Die "Sales"–Kultur – Ruin oder Überlebenschance?

  • Sales. Bundles. Günstige Spiele gibt es wie Sand am Meer. In unserer Welt hat sich eine Subkultur eingebürgert, die dem nächsten Spieleschnäppchen hinterher lechzt wie Hyänen dem Aas. Und viele Spiele können inzwischen im Großeinkauf für nur einen Euro erworben werden – oder für mehr, je nachdem, was der Spieler zahlen möchte.


    Die Entwickler sehen diese Umstände positiv. Ein Vertreter des Studios 2D Boy (World of Goo) gab sogar zu, dass die Sales auf Plattformen wie GoG oder Steam mit ihren minimalen Preisen zu höheren Einnahmen führten, da die schiere Masse der Käufe die Preisstürze kompensiere. Begeisterung gibt es allenthalben.


    Doch auch kritische Stimmen zu der Praxis existieren. Bereits 2011 äußerte sich Satoru Iwata auf der GDC besorgt zu dieser Praxis, mit der Begründung, es würde die Spiele entwerten. Nun hat wieder ein Entwickler die Sales–Kultur als problematisch bezeichnet. Jason Rohrer, der Macher von Spielen wie Passage, Inside a Star–filled Sky, Diamond Trust of London und Sleep Is Death, veröffentlichte auf der Seite seines neuen Projektes The Castle Doctrine ein Essay, in dem er seine Besorgnis zu Papier brachte.


    Zitat

    To put it bluntly: sales screw your fans.


    Diese Aussage begründet Rohrer auf dreierlei Art. Erstens kommen sich Launchkäufer abgezockt vor, weil sie den vollen Preis für ein Spiel bezahlt haben, das sie wenig später nur einen Bruchteil dessen gekostet hätte (Im Interview mit GiantBomb verriet er, dass er sogar einem Käufer 9$ zurückgab, weil sich dieser Sleep is Death für den vollen Preis von 12$ gekauft hatte, bevor das Spiel zu einem Pay–What–You–Want–Modell wechselte). Weiterhin konnte er feststellen, dass das Warten auf Sales dem Entstehen einer Online–Community entgegen wirken kann und die Spielumgebung für die early adopter sogar verschlechtert. Und zuletzt stellt er die These auf, dass die Sales–Kultur langfristig sogar Entwickler bzw. deren Einkünfte schaden könnte. Die Notwendigkeit der Sales wird selbst infrage gestellt, mit dem Hinweis darauf, dass – im Gegensatz zum physischen Verkauf – kein Entleeren von Lagern nötig sei. Für sein neues Spiel adaptierte er das Minecraft–Modell, bei dem Alpha–Teilnehmer und early adopter mit niedrigeren Preisen belohnt würden, nach dem Start würde aber der Preis gleich bleiben.


    Nun sind viele hier – mich vielleicht inklusive – rege Sales–Teilnehmer. Wie steht ihr zu dem Thema? FIndet ihr die Sales positiv? Oder teilt ihr die Meinung von Kritikern wie Rohrer?

  • man brauch sich glaube nichts vormachen....jeder hat gerne Angebote und sucht nach dem günstigsten Angebot
    viele hier importieren aus UK oder Amerika um an den günstigsten Preis zu kommen oder aus anderen Gründen
    ich selbst finde es natürlich auch toll wenn man Spiele (oder auch anderes wie Filme) günstiger ergattern kann, aber wenn ich eins unbedingt haben will, dann zahl ich auch den UVP
    zwar ärgere ich mich dann wenn es kurz nachm Release nen Preissturz gibt aber den Spielspaß mindert es nicht, was ich hab, hab ich


    und natürlich gibts auch Spiele, wo ich nicht den Vollpreis zahlen will, weil ich es nur als Zwischendurchspiel haben will oder entscheiden muss: entweder günstig oder Verzicht


    wenn man sich jetzt z.b. den Fall Bravely Default anschaut
    meines Wissens nach hat das Spiel überall ~45€ gekostet, manche haben sicher gesagt "nö nicht zu dem Preis" und manche haben sogar zur ~100€ teuren Collector's Edition gegriffen
    nun ist das Spiel überall vergriffen und wird für meist über 60€ angeboten
    ein klarer Fall von "wer zu spät kommt...." (mal die nötige Nachproduktion außen vor gelassen)



    und was Sales bei Anbietern wie Steam usw betrifft
    die sind mir herzlich egal
    zum einen spiele ich nicht am PC und zum anderen bevorzuge ich grundsätzlich die physische Variante um was handfestes im Regal zu haben
    deswegen greife ich auch nur auf digitale Versionen zurück wenn es mehr oder weniger nicht anders geht (z.b. FC3 Blood Dragon und PS Plus Angebote)

  • Meine Meinung bezüglich digital sales ist ja jetzt jedem schon weitreichend bekannt. Aber ich möcht auch dazu sagen, dass man selbst als retail buyer immer auf die Schnäppchen aus ist. Ich hab meine Seiten die klappere ich jeden Tag ab und schau ob was billig angeboten wird, das mich interessiert. Insofern ist beim Konzept selbst nicht so viel Unterschied. Im Gegenteil, digital sales geben dem Entwickler wahrscheinlich sogar mehr, da der Entwickler ja nichts bekommt davon, wenn ich gebrauchte Spiele kaufe.

    I am a neural-net processor; a learning computer. The more contact I have with humans, the more I learn.

    • Offizieller Beitrag

    Ich glaube, das digitale Sales viele Vor- und Nachteile haben, aber letztlich nicht unbedingt negativ sind. Am meisten leiden tun darunter vermutlich Vollpreisspiele, die ihre gewohnten Absatzzahlen nicht erreichen, aber für die Sales ebenfalls keine sinnvolle Alternative ist. Das, was zu den Fans gesagt wird, stimmt auf jeden Fall.


    Auf der anderen Seite sind Sales sinnvoll für die Spiele, die dadurch einen großen Boost erleben. Das trifft vor Allem auf die Spiele zu, die Leute vielleicht gern mal ausprobieren würden, aber nicht zum vollen Preis. Auf mich selbst bezogen: Es gibt reichlich Spiele, die ich mir zum Vollpreis kaufe, aber potentiell interessante Spiele, von denen ich aber nicht wirklich weiß, ob sie mein Ding sind, erscheinen dann doch in den Sales attraktiver. Allerdings nutze ich solches Sales so gut wie nie, da ich Steam nicht nutze und nicht am PC spiele und die Sales im PSN-Store für mich meist nicht attraktiv genug sind, da ich die Spiele entweder schon besitze oder immer noch nicht so viel Geld dafür ausgeben würde. Letztes Jahr habe ich aber Ys I & II, Felghana und Seven für jeweils 5 USD gekauft, was ich keinesfalls bereue.


    Sales sorgen außerdem für eine rasante, fast schon besorgniserregende Vergrößerung des Backlogs bei manchen Leuten. Ich habe das Gefühl, dass es Menschen gibt, die sich mehr mit (Steam-)Sales beschäftigen als mit dem tatsächlichen Spielen von Spielen. Diese Haben-/Anhäufen-/Sammeln-Mentalität kann ich zu gewissen Teilen nachvollziehen, aber ich finde es für mich selbst auch wichtig, mir immer wieder vor Augen zu führen, dass nicht das Besitzen, sondern das Erleben von Spielen für mich an erster Stelle steht. Und weil es eben noch so viele Spiele in meinem Regal gibt, die ich nicht oder kaum angerührt habe (was ich richtig anfange, spiele ich i.d.R. auch in nächster Zeit zu Ende), halte ich mich selbst bisweilen davon ab, neue Spiele zu kaufen, selbst wenn sie günstig sind. Ausnahmen sind Fälle, bei denen Spiele, die ich auf jeden Fall irgendwann mal spielen werde, deutlich günstiger angeboten werden als normal.

  • Zitat

    Das trifft vor Allem auf die Spiele zu, die Leute vielleicht gern mal ausprobieren würden, aber nicht zum vollen Preis.

    Dem stimme ich voll und ganz zu. Manche Titel bekommen eben einfach eine Chance, wenn sie viel weniger Kosten.


    Larian hat sich mal damit auseinandergesetzt und meinte ein Spiel könnte rein vom Preis mehr Aufmerksamkeit erhalten aber den Gewinn senken. Dazu muss man aber auch sagen, dass Spiele billig anzubieten, bevor der Nachfolger erscheint, einen guten Marketingeffekt hat. Ausserdem sind Schnäppchen und Festpreismodelle auch nur eine Möglichkeit. Ersteres bewegt sich im Zwischenbereich von Festpreis und zahl-was-du-willst-Modell. Und da können je nach Erfahrung richtig gute oder richtig schlechte Zahlen bei rauskommen.
    Es kommt aber nicht nur auf das Marketing an. Auch muss man sagen, dass wirklich treue Fans noch immer den Vollpreis zahlen und sich somit eine Unterstützung für den Entwickler/Publisher erhoffen, die sie auch ohne Kickstarter zeigen können.


    Das Minecraft-Modell ist auch ziemlich genial birgt aber die Gefahr, am Ende ein nicht fertig gemachtes Spiel im Voraus gekauft zu haben.


    Das zumindest wäre meine Theorie.

    Angeklagter: "Ich erhebe Einspruch!"
    Staatsanwalt: "Sie erheben Einspruch? Wieso?"
    Angeklagter: "Mir ist nichts besseres eingefallen."
    Richter: "Einspruch stattgegeben!"
    Staatsanwalt: "Aber Exzellenz. Dem soll stattgegeben werden?"
    Richter: "Mir ist auch nichts besseres eingefallen..."

    : aus "Die Marx Brother im Krieg" ("Ducksoup").

  • Wird IMO durchaus interessant, wie sich die Lage in den nächsten Jahren entwickelt. Wirklich rosig sind die Aussichten nicht, wenn man sich die Bilanzen, Pleiten & Studioschließungen anschaut.


    Allerdings muss man auch ganz klar sagen, dass es ein extremes Überangebot gibt. Und selbst wenn man nicht auf PC, PS3, PS4, 360, XBO, Wii U, 3DS, Vita, Smartphone und Tablet spielt, so reicht oftmals eine Plattform, damit der Normalo, der nicht süchtig 12 Stunden vor dem Gerät sitzt, mehr als „ausgelastet“ ist.


    Wenn es Entwickler / Publisher als schlechte / Veraschung vom Erstkäufer ansehen, dann sollen sie halt beim Preis „knallhart“ bleiben. Allerdings erfolgt eine Preissenkung / Angebot doch zu 9x%, weil kein Interesse (mehr) vorhanden. Vor Jahren war es noch so, dass ein Titel auch Monate später noch im Gespräch war, aber heutzutage ist es in vielen Foren das Interesse eine Woche später vorbei und die Masse freut sich dort kollektiv auf den nächsten Hype-Titel. In vielen Fällen bekommt der Otto-Normalverbraucher von 99% der Titel gar nix mit; einfach weil die in der Masse untergehen und nicht jeder ist bereit den Vollpreis auszugeben, für ein "mal schauen" / "bin mir unsicher, ob es das wert ist"-Spiel zu bezahlen.


    Leider schaffen es Entwickler & Publisher auch sehr dem Erstkäufer zu zeigen, dass es sich nicht lohnt früh / zum Vollpreis zu kaufen. Man bekommt doch eh nur einen Teil und fehlerfrei ist auch selten noch was. Stand heute müsste man doch ein Spiel eh bei 2-3 Händlern vorbstellen / kaufen, damit man alles zum Start hat, dazu dann gleich noch 20-50€ für kommenden DLC ausgeben und in ~12 gibt es, wenn der Titel gut läuft, den Nachfolger.


    Der Schuss geht dann natürlich nach hinten los, wenn man die Spielerschaft konditioniert immer auf den Ausverkaufssale für 5€ zu warten. Es fehlt halt oftmals ein gesunder Mittelweg und bei digitalen Spiel kommt ja noch dazu, dass es schwer fällt nur in Daten einen "Wert" zu sehen. Insbesondere wenn man bedenkt, was man da für eingeschränkte Nutzungsrechte erwirbt.

  • Das trifft vor Allem auf die Spiele zu, die Leute vielleicht gern mal ausprobieren würden, aber nicht zum vollen Preis.


    Da stimme ich zu, habe schon das eine oder andere Spiel auf Low–Budget–Basis erworben, weil es mich interessiert hat, aber ich immer sehr unsicher war, ob es mir in dem Ausmaß gefallen wird (wie letztens bei Mass Effect).


    Sedeux: Nun ja. Man erwirbt ein "unfertiges" Spiel zu einem geringeren Preis als das letztlich fertige. Finde ich erst einmal nicht dumm, natürlich muss vorausgesetzt werden, dass das Spiel auch fertig wird. Aber mit dem kontinuierlichen monetären Input müsste da schon ein ziemliches A****loch von einem Entwickler dran sitzen, dass der dann seine Software nicht beendet


    Marsupilami: Das mit dem "Nichtlohnen des Erstkaufs" ist ja noch mal ein ganz anderes Biest. Vielfach werden NDAs verhängt, die erst am Tag des Erscheinens ablaufen und man nicht weiß, ob das Spiel sich nun wirklich lohnt oder nicht.


    Hier sind übrigens noch die Links zu Rohrers Essay (Klick!) und dem Abstract des GiantBomb–Interviews (Klick)

  • Ich finde es ein bisschen von beidem, Ruin und Überlebenschance.
    Ich hab mir Bioshock 3 zum Launch gekauft und mich schon tierisch darauf gefreut, ich wurde nicht enttäuscht, es ist eins meiner Lieblingstitel geworden. Letztens war ja dann auf Steam ein Sale für glaub ich 7 Euro. Das Spiel ist nicht mal 1Jahr alt. Naja dann denkt man sich schon für 40 Euro wart ich schon ein paar Monate.
    Und 7 Euro find ich irgendwie Schlichtweg zu billig für so ein Spiel.
    Grundsätzlich kauf ich nur sehr wenige Spiele direkt zum Launch, vielleicht gibt's da pro Jahr 3-5 Stück von. Aber wenn ich ein Spiel will oder es auch nur mal Testen will ist es mir Wurst ob das jetzt 10 oder 20 Euro kostet, die 10 Euro macht den Braten auch nicht mehr heiss.