzählt ihr das eurer Schwester, die sich daraufhin auf die Suche nach Poro begibt… und nicht mehr zurückkehrt. Ausgerüstet nur mit Mut und eurer Taschenlampe, durchstreift ihr das japanische Dorf bei Nacht auf der Suche nach Poro und eurer Schwester und müsst dabei feststellen, dass das Dorf von Geistern überrannt wurde.
Um gleich mal eine Sache vorwegzunehmen: Es wird nie erklärt, wieso die ganzen Geister erscheinen und sie aggressiv auf euch und eure Schwester reagieren. Das muss man als Spieler einfach ungefragt hinnehmen. Auch am Ende gibt es eine Szene, ein Ereignis, das nicht näher erklärt wird und wo man sich als Spieler nur wundert, was genau wieso nun passiert ist. Eventuell hilft hier Wissen über japanische Folklore… das konnten wir leider nicht beurteilen. Was aber klar heraussticht: Es wird im Spiel nicht erklärt.
»Vieles ist niedlich gehalten, beispielsweise das Design des Mädchens, ihrer Schwester und des Hundes, und teilweise sogar das der Geister und Monster.«
Das soll der unheimlich (süßen) Atmosphäre aber keinen Abbruch tun. Aus einer isometrischen Perspektive steuert ihr das Mädchen durch die Stadt. Vieles ist niedlich gehalten, beispielsweise das Design des Mädchens, ihrer Schwester und des Hundes, und teilweise sogar das der Geister und Monster, die euch begegnen. Auch ist die Karte, die sich erst langsam durch eure Erkundungsreise aufdeckt, niedlich gehalten. Sie wirkt wie von einem Kleinkind gemalt. Dasselbe gilt für alle sammelbaren Items, egal ob sie Schlüsselitems sind oder einfach nur euren Sammeltrieb beeinflussen sollen; und davon gibt es reichlich. Zwei Sets von Items lassen euren Sammeltrieb nochmal auf hohen Touren laufen, da einerseits ein 3D-Puzzle vervollständigt werden will (was der Spieler leider nie selbst aktiv macht) und eine unbekannte Maschine zusammengebaut werden soll (was der Spieler ebenfalls nicht selbst macht).
Im Gegensatz zum niedlichen Mädchen, ist das Design des japanischen Dorfes eher realistisch gehalten. Wer schon einmal in Japan war und des Nachts sagen wir mal zwei Stunden quer durch Tokyo gelaufen ist (persönliche Erfahrung), weiß den Realismus dieses Dorfes zu schätzen. Strommasten sehen wirklich so aus, Seitengassen auch, die typischen Getränke-Automaten finden sich oft und die Tempel im Spiel erinnern an Tempel, die man in Tokyo oder Kyoto findet. Wer also schon einmal in Japan war, der hat ein bisschen ein nostalgisches Gefühl; wer noch nie da war, bekommt einen Eindruck von der dortigen Architektur.
Die Geister sind überall und abwechslungsreich.
Und dieser Eindruck wird durch spannende Erkundungen hergestellt. Ein Hauptpfeiler des Spiels ist die Erkundung: Man läuft mit der treuen Taschenlampe durch die Straßen, Seitenstraßen und Waldwege dieses Dorfes, ständig auf der Suche nach Poro oder der eigenen Schwester. Das Erkunden motiviert, man will gerne mehr von der Karte aufdecken und die abwechslungsreichen Gebiete des Dorfes kennenlernen: sei es eine Schule, ein Wald, eine Fabrik oder ein großer Shinto-Schrein. Teilweise fühlt sich das Spiel dabei wie ein „Walking Simulator“ an, vor allem, wenn man hin und wieder schon bereiste Wege mehrmals abgrast. Wären da nicht die Geister, die einem zusetzen.
»Die Geister sind abwechslungsreich gestaltet und verhalten sich alle unterschiedlich. Angreifen kann man die Geister nicht.«
Jede Berührung mit einem Geist endet üblicherweise in einem blutigen Ende. Die Geister sind abwechslungsreich gestaltet und verhalten sich alle unterschiedlich. Einige mögen kein Licht und werden sich nicht bewegen, wenn man sie mit der Taschenlampe anstrahlt. Andere hingegen stürmen auf eine Lichtquelle zu. Die abwechslungsreichen Dynamiken sind gut durchdacht und es gibt durchaus einige heikle Stellen, die man nicht sofort auf Anhieb schafft.
Mein persönlicher Frustrekord war die zwanzig-plus-fache Wiederholung einer Stelle und obwohl der Endboss durchaus nicht schwer ist, muss man eine gewisse Rhythmik im Ausweichen besitzen, was auch zur zehnfachen Wiederholung dieser Begegnung führte. Angreifen kann man die Geister nicht. Man bekommt zwar Items, diese dienen aber eher dazu, die Geister abzulenken oder zu verlangsamen. Außerdem kann man sich hinter Gebüschen oder Schildern verstecken, was die Geister total verwirrt, sodass sie schließlich den Rückzug antreten. Mit Münzen kann man an kleinen Schreinen, die über die Stadt verteilt sind, schnellspeichern und sie außerdem als Schnellreisefunktion nutzen. Diese kleinen Schreine sind überaus praktisch und gut über das Dorf verteilt.
Schwierig ist Yomawari: Night Alone kaum. Jeder halbwegs geübte Spieler wird keine großen Probleme damit haben und das relativ kurze Spiel in ungefähr zehn Stunden durchschaffen. Wer dann immer noch nicht genug hat, kann den Rest des Dorfes erkunden und versuchen, alle sammelbaren Items zu holen und alle besonderen Ereignisse mit Geistern auszulösen, die teilweise auf Zufall basieren. Dies bringt jedoch nur etwas für Trophäen und ist nicht spieltechnisch relevant.
Zuletzt sei noch etwas Kurzes zur Musik gesagt: Es gibt genau ein einziges Lied im Spiel, welches ihr im Abspann hören werdet. Der Rest des Spiels benutzt Hintergrundgeräusche der Umgebung (die Schritte des Mädchens auf unterschiedlichen Unterlagen, Herzklopfen usw.), um eine angespannte Atmosphäre zu schaffen und das Gefühl, allein in einem japanischen Dorf zu sein, realer zu halten. Immerhin hört man ja üblicherweise keine Hintergrundmusik, wenn man draußen ist. Hoffentlich nicht…
Gruselt es uns vor dem Spiel?
Yomawari: Night Alone ist ein süßes, relativ kurzes Horrorspiel, aus dem man durchaus viel Spielfreude holen kann. Man bekommt den Eindruck einer japanischen Stadt, jedoch wird nie wirklich Angst erzeugt, dafür ist das Spiel einfach zu süß. Wer Erkundung mag und japanische Kultur an sich, dem sei dieses Spiel ans Herz gelegt.
Story: Finde deinen Hund und deine Schwester. Erklärungen, wieso Geister da sind, sind nicht vorhanden.
Gameplay: Erkundung und Ausweichen heißt das Programm!
Grafik: Süße Charaktermodelle und Item-/Kartenzeichnungen mit realistischem, japanischem Dorf-Flair.
Musik: Nur ein Lied, ansonsten Hintergrundgeräusche.
Sonstiges: Für Sammelwütige ist genug zu tun. Kenner der japanischen Folklore haben vielleicht einen Vorteil, relativ kurz mit zirka zehn Spielstunden.