Darf Journalismus etwas kosten?

  • Hi Leute


    Hatte vor kurzem eine interessante Diskussion mit meinem Chef darüber, dass der Journalismus immer schlechter wird, weil Nachrichten mittlerweile gratis sein müssen. Es ist ja schon so: Wer zahlt überhaupt noch für Nachrichten? Ich meine, die ganzen Apps mit Pushnachrichten und die Onlineportale... Mit diesem Angebot war ich bis anhin eigentlich zufrieden.
    Nach der Diskussion allerdings sehe ich das ganze mit etwas anderen Augen und meine Lesegewohnheiten haben sich etwas geändert. Mich hat erstaunt wie oberflächlich zum Teil berichtet wird und in welcher zum Teil schlechten Qualität überhaupt etwas geschrieben wird. Ich sage jetzt nicht, dass alle Gratisangebote schlecht sind, aber ich behaupte jetzt einfach mal, dass diese Gratismentalität dem Journalismus schon nicht immer gut tut. Wie seht ihr das?
    Je nach Zeitung kommt dann noch hinzu, dass das Niveau eigentlich mehr so Stammtischblödsinn ist..


    Ich habe jedenfalls gehandelt und mir eine Sonntagszeitung abonniert und es ist ein herrliches Gefühl mal wieder was gedrucktes, was man nicht an irgendeinem Zeitungsständer abgegriffen hat (gibts in Deutschland gratis Tageszeitungen?), in den Händen zu halten. Zuerst war ich etwas überrascht wie gross die Zeitung ist und dachte schon, dass ich da ewig und drei Tage lang dran sitzen würde. So nach ner guten Stunde war ich dann aber durch mit lesen und hatte schön viele Hintergrundinfos und vertieftes Wissen zu aktuellen Themen. Am Sonntag geniesse ich jetzt ein paar Croissants und Kaffee und lese meine Zeitung.


    Wie seht ihr das mit Zeitungen? Bezahlt ihr für guten Journalismus?

    • Offizieller Beitrag

    Die Gratis-Zeitungen die ich aus Wien kenne, waren mit Hass und Vorurteilen und Angst vollgepackte, bedruckte Klopapiere. Sachliche Informationen: Fehlanzeige. Klatsch-und-Tratsch-Blättchen bester Klasse, damit Leute mit zuviel Zeit etwas haben, um darüber zu reden. Etwas, bei dem sie nicht nachdenken müssen.


    Seitdem mir das aufgefallen ist, gehe ich auch kritischer an gratis Zeitungen heran und generell an News. Mir fallen Seiten auf, die wichtige Themen darlegen und Zusammenhänge darstellen, und Seiten, die reißerisch Sachen posten (in größerem und kleineren Ausmaße). Ich bevorzuge eher Seiten, oder Nachrichten, die einen Überblick und Verständnis verschaffen. Positiv ist mir da immer das TIME Magazine aufgefallen. Obwohl ich teilweise nichts über das Land wusste, wurde mir im TIME Magazine bei irgendwelchen Artikeln immer schön alles samt Hintergründen erklärt. Ich lese das immer gerne bei langen Zugfahrten/Flügen.

    • Offizieller Beitrag

    Das ist tatsächlich ein Thema, das sehr wichtig ist.


    Ich schnappe mir beispielsweise jeden Abend eine hiesige Gratiszeitung und der Inhalt ist echt sehr bescheiden. Wäre das meine Hauptinformationsquelle, dann gäbe das doch ein recht trauriges Bild. Knappe Agenturmeldungen, welche oft mehr Fragen hinterlassen als Antworten, der Rest besteht aus Meldungen zu irgendwelchen unwichtigen Persönlichkeiten ("Liebes-Aus nach drei Monaten auf Wolke 7" - wen soll denn das bitte interessieren) und Werbung, welche auch im redaktionellen Teil mehr oder weniger offensichtlich vorkommt.


    Guter Journalismus ist also sehr wichtig und darf auch etwas kosten. Ich hoffe, dass sich diese Erkenntnis wieder breiter durchsetzt. Wobei es auch guten Journalismus gibt, welcher nichts kostet, so wäre es ja auch nicht. ;) Da versuche ich dann zumindest online, den Werbeblocker auf diesen Seiten, die ich nutze, auszuschalten. Aber das ist dann wieder ein anderes Thema.^^ Jedenfalls bin ich interessiert daran, dass sich diese Inhalte so finanzieren können, damit nicht bald alles hinter einer Paywall verschwindet und man sich die Inhalte mühsam zusammenkaufen muss.


    Mfg
    Aerith's killer

  • Mich nervt mittlerweile sehr was für Artikel es auf die Titelseite schaffen, vorallem bei Gratiszeitungen ja. Da wird über Promi-Quatsch berichtet, wer jetzt wieder mit wem zusammen ist und sonstiges Klatsch und Tratsch. Und nebenan eine kleine Anzeige dass in Bagdad 40 Menschen bei 3 Bombenanschlägen ums Leben gekommen sind...und das ist wirklich teilweise so, ohne zu übertreiben. Online wird, denke ich, so Oberflächiges Zeugs am meisten angeklickt, darum sind die Anzeigen auch zuoberst.
    Ich weiss das Zweistein auch in der Schweiz wohnt, was hast du Abonniert? Tagesanzeiger? Kann ich nur empfehlen.
    Wenn man gute Berichte über das Ausland, Flüchtlinge etc. sucht, ist man bei bezahlten Informationen eig. immer besser dran, so seh ich das.

  • Ich hab mir die NZZ am Sonntag abonniert und bin damit wirklich sehr zufrieden.
    Du hast natürlich Recht, Lock Tribal R, beim Gratiszeug gehts vielfach nur um Klicks. Ich schau mir natürlich gern den Hintern von der Kardashian an, aber wirklich wichtig ist das nicht. Die wirklich wichtigen Meldungen gehen meistens eher als Randnotiz durch...

  • Es gibt so eine Flut an Information da draussen das echt schwer ist einen Überblick zu behalten, hinzukommt teils die gezielte Meinungsmanipulation. Was ist Journalismus ? Es geht doch viel mehr über die große Bericherstattung von Ereignissen hinaus. Ich bin manchmal sehr genervt wie und auf welche Art berichtet wird (Visuell). Dann kommt die Vernetzung mit sozialen Netzwerken noch ins Spiel, über dessen Plattformen es noch chaotischer zu geht.


    Guten Jounalismus gibt es, ich finde man findet ihn schwer und eher noch in analogen Medien. Es gibt sehr viele die sich nicht mal über Newsseite informieren sondern Soziale Netzwerke nutzen, finde ich teils fahrlässig.
    Ich glaube man tendiert mitlerweile eher sich nicht zu informieren, anstatt sich aktiv eine eigene Meinung zu bilden. Es gibt gute Artikel in Zeitschriften von Spiegel und der Zeit, auch Kompakt in eigenen Themengebieten, finde ich ausgewählter, fokussierter und ansprechender als das was man digital findet. Allgemein finde ich Internationale Medien fundierter, ist aber auch nur eine persönliche Meinung.


    Wichtige Infos findet man schon Online und mit einem Gesund Verstand sollte man zwischen den Zeilen lesen können, für einen kurzen Überblick reicht das allemal. Man kann aber allen Publikationen auslegen nicht Qualitativ zu sein, da muss der Lesende auch einen vernünftigen Blick mitbringen.

  • Es ist eben ein zweischneidiges Schwert, das Überangebot dank Interet sorgt für einen ordentlichen Druck. In den 90ern konnte man als Redakteur / Journalist noch richtig gut verdienen, nach dem Mediencrash Anfang der 2000er in Deutschland ging es mit den Gehältern allerdings rapide bergab. Gestandene Redakteure, denen man nur noch einen Mindestlohn zahlt, haben weder Lust noch Zeit, sich da wirklich reinzuhängen, wenn es für den Massenmarkt auch reicht, Pressemitteilung 1:1 zu übernehmen oder News von anderen Portalen ungeprüft zu "entlehnen".


    Tatsache ist, wenn ich manche Newsschreiber insbesondere auf Spieleseiten sehe, dann sträuben sich mir die Nackenhaare, da keiner von denen scheinbar auch nur den Hauch einer journalistischen Ausbildung hat und elementare Regeln fast grundsätzlich ignoriert werden, vom fehlenden Korrekturlesen mal ganz abgesehen.


    Einer der Gründe, warum ich meinen Job vor einiger Zeit mehr oder minder freiwillig an den Nagel gehängt habe, die Bezahlung wurde immer mieser, die Verlage nahmen lieber Studenten oder ungelernte Billiglöhner und Zeit für gute Qualitätsartikel gab es ohnehin nicht mehr. Bei der letzten Zeitung wo ich war, habe ich z.B. an einem oder zwei Tagen in der Woche jeweils 30 bis 50 Newsmeldungen in zehn bis zwölf Stunden am Stück runtergetippt. Das ist einfach nur stupide Akkordarbeit.


    Was meinen Nachrichtenbedarf angeht, da gebe ich zu, nutze ich aus Zeitgründen schlicht eine News-App auf dem Smartphone, welche die (hoffentlich) wichtigsten Ereignisse des Tages zusammenfasst. Interessiert mich ein Thema mehr, schaue ich gelegentlich auf Spiegel.de vorbei oder befrage Google danach und schaue auf beliebigen Seiten. Das einzige was ich zur finanziellen Unterstützung selbst beisteuere ist, dass ich den Adblocker auf meinen Lieblingsseiten ausgeschaltet habe. Papier lese ich hingegen praktisch gar nicht mehr, da sich mein Leseverhalten in den letzten Jahren da auch sehr gewandelt hat. Es lohnt einfach nicht mehr.

  • Ich informiere mich gar nicht und bilde mir auch keine Meinung mehr. Mir ist das alles zu viel geworden. Im Internet hat jeder irgendeine Meinung die er äußerst verbissen zu vertreten scheint. Ich sehe das auf Facebook, ich sehe das in Kommentarsektionen, sogar damals in Leserkommentaren von Zeitungen. Es entsteht immer gleich eine Diskussion, ein Streit. Nein, ich hatte keine Lust mehr auf das alles. Medien sind nicht unabhängig, Informationen sind falsch, Halbwahrheiten oder gelenkt. Und wer kein Geld hat kann sich auch keine "vielleicht" unabhängige Qualitätszeitung leisten.


    Da leb ich lieber uninformiert.

    I am a neural-net processor; a learning computer. The more contact I have with humans, the more I learn.

  • Nunja, streng genommen sind auch die erwähnten Zeitungen per Abo, nicht immer alles Gold was glänzt. Ich sag nur Bild, oder die Krone...

    Wenn jemand Rechtschreib- oder Grammatikfehler in meinen Beiträgeb findet, dann kann er mich freundlich darauf hinweißen, oder lieber gleich für sich behalten, danke im Vorraus.
    "Wenn die Switch ein Tablet ist, dann sind PS4 und XBoxOne PCs."