Fair Trade/Bio/etc...

  • Wie wichtig sind euch Fair Trade oder Bioprodukte? Achtet ihr beim Kauf darauf oder ist euch das komplett egal?


    Mit steigendem Einkommen und geistiger Entwicklung steigt auch mein Interesse an diesen Produkten. Aber leider werden, je mehr man sich mit der Thematik beschäftigt, immer wieder neue Abgründe offen.


    Beispiel Fair Trade: Es reicht oftmals ja nicht, dass die Rohstoffe fair hergestellt werden. Was bringt es einem, dass ein Pulli aus fairer Wolle besteht, und trotzdem für einen Hungerlohn genäht wurde? Allgemein versuche ich, jetzt immer weiter verstärkt darauf zu achten. Letztens auch eine Doku über die Bananenindustrie gesehen, die mich doch recht schockiert hat. Wer weiß schon, dass Bananen das billigste Obst im Supermarkt sind? Und das auf Kosten von den Arbeitern. Bio hilöft hier auch nicht, da muss wirklich Faires Arbeiten her.


    Auch Bio ist oft kritisch zu sehen. Das EU-Biosiegel habe ich als Kompromiss in Erinnerung, vorher gab es ja einen ganzen Wust an "Bio"marken, wo man natürlich den Überblick nicht hatte. Teilweise hatten diese Marken (z.B. Demeter) aber auch stärkere Auflagen für ihr Siegel, die sind imo etwas sehr in den Hintergrund gedrängt worden. Dann stellen sich natürlich fragen wie: Sind Bioäpfel aus Spanien besser als Äpfel aus Deutschland? Regionaler Anbau ist ja immer das beste eigentlich, in Großgebieten aber eher schwer zu erwerben. ^^'


    Ganz aktuell beschäftige ich mich mit dem Fair Phone, wo ich auch sage: puuuuuuuuuuuuh. Es wird nicht komplett fair hergestellt, aber für ein Elektronikgerät ist das trotzdem ein "Novum", dass versucht wird, möglichst viel fair und nachvollziehbar herzustellen. Zwar haben bereits einige große Konzerne vereinzelt Initiativen ins Leben gerufen, um z.B. den fairen ABbau von Metallen in Afrika zu ermöglichen, aber das wirkt eher wie PR als Überzeugung. Ich denke, ich werde mir ein Fair Phone kaufen, aber hätte natürlich lieber, dass große Unternehmen wie Apple nachziehen. Einem Applekunden wird egal sein, wie teuer sein produkt ist, da man eh einen Großteil des Preises allein für die Marke zahlt.


    Wie seht ihr das allesß Gelassener? Ich selber finde ja, dass es zum Kotzen ist, dass der eigene Wohlstand auf dem Leid anderer aufbaut, und dass sich usnere westliche Gesellschaft soweit emanzipiert haben sollte, dass man soziale Verantwortung für die schwächeren Länder übernehmen sollte.

  • Der eigene Wohlstand, basiert nicht nur auf dem Leid anderer, sondern auch auf deren Unwisenheit, Bequenlichkeit und anderen Dingen. Ich denke um sich die Problematiken bewusst zu machen, sollte man nicht den Fehler machen die westliche Gesellschaft für alles verantwortlich zu machen und zu ignorieren, dass Menschen überall auf der Welt auch soetwas wie Eigenverantwortlichkeit besitzen. Es ist ja nicht so als würde der Westen in all diesen Ländern mit Panzern und Soldaten stehen und den Menschen Gewehrkolben in die Rücken schlagen, damit gearbeitet wird. Die gegenwärtigen und vergangenen Zustände sind das Ergebnis vieler schlechter oder ungünstiger Entscheidungen. Religion, Kultur und Machtstrukturen innerhalb und außerhalb der betreffenden Regionen spielen da mit rein. Wer weiß wie die Welt aussehen würde, hätten die islamisch geprägten Staaten nicht ein solch höllisch sklavistisches System in Afrika installiert? Oder wer weiß wie es in Indien ohne da Kastensystem aussehen würde?


    Ich finde Fair Trade gar nicht schlecht und auch Bio ist sicher nett aber wie du richtig sagst, gibt es da einfach immer noch zuviele Lücken. Die einzelnen Aktionen und Organisationen machen eine gute Arbeit, die aber einfach nicht weit genug geht. Hier müssen viel größere Strukturen umgeworfen werden, die nicht nur die Arbeitsbedingungen und Bezahlungen betreffen. Ich unterstütze bspw. ungern Länder, die ein ernsthaftes Problem mit fundamentalen Menschenrechten haben, weshalb ich wohl auch nie in Dubai Urlaub machen, geschweige denn dort arbeiten wollen würde.


    Was Bio angeht, seh ich es auch abseits der Lücken noch etwas kritischer. Es ist schön, wenn jemand Chucks versucht so fair wie nur möglich herzustellen oder so ein Telefon und zumindest anständige Bezahlung und Arbeitsbedingungen unterstützt, immerhin ein Anfang aber bei Bio kann ich das nicht so einfach sagen. Natürlich möchte ich ein Produkt, dass mich möglichst nicht krank macht aber mancher versteht darunter Nahrung, die so hergestellt wird wie vor 300 oder mehr Jahren und dem kann ich nicht zustimmen. Ich denke dass Gentechnik durchaus einen guten Beitrag leisten kann und Nahrung durchaus behandelt werden kann und vielleicht sogar muss. Was dabei tierische Produkte angeht, hoffe ich auf eine Entwicklung die möglichst ohne Tiere auskommt, sprich aus dem "Drucker" auf dem Teller landet. Darüber hinaus sehe ich aber auch die Annahme, man müsse alle Tiere in die Natur lassen eher kritisch. Einerseits weil der Konsum nun Mal hoch ist und die Landschaft ohnehin bereits im Extremen Maße für die landwirtschaftliche Produktion genutzt wird und da einfach gar nicht genug Platz ist, andererseits weil diese Natur auch nicht zwingend so nett ist, wie es sich mancher vielleicht vorstellt.


    Wenn man ich mich näher mit Bio oder Fair Trade beschäftige, wird das aus dem Einfachen: "Klar will ich, dass kein Tier oder Mensch für die Produkte, die ich konsumiere leidet!", doch etwas sehr viel komplexeres entsteht, in das enorm viele Aspekte einfließen.

  • Zitat

    Der eigene Wohlstand, basiert nicht nur auf dem Leid anderer, sondern auch auf deren Unwisenheit, Bequenlichkeit und anderen Dingen. Ich denke um sich die Problematiken bewusst zu machen, sollte man nicht den Fehler machen die westliche Gesellschaft für alles verantwortlich zu machen und zu ignorieren, dass Menschen überall auf der Welt auch soetwas wie Eigenverantwortlichkeit besitzen.


    Ich weiß, dass Sartre sagt, dass jeder Mensch frei ist, aber den Plantagenarbeitern udn Näherinnen bleibt doch keine Wahl. Es ist ja nich so, als ob sie sich nach ihrer langjährigen Schulausbildung dafür entschlossen haben, eine Karriere im Nähwerk anzugehen. Wo du da Bequemlichkeit oder Unwissenheit siehst, verstehe ich überhaupt nicht. Denke aber auch, dass ich dich grad missverstehe.


    Zitat

    Es ist ja nicht so als würde der Westen in all diesen Ländern mit Panzern und Soldaten stehen und den Menschen Gewehrkolben in die Rücken schlagen, damit gearbeitet wird.


    Der Westen hat aberwegen der Kolonialisierung eine geschichtliche Verantwortung, da kann sich kaum ein großes Land rausnehmen. Und Gewehrkugeln sind heute out, da wird monetärer Druck aufgebaut. Das ist halt auch etwas das Problem an Fair Trade: Wenn man verstärkt Fair Trade Produkte kauft, dann wird in anderen Ländern ohne solche Programme vielleicht weniger hergestellt, man macht weniger Umsatz. Dass die Konsequenz eine Umstrukturierung der Arbeit sein müsste fällt entweder nicht ein oder ist dann nicht rentabel, und so werden dann Menschen arbeitslos dort. Was ist schlimmer, für einen Hungerlohn zu arbeiten oder wirklich zu hungern? Deshalb sollten so vereinzelte Projekte eher Vorbildcharakter haben für weltweite Konventionen.


    @Bio: Was die Gentechnik angeht, habe ich mich bisher nicht intensiv damit befasst, aber wäre auch eher dagegen denke ich. Zum anderen: Eine nachhaltige Landwirtschaft ist eben das, nachhaltig. Beispiel Böden: Statt den Boden mit Kunstdünger zuzumüllen, damit das Grundwasser zu "vergiften" und den Boden nach wneigen Jahren auszulaugen (wodurch man immer wieder viel mehr neuen Kunstdünger braucht) zielt die nachhaltige Landwirtschaft eben darauf ab, den Boden zu nutzen, nicht auszunutzen. So werden zwar weniger Erträge eingefahren, aber mit steigenden Düngerpreisen wird diese Art zu wirtschaften natürlich immer interessanter. Nur irgendwann sind die Böden halt tot und da wird es schwer, etwas zu machen.
    Zum anderen:

    Zitat

    Einerseits weil der Konsum nun Mal hoch ist und die Landschaft ohnehin bereits im Extremen Maße für die landwirtschaftliche Produktion genutzt wird und da einfach gar nicht genug Platz ist, andererseits weil diese Natur auch nicht zwingend so nett ist, wie es sich mancher vielleicht vorstellt.


    Wowowow, jetzt aber differenzieren. Generell muss der Mensch seinen Konsum umstellen und weniger Fleisch essen. Und der momentane Platz wird doch sehr von "Fleisch" verschwendet. Fleishc ist ineffizient. Aber ich hoffe wie du, dass bald das Kunstfleisch kommt. Auch, wenn es den Markt nicht revolutionieren wird.
    Und, um es differenzierter zu sehen, wird viel Ackerbau betrieben, um Tiere zu füttern. Würde man den Fleischkonsum in Deutschland auf das Niveau der von der DGE empfohlenen Menge drosseln, bräuchte man hier nur ein Drittel so viel Fleisch, wie momentan verzehrt wird. Dadurch würde wieder viel Nutzfläche frei, wo man dann entweder Tieren etwas Platz geben könnte, oder irgendwas anderes hinstellt. Das wäre gut.

  • Ich denke man macht es sich etwas zu leicht, wenn man den Westen auf die Kolonialisierung reduziert. Diese Geschichte ist ziemlich kompliziert und die arabische Welt hat einen nicht geringen Anteil an so einigen Problemen, vor allem auf dem afrikanischen Kontinent. Das wird leicht übersehen. Ich halte daher relativ wenig von dieser Erbsünde, der beim Thema westliche Welt immer mitschwingt. Es ist ja auch nicht so als wenn innerhalb mancher Länder nicht Landsleute mitgewirkt haben an diesen Zuständen oder als ob manche nicht auch davon profitiert hätten. Die Geschichte ist hier doch ein ziemlich grauer Brei. Und was die heutige Zeit angeht oder die jüngste Vergangenheit spreche ich natürlich sehr allgemein. Ich will ja nicht sagen "Ja die Näherinnen sind ja selber schuld!". Es sind halt viele Aspekte die da mit reinwirken und zu diesen zählt ja bei weitem nicht nur westlicher Druck, sondern eben auch die Strukturen im Land selbst. Eine Kastensystem ist halt nicht gerade das sinnvollste System, wenn man ein besseres Leben will. Deswegen meine ich auch, dass man viel mehr tun muss als nur die Bezahlung neuzuregeln. Da braucht es tiefgreifend, gesellschaftliche Veränderungen. Ich befürworte allerdings natürlich jede Initiative die isch dafür einsetzt, dass Kinder nicht mehr arbeiten müssen oder Frauen gleiche Rechte erhalten und wenn da deutsche Staatsgelder reinfließen, finde ich das auch in Ordnung. Man kann nur davon profitieren.


    Stichwort Gentechnik und Nachhaltigkeit: Logisch ist Nachhaltigkeit wichtig, das wichtigste sogar. Die Sache ist nur die, dass nur weil irgendwo Gentechnik drin ist, das noch lange nicht schlecht ist. Gentechnik wird vom Menschen schon seit langer Zeit durch Züchtung betrieben, sei es bei Pflanzen oder Tieren. Es funktioniert jetzt in einer aneren Qualität und diese muss natürlich untersucht werden aber ich halte nichts von grundsätzlicher Ablehnung, schließlich wird ja tatsächlich Forschung betrieben und die Wissenschaft hat nicht vor die Erde in einem bösen Masterplan zu vergiften.


    Was Fleisch angeht also ich werde nicht weniger Essen.^^ Ich werde allerdings der erste sein, der In-Vitro Fleisch kauft, anstatt das von einem Tier direkt daneben. Ich denke durchaus dass es den Markt revolutioniert. Wenn es tatsächlich nur 1% der Fläche verbraucht, ist das schon krass, dazu kommt dass es wohl nicht nur beim Fleisch bleiben wird. Letztens wurde eine Pizza "gedruckt", das verändert die Lebensmittelindustrie und die Art wie wir essen so tiefgreifend wie Supermärkte und Kühlschränke. Und mit etwas Glück wird es sogar auch noch bezahlbarer, denn die bisherigen Subventionen für das normale Fleisch werden wegfallen und entweder an das In-Vitro Fleisch gehen oder aber ganz eingestellt werden.

  • Wie du habe ich auch ein steigendes Interesse dafür. Ich finde es aber schwierig durchzublicken, ob die Produkte tatsächlich "fair" sind. Ausßerdem kann ich es mir noch nicht leisten, allzu viele faire und Bio-Produkte zu kaufen.

  • Ja der Preis ist echt so eine Sache. Ich habe hier nebenan einen Bioladen aber dieser Siegelei traue ich nicht über den Weg und die Preise sind enorm. Eine Freundin meiner Mutter hat allerdings aus dem Laden einige Brötchen mitgebracht, die wirklich ziemlich köstlich waren. Zumindest ab und zu sollten die wohl ab jetzt drin sein.


    Was ich im Falle von den Kharma Chakhs gut fand war, dass der Projektstarter persönlich nach Indien geflogen ist um sich den Produktionszyklus anzuschauen. Galileo ist eine sehr miese Sendung aber zumindest dieser Bericht war klasse, denn wenn ich die Möglichkeit der Nachverfolgung habe, sehe dass sich jemand drum kümmert, dann wächst natürlich auch das Vertrauen.

  • In–Vitro–Fleisch wird vor allem erst einmal für die Fastfood-Industrie interessant werden, wenn die Produktion erschwinglich ist. ;)


    Ansonsten bleibt abzuwarten, wie sich der Bio-Markt weiter entwickelt und das dürfte vor allem damit zusammenhängen, wie viel stärker der LOHAS ein Symbol der neuen Urbanität sein wird.

  • In–Vitro–Fleisch wird vor allem erst einmal für die Fastfood-Industrie interessant werden, wenn die Produktion erschwinglich ist. ;)


    Ansonsten bleibt abzuwarten, wie sich der Bio-Markt weiter entwickelt und das dürfte vor allem damit zusammenhängen, wie viel stärker der LOHAS ein Symbol der neuen Urbanität sein wird.


    Hoffentlich werden die Bio-Produkte immer günstiger. :)

  • Dazu müsste der Verkauf subventioniert werden. Bio–Produktion geht ab einem gewissen Niveau einher mit einem hohen Arbeitsaufwand und das schlägt sich im Preis nieder und sofern die niedrigeren Preise nicht irgendwie kompensiert werden können, wird dies so bleiben.


  • Dazu müsste der Verkauf subventioniert werden. Bio–Produktion geht ab einem gewissen Niveau einher mit einem hohen Arbeitsaufwand und das schlägt sich im Preis nieder und sofern die niedrigeren Preise nicht irgendwie kompensiert werden können, wird dies so bleiben.


    Oder Erzeuger bzw. die Handelsketten müssten auf einen Teil ihrer Gewinnmarge verzichten, was leider nur vereinzelt der Fall ist. Ich finde nicht, dass Bio-Produkte günstiger werden sollten, sondern auch die soziale Komponente stärker mit eingebracht werden sollte. Also ein "Bio-Fair Trade light" oder so. Wär eh dafür, dass man da stärker eingreifen sollte, wird aber nicht dazu kommen.